Bayer ändert Arzneimittelinformation nur in schweiz

Macht Xarelto ein Stevens-Johnson-Syndrom?

Leverkusen - 27.01.2017, 16:55 Uhr

Stevens-Johnson-Syndrom und Agranulozytose: Die seltenen Nebenwirkungen nimmt Bayer in die schweizerische Information zu Xarelto auf. (Foto: Bayer)

Stevens-Johnson-Syndrom und Agranulozytose: Die seltenen Nebenwirkungen nimmt Bayer in die schweizerische Information zu Xarelto auf. (Foto: Bayer)


Xarelto kann ein Stevens-Johnson-Syndrom und Agranulozytose auslösen. Bayer ergänzt die Gebrauchsinformationen um diese schweren unerwünschten Arzneimittelwirkungen. Allerdings nur in der Schweiz – nicht in Deutschland.

In einer „Wichtigen Mitteilung zur Arzneimittelsicherheit“ informiert der Pharmakonzern Bayer die Schweizer Zulassungsbehörde Swissmedic über eine Änderung der Arzneimittelinformation zu Xarelto®: Bayer ergänzt bei seinem Faktor-Xa-Inhibitor Rivaroxaban die Nebenwirkungen Stevens-Johnson-Syndrom (SJS) und Agranulozytose. Die unerwünschten Arzneimittelwirkungen seien sehr selten, könnten jedoch lebensbedrohlich sein, heißt es seitens des pharmazeutischen Unternehmers. Bayer nimmt diese Nebenwirkungen künftig mit unbekannter Häufigkeit in die Arzneimittelinformationen auf – allerdings nur in der Schweiz. Die deutschen Arzneimittelinformationen ändert der Pharmakonzern nicht. In den Vereinigten Staaten hat Bayer die Sicherheitsinformationen bereits 2011 angepasst.

Grund für die umfassendere Information in den Ländern zu den schweren unerwünschten Arzneimittelwirkungen waren Spontanberichte über das Auftreten von Agranulozytose und SJS, die nach der Marktzulassung von Xarelto® bei den zuständigen Behörden eingingen. 

Bayer warnt nur in der Schweiz und den USA vor SJS

Überraschend ist, dass Bayer die Sicherheitsinformationen nur in der Schweiz ergänzt. Die deutschen Fach- und Gebrauchsinformationen weisen auch künftig nicht auf die Gefahr eines Stevens-Johnson-Syndroms und einer Agranulozytose hin. Außerdem betont der Pharmakonzern: „In den abgeschlossenen klinischen Studien mit mehr als 40.000 Patienten, die Xarelto (Rivaroxaban) eingenommen haben, wurden keine Fälle von Stevens-Johnson-Syndrom oder Agranulozytose berichtet.“

Auch das Ausmaß der Spontanmeldungen zu den schwerwiegenden unerwünschten Arzneimittelwirkungen ist überschaubar: Im Zeitraum Januar 2004 bis Oktober 2012 gingen 15 Meldungen zu Stevens-Johnson-Syndrom bei der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA ein – insgesamt beliefen sich die Meldungen zu Nebenwirkungen unter Xarelto auf 4.971. Kumulativ schätzt Bayer die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Agranulozytose auf 0,03 und für SJS auf 0,04 je 10.000 Patientenjahre.

Xarelto und SJS: Kausalität nicht sicher

Das Center for Drug Evaluation and Research der FDA berücksichtigt den Umstand der gemeldeten Nebenwirkungen aus Spontanberichten auch in seinen Sicherheitshinweisen zu Xarelto. So weist die FDA darauf hin, dass aus diesem Grund das Feststellen einer eindeutigen Kausalität zwischen Rivaroxaban und den gemeldeten unerwünschten Wirkungen, nicht immer einwandfrei möglich sei.

Ohne Kausalität: Warum ändert Bayer die Sicherheitsinformation?

Warum also nimmt Bayer die Nebenwirkungen auf? Und warum nicht konsequenterweise auch in die deutschen Informationen zu Xarelto?

Bayer betont, dass die aktuelle Datenlage eigentlich keinen Handlungsbedarf begründet. So zeigten auch nach Auffassung des Pharmakonzerns „alle verfügbaren Daten keinen kausalen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Xarelto und dem Auftreten der seltenen unerwünschten Ereignisse Agranulozytose und Stevens-Johnson-Syndrom“. Dennoch habe die Schweizer Zulassungsbehörde Swissmedic die Aufnahme in ihre Sicherheitsinformationen zu Xarelto gefordert. „Bayer kooperiert mit Zulassungsbehörden weltweit“, heißt es erklärend in einer Stellungnahme des pharmazeutischen Unternehmers auf Nachfrage von DAZ.online – und entsprach der Forderung der Schweizer.

Bayer hat nach eigenen Aussagen auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und die Europäische Zulassungsbehörde EMA informiert. Beide Behörden haben die ergänzenden Sicherheitshinweise bislang nicht gefordert.


Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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