Zuzahlungsbefreiung

Kassen wollen keinen Lauterbach-Deal beim Rx-Versandverbot

Berlin - 17.01.2017, 11:45 Uhr

Kein Rx-Versandverbot: Johann Magnus von Stackelberg, Vize des GKV-Spitzenverbandes, will den Rx-Versand nicht verlieren, auch nicht, wenn dafür die Zuzahlungen für Chroniker abgeschafft würden. (Foto: dpa)

Kein Rx-Versandverbot: Johann Magnus von Stackelberg, Vize des GKV-Spitzenverbandes, will den Rx-Versand nicht verlieren, auch nicht, wenn dafür die Zuzahlungen für Chroniker abgeschafft würden. (Foto: dpa)


Die Krankenkassen wollen ein Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln verhindern. Der GKV-Spitzenverband stellte in einem Statement klar, dass er gegen ein solches Verbot sei – auch wenn Chroniker im Gegenzug von Zuzahlungen befreit würden, wie es vom SPD-Politiker Karl Lauterbach angedeutet worden war.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, Karl Lauterbach, hatte am Wochenende mit einer Kurznachricht auf Twitter für Aufsehen gesorgt: Lauterbach bezeichnete das Rx-Versandverbot erstmals als „möglich“. Allerdings müssten dann Chroniker grundsätzlich von der Zuzahlungspflicht befreit werden. Lauterbach selbst wollte sich auch nach mehrfacher Nachfrage von DAZ.online zu seinem Tweet nicht weiter äußern. Auch die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Hilde Mattheis, zieht es vor, zu schweigen.

Die Krankenkassen hingegen halten von Lauterbachs Vorschlag wenig. „Ein Versandhandelsverbot wäre im 21. Jahrhundert nicht zeitgemäß und würde auch durch eine Zuzahlungsbefreiung für Chroniker nicht zeitgemäßer“, erklärte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Johann Magnus von Stackelberg, am heutigen Dienstag.

AOK-BV: Apotheker brauchen eine offenere Einstellung

Und auch im AOK-Bundesverband bleibt man dabei: Das Rx-Versandverbot würde aus Sicht der Ortskrankenkassen zu einer Verschlechterung der Versorgung führen. Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes, äußerte eine grundsätzliche Kritik am Vorgehen und an den politischen Zielen der Apotheker: „Die Apotheken brauchen eine offenere Einstellung zum Wandel in der Gesellschaft. Der Versandhandel ist Realität. Ein Verbot passt einfach nicht in unsere Zeit.“

Daran, dass einige Apotheken aufgrund des Konkurrenzdrucks eventuell schließen müssten, findet Litsch anscheinend nichts Schlimmes: „Außerdem gibt es für Apotheken in der heutigen Form keine Bestandsgarantie. Aber Apotheker haben gute Chancen, wenn sie sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren: ihre Beratungsleistung. Sie müssen sich entscheiden, ob sie als Kaufmann oder als Pharmazeut gesehen werden wollen.“

Sollten sich Union und SPD also auf einen Kompromiss verständigen, der ein Rx-Versandverbot weiterhin vorsieht, dürften die Kassen also Protest einlegen. Der AOK-Bundesverband hatte zuvor auch schon dafür plädiert, dass die gewährten Rx-Boni an die Kassen weitergegeben werden müssten. Der Vorschlag der Ortskrankenkassen: Die ausländischen Versandapotheken und die Kassen schließen Selektivverträge ab, in denen die Belieferung von Patienten zu einem bestimmten Preis vereinbart wird. Die Apothekenhonorierung müsse außerdem auf eine Höchstpreis-Regelung umgestellt werden.


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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