Protonenpumpeninhibitoren

Ärzte sollen weniger PPI verordnen

München - 11.01.2017, 06:40 Uhr

Langfristige PPI-Einnahme: Studien ergaben ein bis zu 50 Prozent erhöhtes Risiko für eine chronische Nierenkrankheit. (Foto: PS1design / Fotolia)

Langfristige PPI-Einnahme: Studien ergaben ein bis zu 50 Prozent erhöhtes Risiko für eine chronische Nierenkrankheit. (Foto: PS1design / Fotolia)


Die Verordnungszahlen für PPI haben sich in den vergangenen Jahren vervielfacht. In einer aktuellen Mitgliederinformation fordert die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns Ärzte dazu auf, vor jeder Neu- oder Folgeverordnung die Indikation gewissenhaft zu prüfen. Denn die unkritische Anwendung der Wirkstoffe birgt eine Reihe von Risiken. 

Laut Arzneimittelreport 2016 der BARMER GEK zählen Pantoprazol und Omeprazol bei ihren Versicherten zu den 30 am häufigsten durch Hausärzte und hausärztlich tätige Internisten verordneten Wirkstoffen. Pantoprazol liegt in dieser Liste sogar auf Platz 2 (hinter Ramipril). Von den etwa 10,5 Millionen bayerischen GKV-Patienten nimmt – statistisch betrachtet – jeder im Jahr 50 Tagesdosen PPI zu sich, oder anders ausgedrückt: jeder zehnte gesetzlich Versicherte in Bayern nimmt an jedem Tag im Jahr eine PPI-Tagesdosis ein.

Einsatz nur indikationsgerecht!

Ohne Zweifel sind PPI wirksame und zugleich unverzichtbare Arzneistoffe, beispielsweise als Teil einer Kombinationsbehandlung bei der Helicobacter-pylori-Eradikationstherapie, zur Behandlung von Zwölffingerdarm- und Magengeschwüren oder bei der Refluxerkrankung. Verschiedene Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass bei einem nicht unerheblichen Teil – laut KVB sogar bei 70 Prozent - der Patienten zum Zeitpunkt der Verordnung gar keine Indikation besteht. Häufig wird auch eine im Krankenhaus begonnenen Behandlung in ambulanten Bereich einfach weitergeführt, ohne die Notwendigkeit kritisch zu hinterfragen.

PPP: Risiken bei Langzeitbehandlung

In den letzten Jahren sind einige Studien erschienen, die auf unerwünschte Wirkungen der PPI bei Langzeittherapie hinweisen. Diskutiert wird vor allem, dass eine längerfristige PPI-Einnahme das Risiko für Demenz, Osteoporose und chronische Nierenerkrankungen erhöht, zu einer Unterversorgung mit Magnesium und Vitamin B12 führt sowie die Rate von Infektionen (z. B. mit Clostridium difficile) ansteigen lässt. Um Patienten vor vermeidbarem Schaden zu schützen, sollte daher eine regelmäßige Überprüfung der Behandlungsindikation erfolgen, rät die BARMER GEK in ihrem Report. 



Dr. Claudia Bruhn, Apothekerin / Autorin DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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4 Kommentare

Fallbeispiele pro / kontra PPI

von Dr. Matthias Vogelsgesang am 11.01.2017 um 16:43 Uhr

Ich habe zwei Fallbeispiele von mir bekannten Personen ( m/w, >70 Jahre), beide erhalten 20mg Pantoprazol als Langzeittherapie. Beide haben gut informierte Hausärzte / Innere Mediziner. Im einen Fall, weiblich, liegt eine chronische Divertikulose bei häufiger Antibiotika Gabe vor und gehäufter Anwendung von Voltaren Resinat in der Vergangenheit. Im anderen Fall werden dauerhaut SSRI / Mirtazapin eingenommen. Würden Sie hier eingreifen?

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AW: Fallbeispiele pro / kontra PPI

von Dr. Schweikert-Wehner am 11.01.2017 um 21:50 Uhr

Bei beiden Patienten ist wegen des Osteoporose-Risikos, in Anbetracht des Alters, an die Alternative H2 Blocker zu denken. Im 2. Fall trifft ein kardinales Risiko durch SSRI (Qt-Zeitverlaengerung und Hyponatriaemie) auf Magnesiummangel und Vitamin B12 Mangel durch PPI.

Haben viele Ärzte falsch verstanden

von Pöppl Christian am 11.01.2017 um 12:51 Uhr

Schönes Beispiel für die Verlogenheit in unserem System und mancher Ärzte......bei mir in der Gegend werden ämlich genauso viel PPI verordnet, nur daß die Patienten jetzt grüne Rezepte erhalten!!!!

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PPI sind Keine Mittel zur Dauermedikation

von Dr. Schweikert-Wehner am 11.01.2017 um 9:19 Uhr

Ein Absetzen der PPI sollte immer unter der Hilfe von H2 Antihistaminika erfolgen.
Im Übrigen empfehle ich folgende Literatur:
http://www.aerzteblatt.de/archiv/179633/Protonenpumpenhemmer-Wie-sich-die-Bioverfuegbarkeit-anderer-Arzneistoffe-veraendert

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