Kommentar

Wenn Ökotest rot sieht

Stuttgart - 06.01.2017, 10:00 Uhr

Ein generelles Rot-Zeichen für bestimmte Erklältungs-Arzneimittel ist fragwürdig. Was wirklich hilft, sollte in der Apotheke geklärt werden. (Foto: Gina Sanders / Fotolia)

Ein generelles Rot-Zeichen für bestimmte Erklältungs-Arzneimittel ist fragwürdig. Was wirklich hilft, sollte in der Apotheke geklärt werden. (Foto: Gina Sanders / Fotolia)


Es ist wieder Erkältungszeit und die Zeit, in der die Tester und Arzneimittelkritiker der Nation besonders gerne medienwirksam Erkältungspräparate aus der Apotheke bewerten. Der Duktus ist seit Jahren der gleiche: Kombinationspräparate sind des Teufels, bei Monopräparaten wird grünes Licht gegeben.

Das Magazin Ökotest bemüht in seiner ersten Ausgabe in diesem Jahr die schlichte Signalkraft der Ampel in Kombination mit Daumen rauf und runter:

Daumen hoch und grün für Acetylsalicylsäure, Ibuprofen und Paracetamol.  

Daumen quer und gelb für den Zusatz von Coffein (ist in Ordnung aber bringt nichts). 

Daumen runter und rot für alle Dekongestiva wie Phenylephrin und Pseudoephedrin, Hustenblocker wie Dextromethorphan und Schleimlöser wie Guaifenisin, Antihistaminika wie Doxylamin und Chlorphenamin und zum guten Schluss Vitamin C.

Dann wird noch der Geschäftsführer des Arzneitelegramms Wolfgang Becker-Brüser zitiert, der schlichtweg alle Kombinationen zur Behandlung von Erkältungen als nicht rational einstuft. Sicher kann man über Sinn und Unsinn von Vitamin C als Zusatz streiten. Doch schon beim Coffeinzusatz gibt es spannende Daten, die dem Psychostimulans eine coanalgetische Wirkung bescheinigen – und zwar in der Form, dass die Wirkung des Analgetikums verstärkt wird und sie zudem noch schneller eintritt. Das könnte durchaus für den einen oder anderen Patienten von Vorteil sein, beispielsweise, weil weniger Schmerzmittel benötigt werden. Und auch die von Ökotest für entbehrlich gehaltenen Kombinationen aus Schmerzmittel und Dekongestivum, also schleimhautabschwellenden Wirkstoffen, haben eine Rationale. So beginnen akute Erkältungen gerne mit Kopfschmerzen, Fieber und Schnupfen. 



Dr. Doris Uhl (du), Apothekerin
Chefredaktion DAZ

redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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3 Kommentare

"Dekongestive"

von Lutz Schneider am 07.01.2017 um 11:28 Uhr

Wenn in den Apotheken die Kontraindikationen für die so genannten "Dekongestiva" und Ephedrinderivate beachtet würden, hätten diese Kombinationspräparate einen minimalen Marktanteil. Viele eignen sich besser zur Aktvierung übernächtigter Partygänger denn als Entschweller.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Daten?

von Dr. Iris Hinneburg am 06.01.2017 um 10:38 Uhr

Welche Daten aus klinischen Studien gibt es denn zu der Frage, ob die Gabe von systemischen Dekongestiva tatsächlich das Risiko für Nebenhöhlenentzündungen und den Antibiotika-Bedarf senkt?

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: AW Daten

von Dr. Peter Meiser am 09.01.2017 um 8:54 Uhr

Exakt diese Frage habe ich mir auch gestellt.
Wenn man sachlich entgegnen möchte, sollte man Formulierungen wie "Denn mit der systemischen Gabe von Dekongestiva lassen sich die Atemwege `gegebenenfalls`effektiver frei halten als mit Tropfen, einer bakteriellen Superinfektion kann so `unter Umständen` der Nährboden besser entzogen werden" vermeiden.
Der Vorteil von lokal applizierten Alpha-Sympathomimetika (Nasenspray) ist bekanntermaßen, dass die erwünschte Wirkung eines wenig Organ-spezifischen Arzneistoffs auf das Zielorgan begrenzt wird, bei entsprechend niedriger systemischer Exposition. S. hierzu auch den Kommentar von Herrn Schneider zur Anwendung systemischer Dekongestiva (Gegenanzeigen, Nebenwirkungen etc.).

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