Reisevermittlung nicht apothekenüblich

Eine Apotheke ist kein Reisebüro

Berlin - 12.12.2016, 15:00 Uhr

Reisevermittlung in der Apotheke ist tabu: Sie könnte dazu führen, dass der Apotheker seine eigentlichen Aufgaben vernachlässigt.  (Foto: Andrea Lehmkuhl / Fotolia)

Reisevermittlung in der Apotheke ist tabu: Sie könnte dazu führen, dass der Apotheker seine eigentlichen Aufgaben vernachlässigt.  (Foto: Andrea Lehmkuhl / Fotolia)


Mit dem Stammapotheker als Reisebegleitung in den Urlaub fahren? Offenbar gibt es Apothekenkunden, denen das gefällt. Schon seit Jahren wirbt ein Bündener Apotheker für solche Reisen und vermittelt diese. Und zwar direkt in seiner Apotheke. Das Verwaltungsgericht Minden hat ihm jetzt einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Ein reisefreudiger Apotheker aus dem nordrhein-westfälischen Bünde hat für seine Kunden ein besonderes Angebot: Seit dem Jahr 2005 bietet er ihnen regelmäßig „Reisen mit persönlicher Note“ an. Interessierte können ihn und seine Frau auf einer „Kundenreise“ begleiten.

Für diese Reisen warb der Apotheker auf Flyern, mit sogenannten Passantenstoppern vor dem Haus seiner Apotheke, in seiner Kundenzeitschrift und auf seiner Apothekenwebseite. Der eigentliche Veranstalter dieser Urlaubsfahrten ist dabei eine Firma aus Dachau. Doch der Pharmazeut vermittelte den Kontakt in seiner Apotheke. Dort beantwortete er Nachfragen der Kunden zu den Reisen, füllte auf deren Wunsch ein vorgefertigtes Anmeldeformular aus und leitete dieses an den Reiseveranstalter weiter. Eine Vergütung erhielt der Apotheker für seine Tätigkeit eigenen Angaben zufolge nicht. Er nahm allerdings mit seiner Ehefrau kostenlos an den Reisen teil.

Aufsicht reagiert nach neun Jahren Reisevermittlung

Der für die Apothekenaufsicht zuständige Landkreis Herford wurde erst nach einigen Jahren auf diese Tätigkeit aufmerksam. Er hakte bei dem Apotheker nach und schickte ihm sodann eine Ordnungsverfügung ins Haus. Der Pharmazeut sollte es zum einen unterlassen, in seinen Betriebsräumen Kundenreisen zu bewerben, zu ihnen zu beraten und sie zu vermitteln. Zum anderen sollte er die Werbung für die Kundenreisen dahingehend umgestalten, dass dem Gebot der Trennung der Apothekenräume von anderweitig genutzten Räumen Rechnung getragen wird.

Der Apotheker klagte gegen diese Verfügung. Was den zweiten Punkt betrifft, kam er mit dem Landkreis überein, die Sache für erledigt zu erklären. Ein eigenes Gewerbe beabsichtigte der Kläger nicht zu führen. Doch im ersten Punkt musste er eine Niederlage einstecken. Das Verwaltungsgericht entschied: Wie auch immer man die Frage beantwortet, ob die Reisvermittlung ein eigenes Gewerbe ist, das von der Apotheke räumlich abzutrennen wäre – auf jeden Fall habe der Apotheker gegen die Apothekenbetriebsordnung verstoßen, weil er Dienstleistungen anbot, die nicht apothekenüblich sind.   

Was genau sagt die Apothekenbetriebsordnung? Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 ApBetrO darf der Apothekenleiter neben Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten die in § 1a Abs. 10 ApBetrO genannten Waren nur in einem Umfang anbieten oder feilhalten, der den ordnungsgemäßen Betrieb der Apotheke und den Vorrang des Arzneimittelversorgungsauftrags nicht beeinträchtigt. Dies gilt für apothekenübliche Dienstleistungen entsprechend.

Keine Entwicklung zum Drugstore!

Das Gericht führt den Zweck der Norm aus: § 2 Abs. 4 ApBetrO soll verhindern, dass ein Apothekenleiter seine gesetzliche Aufgabe – die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten sicherzustellen – vernachlässigt und sich übermäßig seinem Nebensortiment beziehungsweise Nebendienstleistungen widmet. „Eine solche Geschäftsgestaltung ließe befürchten, dass sich die Apotheke zu einem ‚Drugstore‘ entwickelt, was nicht im gesundheitspolitischen Interesse liegt“, heißt es im Urteil.

Darüber hinaus hat die Vorschrift eine weitere, mittelbare Folge: Unzulässig ist, apothekenunübliche Waren und Dienstleistungen anzubieten, also solche, die nicht von § 1a Abs. 10 und Abs. 11 ApBetrO erfasst sind.

Bei der Bewerbung und Vermittlung der Kundenreisen sowie der Beratung hierzu handelt es sich auch laut Gericht nicht um apothekenübliche Dienstleistungen im Sinne dieser Norm. Zwar sei es grundsätzlich eine „Dienstleistung”, die der Apotheker neben seinem Hauptgeschäft anbiete. Doch um „apothekenüblich“ zu sein, müsste sie der Gesundheit von Menschen oder Tieren dienen oder diese fördern. Bei den hier streitigen Urlaubsreisen handelt es sich allerdings selbst nach den Angaben des Apothekers um reine „Vergnügungsreisen“, die keinerlei besonderen Gesundheitsbezug aufweisen.

Und so muss sich der Apotheker nun neue Wege suchen, auf die Reisen mit ihm und seiner Frau aufmerksam zu machen.

 Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 7. November 2016, Az.: 7 K 2536/14


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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