Krebstherapie

Mit bispezifischem Antikörper gegen Prostatakarzinome

Remagen - 07.12.2016, 11:00 Uhr

Der bispezifische Antikörper Blinatumomab zur Behandlung spezieller Formen der akuten lymphatischen Leukämie (ALL) ist in der EU „unter Auflagen“ zugelassen. (Foto: Amgen)

Der bispezifische Antikörper Blinatumomab zur Behandlung spezieller Formen der akuten lymphatischen Leukämie (ALL) ist in der EU „unter Auflagen“ zugelassen. (Foto: Amgen)


Wissenschaftler vom Deutschen Krebskonsortium (DKTK) am Universitätsklinikum Tübingen haben einen bispezifischen Antikörper zur Immuntherapie entwickelt. Er könnte gegen Prostatakrebs und Plattenepithelkarzinome eingesetzt werden. 

Bispezifische Antikörper gelten als neue Option in der Tumortherapie. Sie haben zwei verschiedene Bindestellen. Mit einem „Arm" docken sie an ein tumorspezifisches Molekül auf Krebszellen an. Mit dem anderen Arm heften sie sich an ein Protein, das für die Aktivierung der Abwehrzellen zuständig ist. Auf diese Weise bringen sie Krebs- und Abwehrzelle miteinander in Kontakt, sodass das Immunsystem den Tumor direkt attackieren und die Zielzellen zerstören kann.

Im November 2015 wurde der bispezifische Antikörper Blinatumomab zur Behandlung spezieller Formen der akuten lymphatischen Leukämie (ALL) in der EU „unter Auflagen“ zugelassen. Dies bedeutet, dass das Unternehmen noch weitere Nachweise für das Arzneimittel bereitstellen muss. Blinatumomab wird derzeit in klinischen Studien weiter getestet, und die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) prüft jedes Jahr sämtliche neuen Informationen, die verfügbar werden.

Gegen Prostatakrebs und Plattenepithelkarzinome

Die beiden Wissenschaftler Helmut Salih und Gundram Jung am Partnerstandort Tübingen des Deutschen Krebskonsortiums DKTK haben nun mithilfe gentechnischer Verfahren ebenfalls einen solchen bispezifischen Antikörper mit der Bezeichnung CC-1 entwickelt. Konkret kombinierten sie Teile eines Antikörpers gegen das prostataspezifische Membranantigen (PSMA) mit Bindestellen für das T-Zell-Molekül CD3.

PSMA wird von Prostatakrebszellen gebildet, kommt aber auch auf Plattenepithelkarzinomen vor, etwa der Lunge, der Haut oder Kopf-Hals-Tumoren, und vor allem auch auf den Tumorblutgefäßen anderer Krebsarten. Die Bindung an CD3 aktiviert die T-Zelle zum Angriff auf die Tumorzellen

Klinische Studie in der Planung

Der bispezifische Antikörper CC-1 hat nach Angaben der Wissenschaftler mehrere günstige Eigenschaften: Er führt nicht nur zu Immunattacken gegen die Krebszellen selbst, sondern auch gegen die Blutgefäße der Tumoren. Das steigert die Wirksamkeit der Krebs-Immuntherapie im Vergleich zu bisherigen Ansätzen. Außerdem ist er vergleichsweise stabil, sodass er nach der Infusion lange im Blutstrom aktiv ist.

Für eine weitere Entwicklung muss CC-1 jetzt in ausreichenden Mengen in klinischer Qualität hergestellt werden. Außerdem stehen aufwändige toxikologische Untersuchungen an. Die Forscher planen auch bereits eine erste klinische Studie an 20 Teilnehmern, an der mehrere DKTK-Standorte beteiligt sein werden. 

2,5 Millionen Euro Förderung

Damit Salih und Jung die nächsten erforderlichen Prüfschritte schnell und unabhängig finanzieren können, steuert die Helmholtz-Förderung 2,5 Millionen Euro bei. „Mit den Helmholtz-Mitteln können wir die noch ausstehenden präklinischen Schritte durchführen und mit einer klinischen Studie einen ersten Wirksamkeitsnachweis erbringen“, hofft Helmut Salih.

„Das ist sonst für eine akademische Institution ohne substanzielle Beteiligung der pharmazeutischen Industrie nicht möglich. Wenn diese Schritte erfolgreich abgeschlossen sind, kann unser Antikörper mit einem Partner rasch bis zur Marktreife weiterentwickelt werden, gibt Salih sich optimistisch.


Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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