Test in Berlin

Nur die wenigsten Apotheken verweigern Rezepturen

Berlin - 29.11.2016, 16:00 Uhr

Die Rezepturherstellung gehört zu den Gemeinwohlpflichten der Apotheken. Aber wie ernst nehmen sie diese Pflicht? (Foto: Gerhard Seybert / Fotolia)

Die Rezepturherstellung gehört zu den Gemeinwohlpflichten der Apotheken. Aber wie ernst nehmen sie diese Pflicht? (Foto: Gerhard Seybert / Fotolia)


Die allermeisten Berliner Apotheken nehmen es ernst mit ihrer Pflicht zur Rezepturherstellung. Das zeigen die Ergebnisse eines Tests, den die Apothekerkammer Berlin im vergangenen September hat durchführen lassen. Nur zwölf der insgesamt 843 Apotheken der Hauptstadt weigerten sich, eine angefragte Creme anzufertigen.

Die Apothekerkammer Berlin hat im September alle 843 Berliner Apotheken von einem externen Dienstleister anrufen lassen – dabei handelte es sich um so geannnte „Mystery Calls” scheinbarer Kunden. Warum? Sie wollte überprüfen, wie es um ihre Bereitschaft bestellt ist, Rezepturen herzustellen. Denn immer wieder ist zu hören, dass sich Apotheken weigerten, patientenindividuelle Arzneien zuzubereiten. Auch von den Apotheken selbst. Die Initialzündung gab der Kammer eine Apothekenumfrage aus diesem Jahr. In dieser hatten 40 Prozent der teilnehmenden 237 Apotheken angegeben, im Monat Dezember 2015 Beschwerden von Patienten erhalten zu haben. Der Grund: Andere Apotheken hätten sie mit ideenreichen Geschichten mehr oder weniger offen weggeschickt, als sie eine Rezeptur wünschten. Das nahm die Kammer zum Anlass ihr Projekt „Überprüfung der Erfüllung der Verpflichtung zur Herstellung von Rezepturen nach § 17 Abs. 4 ApBetrO“ zu starten.

Das Testszenario

Das Ergebnis hat die gefühlte Wirklichkeit erfreulicherweise nicht bestätigt, meldet nun die Apothekerkammer. Alle Apotheken wurden gefragt, ob und bis wann sie ein gerade aufgebrauchte Creme für ein Kind herstellen könnten; das Rezept werde gerade beim Arzt abgeholt. Bei der angefragten Zubereitung handelte es sich um Hydrophile Triamcinolonacetonid-Creme, 0,025% (NRF 11.38) in einer Menge von 20 Gramm, eine gängige und preiswerte Rezeptur. Es wurde bei allen Anrufen darauf geachtet, dass der Kontakt zur Apotheke zu normalen Geschäftszeiten erfolgte und nicht während der ersten sieben Tage im Quartal. Die Testtage waren durchweg Montag, Dienstag sowie Mittwoch bis mittags. Bei den Test-Anrufern handelte es sich laut Kammer um „Leute aus dem Volk“ ohne pharmazeutischen oder medizinischen Hintergrund.

Wer nicht will, wird besucht

36 Apotheken verweigerten jedoch schon am Telefon die Anfertigung oder gaben an, für die Rezeptur länger als 48 Stunden zu benötigen. In diesen folgte nach dem „Mystery Call“  ein „Mystery Visit“: Bei ihnen wurde der Test vor Ort durchgeführt. Das wirkte bei 23 der Apotheken: Bei der Nachfrage von Angesicht zu Angesicht fertigten sie die Rezeptur innerhalb von 48 Stunden an. Eine Apotheke benötigte länger als  48 Stunden und in zwölf Offizinen wurde die Herstellung selbst bei der Anfrage vor Ort verweigert. Prozentual ist dies aus Kammersicht jedoch ein tragbares Ergebnis: Gerade einmal 1,5 Prozent der Berliner Apotheken haben damit die Herstellung verweigert. Allerdings sollte auch das nicht vorkommen, schließlich sind Apotheken zur Rezepturherstellung verpflichtet. Und so müssen die zwölf Verweigerer- Apotheken nun mit Konsequenzen rechnen. Die Kammer kündigte an, diese Fälle berufsrechtlich aufzuarbeiten. Diejenigen Apotheken, die bei den Mystery Calls von der Norm abwichen, werden zudem ein Hinweisschreiben erhalten.

Im Zusammenhang mit den Mystery Calls wurden übrigens noch weitere Werte zur Professionalität des telefonischen Kontaktes überprüft. Und hier können sich die Ergebnisse sehen lassen: Laut  Apothekerkammer lagen die Bewertungen für Begrüßung, Freundlichkeit, Anliegenbearbeitung/Problemlösung, Service und Kundenorientierung sowie Verabschiedung alle im Bereich von rund 1,5  auf der Schulnotenskala.


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2 Kommentare

Rezepturen

von Alexander Zeitler am 30.11.2016 um 1:10 Uhr

Ich finde es nicht akzeptabel von unserer Vertretung so überwacht zu werden. Interessant wäre die vollständige Rezeptur Vorschrift gewesen.

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Rezepturverweigerer

von Dr. Arnulf Diesel am 29.11.2016 um 18:20 Uhr

Bei mir haben sich auch schon Kunden beschwert, wenn andere Apotheken sie mit Rezepturen (Kapseln, Atropinsaft...aber auch einfache Salben, oder solche die Denken/ Zeit erfordern) weggeschickt haben - viele kann man doch dann mit seiner Kompetenz überzeugen, künftig auch andere Mittel bei uns zu holen. Meist bekommen wir das auch recht zügig hin, für die Bearbeitungszeit bei evtl. Rückfragen beim Arzt übernehme ich aber keine Garantie! Allerdings sollte die Anfertigung einer Rezeptur auch als solche angemessen bezahlt werden, die Auswahl meiner Marketinginstrumente möchte ich doch selber treffen.

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