Entstehung der Multiplen Sklerose

Gerinnungsfaktoren schädigen Nervenzellen

Remagen - 29.11.2016, 12:20 Uhr

Der Rückgang der Myelinscheiden von Neuronen charakterisiert die häufigste neurologische Erkrankung junger Erwachsener. (Foto: ag visuell / Fotolia)

Der Rückgang der Myelinscheiden von Neuronen charakterisiert die häufigste neurologische Erkrankung junger Erwachsener. (Foto: ag visuell / Fotolia)


Wodurch wird beim Menschen die Multiple Sklerose ausgelöst? Wissenschaftler von den Universitäten Duisburg-Essen, Münster und Würzburg haben einen Zusammenhang zwischen dem Blutgerinnungssystem und dem Entstehen der Krankheit gefunden.

Die Multiple Sklerose (MS), eine entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, betrifft vor allem junge Erwachsene. Bei der MS greift das Immunsystem den eigenen Körper an und zerstört bestimmte Bestandteile der Nervenhüllen in Gehirn und Rückenmark. Die Krankheit schreitet in Schüben oft rasch voran. Wissenschaftler der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen (UDE) schreiben nun zusammen mit Kollegen der Universitäten Münster und Würzburg, dass die Entstehung der Krankheit mit dem Blutgerinnungssystem zusammenhängen könnte.  

Erste Erkenntnisse am Mausmodell

Bereits vor einigen Monaten hatte die Forschergruppe in der Fachzeitschrift Nature Communications über Befunde am Mausmodell der MS berichtet. „Wir konnten als Erste zeigen, dass ein bestimmter Bestandteil des Blutgerinnungssystems, der Blutgerinnungsfaktor XII (FXII), für die MS-Entstehung mitverantwortlich ist“, erläutert der Direktor der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Essen, Christoph Kleinschnitz. 

Die Wissenschaftler hatten FXII schon länger im Visier, allerdings im Zusammenhang mit dem Schlaganfall. „Dass er aber auch bei Autoimmunerkrankungen wie MS relevant ist, hat uns selbst überrascht“, erklärt Kleinschnitz weiter.

Protein aus einer blutsaugenden Raubwanze

MS-kranke Mäuse ohne das FXII-Gen entwickelten deutlich weniger neurologische Ausfallsymptome im Vergleich zu MS-Mäusen mit dem Gen. Bei ersteren bildeten sich weniger Interleukin-17A produzierende T-Zellen, die eine zentrale Rolle in der Entstehung der multiplen Sklerose spielen. Darüber hinaus konnte am Mausmodell gezeigt werden, dass FXII das Immunsystem bei MS über ganz bestimmte sogenannte Antigen-präsentierende Zellen aktiviert, die dendritischen Zellen. FXII konnte im Tiermodell durch eine neuartige Substanz, das Protein Infestin-4, gehemmt werden. Es wurde ursprünglich aus einer blutsaugenden Raubwanze gewonnen. Die Blockade des FXII mittels Infestin-4 war auch dann noch wirksam, wenn die neurologischen Symptome bereits ausgebrochen waren. 



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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