Apothekerkammer Nordrhein

Unterstützung für Rx-Versandverbot, Kritik an ABDA

Neuss - 16.11.2016, 17:00 Uhr

ABDA-Justiziar Lutz Tisch erntete viel Kritik von der Delegiertenversammlung der Kammer Nordrhein. Rechts im Bild: Kammerpräsident Lutz Engelen (Fotos: Apothekerkammer Nordrhein/A. Müller)

ABDA-Justiziar Lutz Tisch erntete viel Kritik von der Delegiertenversammlung der Kammer Nordrhein. Rechts im Bild: Kammerpräsident Lutz Engelen (Fotos: Apothekerkammer Nordrhein/A. Müller)


Die Apothekerkammer Nordrhein unterstützt den Plan des Bundesgesundheitsministers, den Versand verschreibungspflichtiger Arzneimittel zu verbieten. Eine entsprechende Resolution wurde von der Delegiertenversammlung einstimmig angenommen. Zuvor sah sich ABDA-Justiziar Lutz Tisch mit harscher Kritik konfrontiert.

Stellenweise hoch her ging es in Neuss bei der heutigen Delegiertenversammlung der Apothekerkammer Nordrhein. Lutz Tisch, bei der ABDA für den Bereich Recht verantwortlich, hatte zu Beginn der Versammlung die EuGH-Entscheidung zu den Rx-Boni ausländischer Versandapotheken aus Sicht der ABDA juristisch eingeordnet. Anschließend musste sich Tisch herber Kritik etlicher Delegierter an der Prozessführung und den seit dem Urteil von der ABDA ergriffenen Maßnahmen stellen. Der vor dem Urteil immer wieder geäußerte Optimismus sei blauäugig gewesen, auch an der Öffentlichkeitsarbeit seit dem Urteil wurde Kritik laut. Den Vorwurf, die ABDA habe ihre Argumente im Verfahrensverlauf nicht substantiiert vorgetragen, wies Tisch energisch zurück. Die Richter hätten nicht nur alle bisherigen Entscheidungen des EuGH zu Gesundheitsfragen negiert, sondern auch während des Verfahrens die Spielregeln geändert: Es sei zwar ein Hochsprung angekündigt gewesen, hinterher habe aber die gesprungene Weite gezählt. Außerdem funktioniere der Plan B der ABDA bisher doch „ganz gut“.

Tisch äußerte sich auch zu dem nun folgenden Weg, den das Rx-Versandverbot nehmen muss. Es sei inzwischen klar, dass das Verbot nicht in das AMVSG aufgenommen werde, es werde einen eigenen Gesetzentwurf geben. Grund dafür sei nicht zuletzt das Notifizierungverfahren, das ein Versandverbot durchlaufen muss, weil es einen Eingriff in den EU-Binnenmarkt darstellt. Eine solche Verzögerung des AMVSG zu vermeiden, sei auch im Interesse der Apotheker, die ja von der erhöhten Rezeptur- und Dokumentationsvergütung profitieren, die mit dem AMVSG in Kraft treten. 

Tisch warnt vor unkontrolliertem Preiskampf

Tisch rief die Apotheker dazu auf, gemeinsam auf das Ziel Rx-Versandverbot hinzuarbeiten. Öffentliche Diskussionen über andere Lösungen würden der Politik nur „Ausfahrtmöglichkeiten“ eröffnen. Vor allem aber warnte Tisch vor „Nachahmereffekten“ und „Dummheiten“. Der Berufsstand dürfe sich jetzt nicht in einen unkontrollierten Preiskampf stürzen. Kammerpräsident Lutz Engelen stieß in das gleiche Horn: Natürlich werde der Rx-Versand aus Holland den deutschen Apotheken verstärkt Umsatz abnehmen. Der wirtschaftliche Schaden eines Preiswettbewerbs unter den deutschen Apotheken wäre jedoch ungleich größer, warnte Engelen.

Anschließend verabschiedete die Delegiertenversammlung einstimmig eine Resolution, die die Bundesregierung auffordert, sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln umgehend für ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln einzusetzen.

Die Resolution im Wortlaut:

„Resolution der 6. Sitzung der XVI. Kammerversammlung, Mittwoch, 16.11.2016, Neuss

Die Delegierten der Kammerversammlung der Apothekerkammer Nordrhein unterstützen Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe sowie die Verantwortlichen in den Bundesländern in ihrer Forderung, den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in Deutschland umgehend zu verbieten. Das aktuelle Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Arzneimittelpreisverordnung gefährdet nicht nur die flächendeckende Arzneimittelversorgung in einer älter werdenden Gesellschaft durch ortsansässige Präsenzapotheken, sondern stellt mittelbar auch das Modell der Freiberuflichkeit in Deutschland grundsätzlich infrage. Nur diese von Bundesgesundheitsminister Gröhe geplante ordnungspolitische Maßnahme lässt sich ausreichend zeitnah umsetzen, so dass die durch das EuGH-Urteil unabsehbaren negativen Auswirkungen auf die Patientenversorgung in unserem Land rechtzeitig und schnell verhindert werden können. Das Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist europarechtlich zulässig und gilt bereits in 21 von 28 EU-Mitgliedstaaten. Ein solches Verbot dient der nachhaltigen Sicherstellung unseres auf Solidarität aufgebauten Krankenkassensystems.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln für ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln umgehend einzusetzen, damit die unabhängige, hochqualifizierte Arzneimittelversorgung durch die frei- und heilberuflichen Apotheken mit ihren unverzichtbaren Gemeinwohlaufgaben für die Gesundheitsversorgung der Menschen in unserem Land sichergestellt wird.“


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2 Kommentare

Tisch

von Frank ebert am 16.11.2016 um 22:35 Uhr

Wenn ich Herrn Tisch glauben kann, dann auch Nixen

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RX-Versandverbot und Notifizierungsverfahren.

von Christian Timme am 16.11.2016 um 21:51 Uhr

Eine Frage sollte noch erlaubt sein, zu welchem Zeitpunkt war den ABDA-Juristen im Zusammenhang mit der Forderung zu einem RX-Versandverbot das Notifizierungsverfahren und dessen Auswirkungen bekannt?.

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