Zyto-Ausschreibung DAK und GWQ

Uneinheitlicher Vertragsstart

Berlin - 02.11.2016, 13:00 Uhr

Die ersten bundesweiten Zyto-Verträge mit Apotheken starten zum 1. Dezember, zumindest überwiegend. (Foto: benicoma / Fotolia)

Die ersten bundesweiten Zyto-Verträge mit Apotheken starten zum 1. Dezember, zumindest überwiegend. (Foto: benicoma / Fotolia)


Die DAK-Gesundheit und über 40 weitere über die GWQ Service Plus beteiligte Krankenkassen haben die Zuschläge für ihre bundesweite Zyto-Ausschreibung erteilt. Trotz anderweitiger politischer Pläne spricht die GWQ von einem „Zukunftsmodell“. Zum 1. Dezember sollen die Verträge starten – oder doch erst am 1. Januar?

Der Krankenkassendienstleister GWQ Service Plus und die DAK-Gesundheit hatten sich im Sommer an die erste bundesweite Zyto-Ausschreibung gewagt. Die Kassen der Einkaufsgemeinschaft stehen für rund 15 Millionen Versicherte in Deutschland. Ganz einfach war das Vorhaben nicht, mögen die Kassen auch Vorbilder auf regionaler Ebene gehabt haben. Nach der Veröffentlichung der Ausschreibung Ende Juni wurde die Auftragsbekanntmachung mehrfach nachgebessert und der Termin für die Angebotsabgabe wiederholt verschoben. Der öffentliche Bieterfragen-Katalog samt Antworten hierauf wuchs beständig. Einige Apotheker strengten überdies vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren an. Nun ist die Zeit der Vorbereitung fast geschafft – jetzt müssen sich die Verträge in der Praxis beweisen.

GWQ sieht sich bestätigt

GWQ-Vorstand Dr. Johannes Thormählen erklärte nach der Zuschlagserteilung in der vergangenen Woche: „Die Resonanz der Apotheken auf die Ausschreibung war überragend, wir konnten 93 Prozent des gesamten Beschaffungsbedarfes vergeben“. Die GWQ sieht sich daher bestätigt. Nach Ansicht des Dienstleisters war es richtig, die Gebietslose entsprechend der regionalen Versorgungslandschaft gebildet zu haben; ebenso richtig wie die Entscheidung, in der Ausschreibung dezidierte Informationen zu Absätzen und Verwurfsanteilen für eine passgenaue Angebotsangabe zur Verfügung zur stellen

Auch die DAK betonte gegenüber DAZ.online: „Wir sind mit dem Verlauf der Ausschreibung sehr zufrieden. Das Ergebnispotenzial liegt über unseren Erwartungen und Prognosen“. Es seien derzeit 277 Lose an 155 Einzelapotheken sowie Bietergemeinschaften vergeben.

Eigenerklärungen der Apotheken wurden nachgeprüft

Laut GWQ können nun durch den passgenauen Gebietsloszuschnitt die Lieferzeiten durch die Verträge drastisch reduziert werden. Während heute 15 Prozent aller Belieferungen eine Entfernung von über 50 km (Luftlinie) zurücklegen müssten, sei es künftig nur noch ein Prozent. Die Kassen meinen es offensichtlich mit der Nähe ernst und wollen das auch demonstrieren: Eigenen Angaben zufolge haben sie 13 Apotheken nicht bezuschlagt, weil sie an dem Kriterium einer verpflichtenden Belieferung innerhalb von maximal 90 Minuten scheiterten. „Um dies fair und transparent sicher zu stellen, waren über 1.700 Abfragen in ‚Google Maps‘ notwendig“, heißt es bei GWQ. Der Aufwand habe sich allerdings gelohnt, erklärt Thormählen. Denn auf reine Eigenerklärungen der Apotheken konnte und wollte man sich in diesem sensiblen Bereich nicht verlassen.

Die in der Ausschreibung verankerte Zuschlagslimitierung (eine Apotheke konnte für maximal acht Lose bieten und ebenso viele Zuschläge erhalten) habe zusammen mit der vorgegebenen Lieferfrist für eine hohe Anzahl an unterschiedlichen Vertragsapotheken gesorgt, heißt es weiter bei GWQ. „Lieferengpässe sind damit genauso ausgeschlossen wie die von einigen Ausschreibungsgegnern heraufbeschworene Gefahr der Oligopolisierung“.

Offizieller Startschuss: 1. Dezember 2016

Da die Verträge „natürlich nicht einfach über Nacht“ starten können, gebe es nun genügend zeitlichen Vorlauf, erklärte GWQ. Am 1. Dezember 2016 soll es losgehen. Die Zeit bis zum Vertragsstart muss nun genutzt werden, um Onkologen und Vertragsapotheken über genauere Umsetzungsdetails zu informieren. Dazu bieten die Kassen Infopakete. Zudem sollen sich die meist neuen Partner miteinander bekannt machen. Ein Antrittsbesuch der Apotheke in den Praxen ist Pflicht. Meist ist das auch nötig – auch wenn laut GWQ in 20 Prozent aller Fälle die Vertragsapotheke auch vor Vertragsstart bereits die onkologische Praxis beliefert habe. 

Ende Oktober erhielten die erfolgreichen Bieter ein Schreiben der GWQ und der DAK, das sie „klarstellend“ in Kenntnis setzte, dass es am 1. Dezember wirklich losgeht. Eine Bestätigungserklärung sollte bis zum 31. Oktober gefaxt werden. Das ließ allerdings einige der künftigen Vertragsapotheken zögern. Im Vertrag wurde der 1. Dezember zwar als frühester Startzeitpunkt benannt – zugleich hieß es aber, die Verträge sollten frühestens sechs Wochen nach Zuschlag anlaufen. Diese sechswöchige Frist wurde nun um einige Tage unterschritten. Einige Apotheker unterschrieben nach Informationen von DAZ.online daher nicht.

Doch auch der 1. Januar 2017 ist möglich

Bei der DAK will man dies nun offenbar akzeptieren. Die Apotheken konnten selbst entscheiden, ob sie am 1. Dezember mit der Versorgung beginnen wollen – oder lieber erst einen Monat später. „Die Mehrzahl der Apotheken und Bietergemeinschaften starten zum 1. Dezember 2016. Dafür liegen uns schriftliche Einverständniserklärungen vor. Ein Teil der Apotheken und Bietergemeinschaften hat sich für einen Beginn zum 1. Januar 2017 ausgesprochen", erklärte ein Sprecher.

Das könnte natürlich Verwirrung mit sich bringen. Wie werden die Betroffenen über die möglicherweise unterschiedlichen Vertragsstarts informiert? Eine Apotheke, die die ihr zugeteilten Arztpraxen bereits zuvor versorgt hat, dürfte die neue Wahlfreiheiit freuen. Sie könnte dann einen Monat länger nach Hilfstaxe abrechnen.

Vergebliche Mühe?

Ob sich die ganze Mühe um die Verträge wirklich lohnt oder sie ohnehin nur kurz Wirkung entfalten werden, steht ohnehin in den Sternen. Wenn der Gesetzgeber im Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz ein Verbot der Zyto-Ausschreibungen auf Apothekenebene durchsetzt, würden die Verträge möglicherweise schon im kommenden Frühjahr ihre Exklusivität verlieren.

Doch noch läuft es nach dem geltenden Recht. Die Zuschläge für die aktuelle Ausschreibung werden in Kürze im Suppelement zum Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Hier wird dann auch zu sehen sein, welche Lose aufgehoben werden mussten, weil kein Zuschlag erteilt werden konnte.

Alle Informationen rund um die DAK/GWQ-Verträge sowie eine Liste der bezuschlagten Apotheken finden Sie unter www.dak.de/zyto-apotheken.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

Statistik gefälscht

von Florian Schneider am 03.11.2016 um 9:13 Uhr

"Während heute 15 Prozent aller Belieferungen eine Entfernung von über 50 km (Luftlinie) zurücklegen müssten, sei es künftig nur noch ein Prozent."

Ja, und während heute 80 Prozent aller Belieferungen in der Apotheke im selben Haus angefertigt wurden, werden diese 80 Prozent nun von Apotheken beliefert, die 30 oder 40 km entfernt sind.
So sieht es nämlich leider aus. Eine erhebliche! Verschlechterung der Zytostatikaversorgung.

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