Namensfrage

Von „Möhren“, „Mauren“ und dem heiligen Mauritius

21.10.2016, 09:00 Uhr

Sind Mohren-Apotheken vom Aussterben bedroht? (Foto: VRD / Fotolia)

Sind Mohren-Apotheken vom Aussterben bedroht? (Foto: VRD / Fotolia)


Fast 100 Mal taucht der Name Mohren-Apotheke in Deutschland auf. So umstritten die eigentliche Herkunft des Namens ist, so umstritten ist auch die Frage, ob die Bezeichnung mehr als einfach ein Name ist. Mancherorts sehen sich Apotheker für den Namen ihrer Apotheke in der Kritik.

„Namen sind Schall und Rauch – außer dem Namen, den man sich gemacht hat“, sagte der Schweizer Publizist Ernst Reinhardt. Das ist für viele Inhaber der rund 100 Mohren-Apotheken in Deutschland der springende Punkt. Denn zumeist gibt es die entsprechenden Apotheken bereits sehr lange, man hat sich unter dem Namen einen Namen gemacht, und eine Umbenennung wäre mit großen Kosten, Aufwand und dem Verlust von Identität verbunden.

Umbenennung aber ist eine Forderung, die viele der Apotheken-Besitzer immer wieder hören: Das sehr alte und kaum noch gebräuchliche deutsche Wort „Mohr“ steht seit den 1960er-Jahren immer wieder in der Kritik – gilt es vielen, ähnlich wie das Wort „Neger“, als diskriminierender oder gar rassistischer stereotyper Begriff.

Mit zwei Punkten zur „Möhren-Apotheke“

Dies äußert sich an manchen Standorten von „Mohren-Apotheken“ immer wieder durch wütende Proteste. Dabei reicht das Spektrum von Demonstrationen vor der Offizin über nächtliche „Umbenennungen“ der Apotheke mittels zweier Punkte in Möhren-Apotheke bis hin zu Farbbeutel-Anschlägen oder gar Einschlagen der Schaufenster. Die betroffenen Apotheker sprechen nicht unbedingt gerne über solche Anschläge. Sie wollen diese „auf Anraten des Anwalts“ auch meist gerne vergessen. Doch die Ambivalenz im Umgang mit dem Namen bleibt. Gerade in Zeiten, in denen politische Korrektheit an Bedeutung gewinnt – und besonders, wenn es noch ein stilisiertes Logo oder Wappen dazu gibt.

Außer bei Apotheken taucht das Wort „Mohr“ auch in vielen anderen Bezeichnungen auf, etwa in den Namen von Straßen, Gasthöfen, Hotels, Brauereien und vielem mehr – mit ähnlich häufigen Forderungen nach Umbenennung verbunden. Die 1918 eingeführte Werbefigur des „Sarotti-Mohren“ etwa wich im Jahr 2004 dem goldfarbenen „Sarotti-Magier der Sinne“. Die Figur galt vielen als „kolonialistisches Stereotyp“, das Fremdheit und Exotik verkörpern sollte. Die Botschaft bestünde immer darin, „schwarze Hautfarbe und das Dasein als Diener zu verknüpfen“, wie es etwa auf der Internetseite freiburg-postkolonial.de kritisch beschrieben wird.

Älteste Offizin Nürnbergs heißt seit 1578 „Mohren-Apotheke“

Während etwa eine Apothekerin in Halle, die ihre Mohren-Apotheke vor vier Jahren übernommen hatte, nach Protesten ihre seit 1894 „Mohren-Apotheke“ benannte Offizin vor allem aus Kostengründen nicht umbenennen wird – wie sie der „Mitteldeutschen Zeitung“ erklärte –, denkt man andernorts ohnehin nicht daran. „Der Name ‚Mohren-Apotheke zu St. Lorenz‘ ist nicht abwertend, sondern wertschätzend zu sehen – und so wird es bei uns auch gelebt“, sagt der Apotheker Wilhelm Bouhon, der bereits in dritter Generation Nürnbergs älteste Apotheke führt. Seit dem Jahr 1442 gibt es die Mohren-Apotheke bereits in der Stadt, seit dem Jahr 1578 unter diesem Namen. „Für mich ist der Name positiv besetzt und eine Wertschätzung der maurischen Bevölkerung, die uns die moderne Pharmazie gebracht hat. Wir alle in der Mohren-Apotheke zu St. Lorenz sehen uns gerade als Verfechter einer offenen und toleranten Gesellschaft“, sagt Bouhon, der sich auch intensiv mit der Herkunft des Namens und der Geschichte der Apotheke auseinandergesetzt hat.

Seines Wissens nach habe es nie Ideen oder Bestrebungen gegeben, den Namen zu ändern. „Die Apotheke gehört zu Nürnberg wie die Lorenzkirche oder die Kaiserburg“, sagt der Apotheker. Das sei auch das Feedback, das er von vielen Kunden aber auch Gästen der Stadt bekomme. Die Akzeptanz der Kunden sei hoch und man werde selten bis nie auf den Namen angesprochen. „Zu meinem Mitarbeiterstamm gehören auch Mitarbeiter mit dunkler Hautfarbe, die übrigens noch nie auf die Idee gekommen sind, mich mit dem Namen zu konfrontieren“, sagt Bouhon. Auch viele Stammkunden mit dunkler Hautfarbe hätten noch nie eine Diskussion zum Namen mit ihm geführt, sagt der Traditions-Apotheker.



Volker Budinger, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Name Mohr

von Helga Streicher am 18.11.2019 um 14:52 Uhr

Wie schon im vorgehenden Kometar erwähnt, ist das Wort Mohr oder Neger in keinem Fall mit respektlos. Es bezeichnet die Herkunft eines Menschen.
Mohr = Maure, Neger = Zentralafrikaner
Die rassistischen und negativen, kränkenden Gedanken sind geprägt von Fremdenhass und Angst vor Fremdem.
Ich persönlich würde mich schämen, einen Neger als dunkelpigmentierten Menschen zu bezeichnen, denn das ist rassistisch, da es das Anders sein hervorhebt. DAS ist beleidigend. Ich möchte ja auch nicht als fett oder dürr bezeichnet werden, sondern als Deutscher oder Europäer.
Und ein Mohr ist für mich eine respektvolle Anrede für einen Afrikaner, damit verbinde ich keinesfalls eine abwertende Einstellung.

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maurischen Bevölkerung = Schwazafrikaner

von Marcel am 25.12.2017 um 14:41 Uhr

Auf alle Wappen aus dem Mittelalter werden mohren als Schwarzafrikaner abgebildet. manchmal sogar trugen sie Kronen...ich fragen mich nur warum wurden schwarzafrikaner damals in europa respektiert und sogar verehrt?...Offensichlicht waren die leute damals nicht rassist.

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