DAT-Diskussionsforum

Erfahrungsbericht von ARMIN

München - 13.10.2016, 18:05 Uhr

(Foto: Schelbert)

(Foto: Schelbert)


Beteiligte Ärzte und Apotheker boten den Zuhörern auf dem Apothekertag einen Einblick in das Projekt ARMIN. Fazit des Diskussionsforums „Apotheker als Garant der Arzneimitteltherapiesicherheit“: ARMIN bringt für Patienten, Ärzte und Apotheker nur Vorteile. Und es fördert den vertrauensvollen und respektvollen Umgang zwischen den Heilberufen.

Der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der deutschen Apotheker, Prof. Dr. Martin Schulz, führte ins Thema: Polymedikation sei ein Risikofaktor, der zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen führt. Betroffen sind laut Schulz durchschnittlich sieben Millionen GKV-Patienten. Bei etwa 5 Prozent der Patienten treten demnach unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) auf, vor allem ältere Menschen seien sehr häufig davon betroffen. Und etwa 5 Prozent der Krankenhauseinweisungen werden laut Schulz durch UAW verursacht. „25 bis 50 Prozent wären vermeidbar“, sagte Schulz. 

Der Medikationsplan alleine ist allerdings nicht die Lösung dieser Probleme, denn: „Selbst ein korrekter Plan ist nur ein Stück Papier“, erklärte Schulz. Und weiter: „Weniger als die Hälfte der Patienten können den Medikationsplan richtig interpretieren und umsetzen“. Als Ziel sieht Schulz daher einen aktuellen, vollständigen, auf Risiken geprüften und zwischen den Heilberufen abgestimmten, elektronisch erstellten und gepflegten Medikationsplan, der für den Patienten verständlich ist. Und: Der Weg zu einem konsolidierten Medikationsplan führt über eine strukturierte Medikationsanalyse.

Erfahrungen mit ARMIN

Medikationsplan, Medikationsanalyse und Medikationsmanagement sind bereits umgesetzt im Projekt ARMIN, der Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen. Seit Mitte dieses Jahres läuft das Projekt mit allen Modulen, nämlich der Wirkstoffverordnung, einem Medikationskatalog und mit dem Herzstück, dem Medikationsmanagement. Zurzeit nehmen an diesem Projekt 548 Ärzte teil und 978 Apotheken.

Susanne Donner aus dem sächsischen Dippoldiswalde ist ARMIN-Apothekerin der ersten Stunde, sie gab einen Erfahrungsbericht zur praktischen Umsetzung des Medikationsmanagements. Ärzte oder Apotheker können Patienten ansprechen, um sie für ARMIN einzuschreiben. In der Apotheke steht zunächst die pharmazeutische AMTS-Prüfung im Mittelpunkt: Welche arzneimittelbezogene Probleme erfordern nach Prüfung keine Intervention, welche können in der Apotheke sofort gelöst werden, welche in Abstimmung mit dem Arzt und welche können erst mittelfristig gelöst werden? Alle relevanten Daten zur Medikation werden im Medikationsplanserver gespeichert, auf den Arzt oder Apotheker über ein sicheres Datennetz (KV-safenet) zugreifen können. Das Konfliktpotenzial zwischen Arzt und Apotheker wird minimiert, wie Apothekerin Donner betonte, da der Datenaustausch auf elektronischem Weg erfolgt. Aus dem Datenaustausch zwischen Arzt und Apotheker wird ein zwischen beiden Heilberufen abgestimmter Medikationsplan erstellt. Honoriert wird diese Tätigkeit mit etwa 1 Euro pro Minute Aufwand.

Was hat sich im Berufsalltag der Apotheke geändert seit ARMIN? „Meine Expertise ist erwünscht und gefordert“, sagte Donner. Sie erklärte weiter: „Die Zusammenarbeit mit den Ärzten ist respektvoll. Der Beruf ist angereichert mit mehr Pharmazie.“ Für sie ist das Medikationsmanagement die große Chance für Apotheker und den Berufsstand: „ARMIN ist gelebte Pharmazie.“

„ARMIN für alle“

Überzeugt von ARMIN zeigten sich auch zwei Ärzte, die von ihren Erfahrungen berichteten. Wolfgang Ulbricht, Facharzt für Allgemeinmedizin, hat 60 ARMIN-Patienten. Er berichtete von einer hervorragenden Kommunikation mit Apothekern. Auch der Arzt Dr. Martin Bauer fühlt sich wohl in der Zusammenarbeit mit Apothekern. Für ihn ist die Expertise des Apothekers sogar eine Art Absicherung der Therapie. „Man bekommt auch mehr Verständnis für die Probleme der ärztlichen Seite“, so Apothekerin Donner. „Das Wichtigste, wenn man in dieses Gebiet einsteigen will, ist das Vorgespräch mit dem Arzt, sonst funktioniert das nicht“, gab Apothekerin Ina Richling zu bedenken. „Dadurch erfahren die Ärzte, was Apotheker alles können, man begegnet sich auf Augenhöhe.“ Richling würde sich wünschen, dass ARMIN-Strukturen auch in anderen Bundesländern schon möglich wären.

Und was bedeutet ARMIN für Patienten? Nur Gutes, wie eine Patientin von Dr. Ulbricht versicherte. Die Überprüfung ihrer Medikation führte zu einer optimierten Therapie. Mit ihrem Medikationsplan komme sie gut klar. Die Veränderungen der Therapie hätten dazu geführt, dass es ihr besser gehe. Das ARMIN-Projekt in Sachsen und Thüringen läuft bis 2018, eine Option zur Verlängerung ist vorgesehen. Schon bald sollen sich auch andere Krankenkassen an dem Projekt beteiligen.


Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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