Abschaffung der Zyto-Verträge unter Beschuss

Zu gute „Apothekerlobby“?

Berlin - 10.10.2016, 17:15 Uhr

Während die Apotheker die Lobbyarbeit der ABDA häufig beklagen, sehen andere die Apothekerlobby als eine der mächtigsten im Gesundheitswesen. (Foto: Sket)

Während die Apotheker die Lobbyarbeit der ABDA häufig beklagen, sehen andere die Apothekerlobby als eine der mächtigsten im Gesundheitswesen. (Foto: Sket)


Mit der geplanten Abschaffung der Zyto-Verträge auf Apothekenebene handelt sich Gesundheitsminister Hermann Gröhe Kritik von den Krankenkassen ein. Etwa vom Verband der Ersatzkassen. Aber auch in der Tagespresse wird der Plan mit Argwohn betrachtet – und die starke Apothekerlobby als Treiber ausgemacht.

Nach der Barmer GEK übt auch der Verband der Ersatzkassen vdek deutliche Kritik an den Plänen der Regierung, Zyto-Ausschreibungen auf Apothekenebene abzuschaffen. „Offenbar haben die Apothekerverbände erfolgreiche Lobbyarbeit betrieben“, sagt vdek-Chefin Ulrike Elsner. Denn das Verbot sei nicht im Sinne der Patienten und nicht im Sinne der Beitragszahler.

Die Krankenkassen, so der vdek weiter, nutzten mit den Ausschreibungen nämlich die Möglichkeit, in den Verträgen mit den Lieferapotheken auch Qualitätskriterien festzulegen. Da ohnehin nur rund 300 von insgesamt mehr als 20.000 Apotheken in der Lage seien, die besonderen Voraussetzungen für die Herstellung solcher parenteralen Zubereitungen zu erfüllen, sei das von der Politik vorgetragene Argument, die Ausschreibungen verhinderten die freie Apothekenwahl der Versicherten, „überhaupt nicht nachzuvollziehen“. Elsner: „Nicht die Patienten haben in der Vergangenheit die Apotheke ausgewählt, sondern der behandelnde Arzt!“ Sie forderte die Politik eindringlich auf, von dem geplanten Verbot wieder Abstand zu nehmen.

Vor mächtiger Lobby eingeknickt

Auch die Tagespresse reagiert kritisch auf die kurzfristig in den Entwurf für das Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz aufgenommenen Regelungen. So titelt die Berliner Zeitung am heutigen Mittwoch: „Apothekerlobby setzt sich durch“. Weiter heißt es: „Es ist nicht das erste Mal: Die Politik ist vor Apothekern und Ärzten eingeknickt. Die mächtige Lobby hatte mobil gemacht, weil es die Krankenkassen gewagt hatten, in einem korruptionsanfälligen Milliardenmarkt für mehr Transparenz zu sorgen und so die Beiträge der Versicherten bezahlbar zu halten. Doch daraus wird nun nichts“.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung titelt „Apotheker jubeln, die Kassen ärgern sich“. Die Krankenkassen sahen die Politik mit dem AM-VSG bereits der Pharmaindustrie zu weit entgegengekommen, schreibt Redakteur Andreas Mihm. Doch nun gerieten auch die Apotheker ins „Zentrum der Kassenkritik“. Ihnen komme Gröhe „an zwei Stellen entgegen, was die Fachpresse der Pharmazeuten begeistert aufnahm“.

Und auch im Handelsblatt und der Wirtschaftswoche ist zu lesen „Gröhe gibt Drängen der Apothekerlobby nach“. Der Versuch verschiedener Kassen, „das Preiskartell zwischen Arzneimittelherstellern, Apotheken und Ärzten bei der Behandlung von Krebspatienten mit in Spezialapotheken individuell hergestellter Chemotherapie durch europaweite Ausschreibungen zu brechen, findet demnächst ein abruptes Ende“, schreibt Peter Thelen.

Die ABDA selbst hält sich bislang zurück, die Änderungen im Gesetzentwurf zu kommentieren. Ehe der Kabinettsbeschluss nicht dingfest ist, ist hier auch keine öffentliche Reaktion zu erwarten.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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4 Kommentare

Apothekenlobby oder Patientenvertretung?

von Werner Speckner am 13.10.2016 um 11:30 Uhr

Wer vertritt hier eigentlich die Rechte des Patienten? Die versammelte "Lobby" von Apotheken, Ärzten und Krankenhäusern, die sich gemeinsam vehement gegen ähnlich absurde Verträge gewehrt haben wie es nun bei der neuen Hilfsmittelversorgung Tatsache ist, oder die Krankenkassen, die der Meinung sind (ZITAT:) "Wo die Infusion herkommt ist dem Patienten sowieso egal" und "statt 300 arztnahen Apotheken reichen auch 4 Großlieferanten in ganz Deutschland", von nachvollziehbarer Qualität der Betreuung mit Beratung, kurzfristigen Dosisanpassungen und technologischen Spezialkenntnissen ganz zu schweigen!

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Apothekerlobby, Zyto-Ausschreibungen

von Franz-Joseph Seidel am 11.10.2016 um 12:56 Uhr

Von der bislang uneingeschränkten Macht der Krankenkassen spricht in diesem Zusammenhang leider niemand. Die Krankenkassen fordern Transparenz ein und halten selbst ein System der Intransparenz aufrecht. Bis heute legen sie nicht offen, was sie in ihren Rabattverträgen mit der Pharmaindustrie mauscheln.
Es geht auch nicht darum, imaginäre Pfründe zu sichern, sondern eine Oligopolbildung weniger Herstellbetriebe zu verhindern, um eine optimale wohnortnahe Patientenversorgung sicherzustellen. Den Kassen geht es leider nur noch ums Geld, der Patient stört im System.
Und wozu brauchen wir 200 GKV-Kassen mit vielen, aus Versichertengeldern hochbezahlten Vorständen und Geldverschwendung im Konkurrenzkampf? In der Rentenversicherung reicht doch auch eine gesetzliche, mal von den berufsständischen Versorgungswerken abgesehen. Dieses Modell wäre sicher auch für die GKV geeignet.

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AW: Die mächtige Apothekerlobby, Zyto-Ausschreibungen

von Bernd Jas am 11.10.2016 um 19:25 Uhr

Sehr gut Herr Seidel,
volle Übereinstimmung.
Und es ist schon zum Piepen; kaum bekommen die GKV-Obrigkeiten handfeste Fakten und Argumente aus der Praxis und der Erfahrung heraus vorgelegt, wenden Sie sich an die Mutterbrust der Presse und blasen was von mächtiger Apothekerlobby, anstatt sich brav an der Milch der Einsicht sattzutrinken.

Äpothekenlobby

von Frank ebert am 10.10.2016 um 21:47 Uhr

Erstens gibt es keine Äpothekenlobby und zweitens sollten den Betrügerischen Kassen endlich ein Riegel vorgeschoben werden

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