Interview mit Hilde Mattheis (SPD)

„Abschaffung der Zyto-Verträge ist Ultima Ratio“

Berlin - 27.09.2016, 12:00 Uhr

Zyto-Verträge nicht abschaffen: Hilde Mattheis, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD im Bundestag, will die Zyto-Ausschreibungen so abändern, dass wieder mehr Apotheken zum Zuge kommen können. (Foto: dpa)

Zyto-Verträge nicht abschaffen: Hilde Mattheis, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD im Bundestag, will die Zyto-Ausschreibungen so abändern, dass wieder mehr Apotheken zum Zuge kommen können. (Foto: dpa)


In ein paar Wochen berät der Bundestag erstmals das Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz. Dann dürften auch die exklusiven Zyto-Ausschreibungen der AOK eine Rolle spielen. Die Unionsfraktion hat jedenfalls Beratungsbedarf angemeldet. Wie sich die SPD-Fraktion verhalten will, erklärt Hilde Mattheis, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, gegenüber DAZ.online.

DAZ.online: Frau Mattheis, wie wird die Problematik der exklusiven Zyto-Verträge in der SPD diskutiert? Teilen Sie die Sorge, dass die Versorgung leidet oder halten Sie die Warnungen von Ärzten und Apothekern für übertrieben?

Mattheis: Ich habe im Sommer eine Zytostatika-herstellende Apotheke in Baden-Württemberg besucht und mich über deren Arbeitsbedingungen informiert. Mit diesen Eindrücken im Kopf halte ich die Warnungen von Ärzten und Apothekern nicht für übertrieben. Es gibt eine berechtigte Sorge und ein Problem mit der Ausschreibungspraxis, wie sie jetzt läuft.

DAZ.online: Gibt es aus Ihrer Sicht denn überhaupt Vorteile an den Zyto-Verträgen der AOK?

Mattheis: Diese Ausschreibungen wurden als Mittel gewählt, um Transparenz in die Geschäftsbeziehungen von Ärzten, Apothekern und Herstellern zu bringen. Wir wissen, dass es auch vor den Ausschreibungen Probleme gab. Darüber haben die Krankenkassen wiederum berechtigterweise geklagt. Eine Ausschreibung ermöglicht damit den Krankenkassen ein transparenteres Verfahren, ist aber für kleinere Apotheken bzw. jene, die im Vergabeverfahren nicht zum Zug kommen, problematisch.

DAZ.online: Nun sieht es nicht so aus, als ob sich Kassen und Apotheker auf einen Kompromiss einigen könnten. Der Gesetzgeber ist also gefragt…

Mattheis: Wir beobachten die Versorgungssituation sehr genau. Oberste Priorität hat für uns die Sicherheit der Patientenversorgung. Eine intelligente Lösung sichert die Versorgung und schafft gleichzeitig mehr Transparenz und macht die Versorgung damit auch wirtschaftlicher.

SPD: Wir müssen das jetzige System verbessern

DAZ.online: Apotheker und Ärzte wollen die Ausschreibungen ersatzlos streichen. Ist das eine Alternative für die SPD?

Mattheis: Da es vorher auch nicht reibungslos lief, ist eine Abschaffung nur die Ultima Ratio. Es muss stattdessen viel mehr das jetzige System verbessert werden.

DAZ.online: Ihr CDU-Kollege Michael Hennrich schlägt vor, die Zytostatika einfach bei den Herstellern auszuschreiben. Was halten Sie davon?

Mattheis: Ich halte diesen Vorschlag der ABDA durchaus für einen interessanten Vorschlag. Wir müssen prüfen, ob und wie sich dies gesetzlich regeln ließe und welche etwaigen Probleme es gäbe, aber grundsätzlich bin ich da aufgeschlossen.

DAZ.online: Unseren Informationen zufolge planen die Unions- und SPD-Fraktion eine Experten-Befragung zu diesem Thema im Bundestag. Ist da was dran?

Mattheis: Eine gemeinsame Expertenbefragung zu diesem Thema ist derzeit nicht geplant. Aber natürlich beraten die Koalitionsfraktionen dieses Thema intensiv und holen sich dazu auch die Meinung von Experten ein.


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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