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Der AOK-Bundesverband ist alarmiert, was die Entwicklung der Arzneimittelpreise betrifft. Auf das von der Bundesregierung geplante Arzneimittelgesetz würde der Kassenverband in dieser Form am liebsten ganz verzichten. Einsparungen an der 3-Prozent-Marge der Apotheker, etwa durch eine Deckelung, hält die AOK derzeit aber für den falschen Ansatz.
Das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) stellte am heutigen Montag in Berlin gemeinsam mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) den neuen Arzneiverordnungs-Report (AVR) vor. Die Wissenschaftler machten auf starke Steigerungen bei den Arzneimittelausgaben aufmerksam. In den vergangenen zwei Jahren sind die Ausgaben in diesem Bereich laut AVR um 4,8 Milliarden Euro angestiegen, das entspricht einem Plus von 15 Prozent.
Insbesondere das Marktsegment „Patentarzneimittel“ sei ein Kostentreiber, sagte WIdO-Geschäftsführer Jürgen Klauber. 2015 habe es dort einen Kostensprung von fast 10 Prozent gegeben. Dass die hohen Arzneimittelpreise der Pharmaunternehmen für die Ausgabensteigerungen verantwortlich seien, sehe man auch daran, dass die Anzahl der Verordnungen im Patentmarkt rückläufig seien.
Im neuen AVR sind mehrere langfristige Statistiken über Preisentwicklungen enthalten. Laut AVR beträgt der Durchschnittspreis aller Patentarzneimittel derzeit 2.291 Euro. Die neue eingeführten Präparate liegen laut Klauber aber deutlich über diesem Durchschnittswert: „Die 126 patentgeschützten Marktneueinführungen der letzten drei Jahre werden mit einem Durchschnittspreis von 4.230 Euro angeboten“, erklärte der WiDO-Chef. Die Gewinnmargen der Pharmaindustrie seien zudem „ethisch nicht legitimiert“. Klauber verwies auf eine Marktanalyse der Wirtschaftsprüfer Ernst & Young, nach der die Durchschnittsmarge eines Pharmaunternehmens in Europa bei 20,3 Prozent liegt, in den USA sogar bei 29,4 Prozent.
Preise im Patentmarkt um 180 Prozent gestiegen
Professor Ulriche Schwabe von der Uni Heidelberg, der Mit-Herausgeber des AVR ist, zeigte sich verärgert darüber, dass die „klaren Intentionen“ des Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetzes (AMNOG) durch nachträgliche Eingriffe des Gesetzgebers eingeschränkt worden seien. Als Beispiel nannte er die Ausnahmeregelung für Orphan-Drugs, nach der Medikamente für seltene Krankheiten automatisch einen Zusatznutzen nach Zulassung erhalten. Auch die Aufhebung der Bestandsmarkt-Nutzenbewertung ist dem Wissenschaftler ein Dorn im Auge. Es sei daher kein Wunder, dass es zu massiven Kostenanstiegen gekommen sei.
Ebenso alarmiert zeigte sich Professor Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der AkdÄ. Der Mediziner erklärte, dass in der teuersten Indikationsgruppe der Onkologika knapp 5 Milliarden Euro pro Jahr entstehen. Oft gebe es allerdings keinen eindeutigen Nutzen. Es sei ein Problem, dass zum Zeitpunkt der frühen Nutzenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) oft nicht genug Daten über das jeweilige Medikament vorliegen. Ludwig plädiert daher für eine späte Nutzenbewertung. Nach sechs Monaten solle erneut geprüft werden, welche Vorteile das Medikament mit sich bringe und ob die Kosten berechtigt seien.
2 Kommentare
Kostenexplosion?
von Heiko Barz am 27.09.2016 um 13:44 Uhr
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Derzeit
von Gunnar Müller, Detmold am 27.09.2016 um 7:31 Uhr
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