Test im Bayerischen Fernsehen

Apotheken können nicht überzeugen 

Stuttgart - 23.09.2016, 15:00 Uhr

Der Bayerische Rundfunk hat Apotheken getestet und war nicht zufrieden. (Foto: Screenshot / DAZ)

Der Bayerische Rundfunk hat Apotheken getestet und war nicht zufrieden. (Foto: Screenshot / DAZ)


Das Testurteil der TV-Sendung „mehr/wert“ im Bayerischen Rundfunk fällt nicht gut aus: Vier von sechs Apotheken haben nicht auf die Interaktion zwischen Xarelto und Aspirin hingewiesen. Online- und Versandapotheken fielen im Test gleichermaßen durch und die Beratungsqualität war teils schlecht.

Wiesnzeit ist Virenzeit – die erhöhte Erkältungsinzidenz während des Münchener Oktoberfestes nahm das Team der Sendung „mehr/wert“ zum Anlass, Apotheken zu testen. In der ersten Runde ging es um den Preis. Das Testszenario: in einer Vor-Ort- und einer Online-Apotheke sowie einem Drogeriemarkt wurden Mittel gegen Erkältung verlangt. Wie dieser Wunsch jeweils formuliert wurde und das Beratungsgespräch, war allerdings nicht zu sehen.

In der Apotheke gab es Aspirin® complex gegen die Schmerzen, einen pflanzlichen Hustensaft zum Schleimlösen und Salbei-Bonbons für den Hals. Kostenpunkt knapp 20 Euro. In der Online-Apotheke rät man der Testerin am Telefon zu einem abschwellenden Nasenspray, dem Schleimlöser ACC, Paracetamol und einem Hustentee. Das Ganze für den Preis von 15 Euro. Wie lange es dauert, bis die Sendung eintrifft, wird nicht erwähnt. Im Drogeriemarkt berät ein Computer. Das Ergebnis: ein Erkältungsbalsam, pflanzliche Erkältungskapseln und Hustentee für knapp zehn Euro – in der Wirkung wohl kaum mit den Apothekenpräparaten vergleichbar.

Paracetamol als Entzündungshemmer?

Die Tester lassen die Einkäufe bei einer Ärztin checken. Sie rät zu abschwellenden Nasentropfen und einem entzündungshemmendes Medikament – zusammen für knapp 6 Euro in der Apotheke zu haben. Dass sie hier exemplarisch Paracetamol nennt, lässt zumindest leichte Zweifel an ihrer Kompetenz aufkommen.

Das Fazit der Tester: Man sei zwar beim Preis nicht abgezockt worden, dennoch habe man in der Apotheke zu viel Geld ausgegeben. Dass man dafür Arzneimittel mit einer ganz anderen Wirkung erhält, spielte offensichtlich keine Rolle.

Beratung lässt zu wünschen übrig

Nächster Test war die Beratungsqualität: eine junge Frau mit einem Rezept über den Faktor-Xa-Inhibitor Rivaroxaban (Xarelto®). Dazu verlangt sie Aspirin®. Von den drei Online-Apotheken macht nur eine darauf aufmerksam, dass beide Mittel auf keinen Fall gemeinsam eingenommen werden sollten. Die Testerin hatte sich dort telefonisch beraten lassen. Zu der zweiten gab es offensichtlich keinen persönlichen Kontakt. Mit Versandapotheke Nummer drei wurde immerhin gechattet, Hinweis auf die Interaktion gab es aber keinen.

Keineswegs besser schnitten die Vor-Ort-Apotheken ab. Von den drei getesteten hätten zwei beide Arzneimittel kommentarlos zusammen abgegeben. Ein alarmierendes Ergebnis mit dem die Tester den „Berufsverband“, den Bayerischen Apothekerverband (BAV), konfrontierten. Ein Vertreter des Verbandes nahm folgendermaßen Stellung „Wir haben eine kleine Zahl von Ausfällen. Die werden dann angemahnt, die müssen Verbesserungen machen – und das zweite Mal, stellen wir fest, passiert das in der Regel nicht mehr. Über diese Testkäufe konnten wir erreichen, dass über die ganze Breite die Beratungsqualität in der Apotheke sich bessert."

Self-made Apothekenkosmetik kommt nicht gut an

Ebenfalls nicht punkten konnte Apothekenkosmetik im Vergleich mit Marken wie Nivea und Chanel. Dieser Test lief unter „Image“. Die Creme aus der Apotheke, allerdings keine der gängigen Marken sondern eine Eigenherstellung, sowie die anderen beiden Produkte wurden in neutrale Tiegel gefüllt. Passanten durften Geruch und Hautgefühl testen. Sieger war die Luxuskosmetik aus der Parfümerie – das Chanel-Produkt kostet rund 65 Euro. Platz zwei ging an Nivea, die Creme ist im Drogeriemarkt für 3,45 zu haben. Knapp dahinter landete das Apothekenpräparat, für das man knapp 50 Euro auf den HV-Tisch legen muss. Daraus schließen die Tester, dass die Apotheken beim Image nachlegen könnten.

Abschließend kommt „mehr/wert“ zu dem Ergebnis, dass die Apotheken im Check nicht überzeugen konnten – weder beim Preis noch beim Image und der Beratungsqualität. Bezogen auf Letzteres gibt es am Schluss noch den guten Rat: „Kunden sollten am besten immer selbst nachfragen, ob ihre Medikamente zusammenpassen.“ 

Den vollständigen Test zum Nachschauen finden Sie hier. 


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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5 Kommentare

Kritik fachlich nicht in Ordnung !

von Dr. Ralf Schabik am 27.09.2016 um 19:18 Uhr

Schlimm, wenn die als "Expertin" zitierte Ärztin nicht einmal die Informationen ihrer eigenen AkdÄ kennt. Rivaroxaban ist ausdrücklich in Kombination mit ASS alleine oderr ASS plus Clopidogrel zugelassen !!! Als Apotheker würde icgh zwar im Beratungsgespräch den Sinn einer gemeinsamen Einnahme sicherheitshalber abfragen, aber wissen wir, ob das im Test nicht einfach weggeschnitten wurde ? Was lernen wir aus dem Test ? Lug und Trug, Hauptsache, die Quote passt. In den nächsten Monaten werden genügend Nachahmer kommen. Der Beitrag im BR war ja noch vergleichsweise harmlos ...

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Test

von Frank ebert am 26.09.2016 um 9:44 Uhr

Na ja , heute sind zur Entspannung mal die Ärzte dran. In Hart aber fair ist das Thema : Diagnose Gier ----wie Ärzte abzocken

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objektiv?

von Dr Schweikert-Wehner am 24.09.2016 um 11:50 Uhr

In den Szenarien auch bezüglich der Interaktion kann der Apotheker so oder auch anders entscheiden. Für Abgabe oder Verweigerung kann man gute Gründe finden. Die Meinung der inkompetenten Expertin ist nicht objektiv.

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Jeder kann am Pranger der Nächste sein ......

von Wolfgang Müller am 23.09.2016 um 20:03 Uhr

ASS als Schmerzmittel bei einem Xarelto-Patienten ohne Weiteres Nachdenken abzugeben ist ungefähr so schlimm, nicht schlimm, kompetent bzw. inkompetent wie wenn ein Arzt nicht darauf kommt, dass ein Reizhusten vielleicht vom Ramipril kommt (was "Wir" ja schon mal gerne als herrliche Katastrophe herausstellen, s. Artikel direkt hier drunter: "Doofe Ärzte, fragt zu Nebenwirkungen die Apotheker" oder so ähnlich). Wobei Letzteres wenigstens eine EXTREM seltene Ausnahme sein dürfte, das weiß eigentlich jeder von uns.

Wünsche weiter gesegnetes "Auf-Augenhöhe"-Schlachtefest!

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Einerseits nicht so toll...

von Christian Becker am 23.09.2016 um 15:59 Uhr

... andererseits zitiere ich mal eben die Fachinfo von Xarelto:
"Bei gleichzeitiger Gabe von Rivaroxaban und 500 mg Acetylsalicylsäure wurden keine klinisch signifikanten pharmakokinetischen oder pharmakodynamischen Wechselwirkungen beobachtet."

Natürlich könnte man argumentieren, dass es gesunder Menschenverstand ist, dass man zu einem Blutgerinnungshemmer nicht noch einen Thrombozytenaggregationshemmer wie Acetylsalicylsäure nehmen soll. Wenn aber in der Fachinformation dazu nichts steht, dann ist doch schon die Frage berechtigt, ob man eine solche Warnung aus dem Bauch raus anbringen sollte.
Mich hat es jetzt auch gewundert, dass nicht ausdrücklich und dringlich vor einer Kombination gewarnt wurde - aber wenn es nicht drin steht, hat vermutlich auch das Kassensystem nicht davor gewarnt und vielleicht haben die Kollegen daraufhin den eventuell schon vorbereiteten Ratschlag, die Mittel nicht zusammen zu nehmen, wieder fallen gelassen.

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