Exklusivausschreibungen

Mega-Bündnis gegen Zyto-Verträge

Berlin - 07.09.2016, 13:40 Uhr

Anti-Ausschreibungsallianz: Klaus Peterseim (VZA), Stephan Schmitz (BNHO), Fritz Becker (DAV), Reiner Kern (ABDA) haben ein Bündnis gegen exklusive Zyto-Ausschreibungen vorgestellt. (Foto: DAZ.online)

Anti-Ausschreibungsallianz: Klaus Peterseim (VZA), Stephan Schmitz (BNHO), Fritz Becker (DAV), Reiner Kern (ABDA) haben ein Bündnis gegen exklusive Zyto-Ausschreibungen vorgestellt. (Foto: DAZ.online)


Der Streit um die exklusiven Zytostatika-Ausschreibungen der Krankenkassen spitzt sich zu. Insgesamt acht Fachverbände, darunter auch der Deutsche Apothekerverband, haben einen Aufruf an die Politik gestartet, die Ausschreibungen zu stoppen. Währenddessen bleibt die AOK bei ihrem Standpunkt: Die Zyto-Verträge hätten die Versorgung teilweise sogar verbessert.

Der Deutsche Apothekerverband (DAV) hat für seine Zyto-Revolte gegen die Krankenkassen namhafte Mitstreiter gefunden. Am heutigen Mittwoch präsentierte DAV-Chef Fritz Becker gemeinsam mit Dr. Klaus Peterseim vom Verband Zytostatika-herstellender Apotheken (VZA) sowie Prof. Dr. Stephan Schmitz vom Berufsverband Niedergelassener Onkologen die Liste der Fachverbände der Anti-Ausschreibungskoalition. Neben den drei genannten Verbänden gehören dazu: die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG), die Deutsche Gesellschaft für Onkologische Pharmazie, die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin, der Berufsverband Niedergelassener gynäkologischer Onkologen sowie der Bundesverband deutscher Krankenhausapotheker.

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Kommentar zu den Zyto-Verträgen

Die Ausschreiberitis breitet sich aus

Die Verbände haben sich auf ein gemeinsames Papier verständigt, das sie nun der Politik vorstellen wollen. Das Dokument enthält neun Gründe, warum exklusive Zytostatika-Ausschreibungen aus ihrer Sicht versorgungsgefährdend sind:

  1. Krebsbehandlung als Versorgungsprozess: Die Verbände sprechen von einem „kommunikativen Versorgungsprozess“ zwischen Kliniken, niedergelassenen Onkologen sowie den Apothekern. Durch die Ausschreibungen hätten die Kassen die Entscheidungskompetenz in dieser Sache auf sich selbst gelegt. Der Zytostatika-Bereich sei aber per se nicht für Ausschreibungen geeignet, weil die Ausschreibungen einen etablierten Kommunikationsprozess zerstörten. 

  2. Einschränkung des Patientenwillens: Neben den Apothekern weisen auch die Ärzte darauf hin, dass die Zyto-Verträge die freie Apothekenwahl einschränken. „Entgegen der Ansicht“ des Bundessozialgerichtes gebe es keine rechtliche Grundlage für diese Einschränkung.

  3. Erhalt der fachlichen Kooperation Arzt-Apotheker: Durch die teilweise sehr enge, gut abgestimmte Zusammenarbeit zwischen Apothekern und Ärzten würden belastende Wartezeiten oder Mehrfachtermine vermieden. Durch die Kooperation komme es auch seltener zu kostenintensiven Verwürfen. 

  4. Keine Gefährdung der Therapiehoheit des Arztes: Die Fachärzte blieben bei der Gestaltung der Versorgung völlig außen vor, wenn ihnen die Kassen vorschrieben, welche Apotheke sie beliefern müsse, heißt es in dem Papier.

  5. Keine Qualitätseinbußen, keine Risikoerhöhung: Die Fachverbände machten auch darauf aufmerksam, dass der stetige Wechsel von Kooperationspartnern zu Fehlern in der Versorgung führen könne.

  6. Reduktion von Lieferengpässen und -ausfällen: Durch einen noch stärkeren Preisdruck erhöhten Ausschreibungen die Gefahr von nicht kompensierbaren Lieferengpässen.

  7. Oligopolbildung: Die Versorgungslandschaft sei durch den Preisdruck in den vergangenen Jahren ohnehin schon ausgedünnt worden, heißt es in dem Papier. Durch die Verträge werde die Bildung von Liefer-Oligopolen nun aber noch weiter forciert. „Regionale Apotheken fallen im zunehmenden Ausschreibungsmarkt aus der Versorgung heraus“, so die Verbände. Seien die Reinraumlabore einmal geschlossen, ließen sich diese auch nicht reaktivieren. Darunter leide die Infrastruktur vor Ort.

  8. Zwei-Klassen-Medizin: Insbesondere bei kassenverschiedenen Ausschreibungen besteht laut den Fachverbänden grundsätzlich die Gefahr, dass die Ärzte nicht mehr effizient und strukturiert behandeln könnten.

  9. Erhalt der Palliativversorgung vor Ort: Insbesondere bei der Versorgung mit Schmerzpumpen zeige sich, dass eine zeitkritische Versorgung ohne regionale Netzwerke nur schwer möglich sei, heißt es in dem Papier.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

Zyto-Verträge heute Aktuell Schreiben von SpektrumK

von Georg Dribusch am 07.09.2016 um 18:38 Uhr

Wir beliefern eine Reha-Klinik mit Arzneimitteln. In unregelmäßigen Abständen kommen dorthin Patienten zu Rehabilation aus allen Teilen Deutschlands, die eine vegonnene Zyto-Therapie dort weiterführen lassen. Sie bringen das Rezept von zuhause mit. Da die Lose nach den Arztanschriften vergeben werden, kann ich diese Patienten nun nicht mehr beliefern und der Weg zur Heimatapotheke ist zu weit. WAS NUN ???

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AW: korrektur

von Dribusch Georg am 07.09.2016 um 18:39 Uhr

begonnene

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