Wirksamkeit nicht belegt

FDA verbietet antibakterielle Seifen

Stuttgart - 05.09.2016, 16:00 Uhr

Antibakterielle Seifen, wie sie auch in Deutschland viele Apotheken anbieten, schaden möglicherweise mehr als sie nützen. (Foto: staras / Fotolia) 

Antibakterielle Seifen, wie sie auch in Deutschland viele Apotheken anbieten, schaden möglicherweise mehr als sie nützen. (Foto: staras / Fotolia) 


In den USA dürfen eine ganze Reihe von antibakteriellen Seifen nicht mehr verkauft werden. Es sei nicht bewiesen, dass sie besser vor der Ausbreitung von Krankheiten schützen als Wasser und Seife. Nicht betroffen von dem Verbot sind Produkte, die für den medizinischen Bereich zugelassen sind. 

19 antibakterielle Wirkstoffe dürfen in den USA in Zukunft nicht mehr in Seifen oder Waschlotionen für den Haushalt verwendet werden. Das hat die amerikanische Aufsichtsbehörde FDA vergangenen Freitag bekannt gegeben. Auf der Liste stehen zum Beispiel Triclosan oder Triclocarban. (Die vollständige Liste finden Sie hier.) 

Es gebe es keine Daten, dass die Produkte bei täglicher Anwendung sicher sind, begründet die FDA die Maßnahme. Außerdem hätten es die Hersteller bislang versäumt zu belegen, dass die antiseptischen Seifen besser vor Krankheiten und der Ausbreitung bestimmter Infektionen schützten als Wasser und herkömmliche Seife. Im Gegenteil – es gebe sogar Anhaltspunkte, dass die antibakteriellen Wirkstoffe auf Dauer mehr schaden als nützen, heißt es in einer Mitteilung der FDA. Bereits im Jahr 2013 hatte die Behörde die Hersteller aufgefordert, Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit der „OTC-Antiseptika“ vorzulegen. Zuvor hatte es Hinweise auf gesundheitliche Risiken durch die Langzeitanwendung gegeben. 

Wasser und Seife reichen völlig aus

Das Verbot trifft allerdings nur solche antiseptischen Produkte, die mit Wasser angewendet und hinterher abgewaschen werden. Sogenannte „Hand Sanitizer“, also Gele die ohne Wasser angewendet werden, sowie Desinfektionstücher sind ausgenommen. Auch für antibakterielle Mittel, die im medizinischen Bereich verwendet werden, gelten die neuen Regeln nicht. Für drei weitere Wirkstoffe hat die FDA die Entscheidung vertagt. So dürfen Seifen, die Benzalkoniumchlorid, Benzethoniumchlorid oder Chlorxylenol enthalten, vorerst weiter verkauft werden. Ein Jahr haben die Hersteller Zeit, Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit vorzulegen.

Nach Ansicht der der FDA ist Händewaschen mit herkömmlicher Handseife und Wasser, die effektivste Methode im Alltag die Ausbreitung von Krankheitserregern zu verhindern. Stehen Wasser und Seife nicht zur Verfügung, sind Reinigungsgele oder Lösungen, die ohne Wasser angewendet werden, das Mittel der Wahl. Die US-Seuchenschutzbehörde Center für Disease Control and Prevention empfiehlt dann Produkte auf Alkoholbasis mit einer Mindestkonzentration von 60 Prozent. 

Triclosan umstritten, aber immer noch erlaubt

Wenn auch nicht ganz so wie in den USA – in Deutschland erfreuen sich die antibakteriellen Seifen ebenfalls einiger Beliebtheit. Sie werden mit Slogans wie „entfernt 99 Prozent aller Bakterien“ beworben. Zahlreiche Produkte finden sich in den Regalen der Drogerie- und Supermärkte, auch Apotheken haben sie im Sortiment. Sie enthalten beispielsweise Benzalkoniumchlorid (Sagrotan).

Triclosan findet sich vor allem in Zahnpasta und Deodorants. Das Bundesamt für Risikobewertung hat sich bereits im Jahr 2006 für ein vollständiges Verbot von Triclosan in sogenannten verbrauchernahen Produkten ausgesprochen. Die Substanz ist aber in Zahnpasta, Deodorants und Seifen bis zu einer Konzentration von 0,3 Prozent erlaubt. Produkte, die großflächig angewendet w erden, etwa Körperlotionen, dürfen allerdings seit Juli 2015 kein Triclosan mehr enthalten. 

Hautärzte und Hygieniker stehen dem inflationären Gebrauch von Antiseptika im Alltag grundsätzlich kritisch gegenüber. Sie sehen die Gefahr der Resistenzbildung.

Was das Händewaschen angeht, teilen Deutsche Experten die Meinung ihrer amerikanischen Kollegen: unter normalen Bedingungen reicht im Haushalt Wasser und Seife völlig aus. Leiden Familienmitglieder unter ansteckenden Erkrankungen oder leben pflegebedürftige Menschen im Haushalt, werden alkoholische Desinfektionsmittel für wirkungsvoller erachtet als antibakterieller Seifen.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.