Ein Jahr nach dem Husumer Apotheker-Prozess

Arzt in 978 Fällen angeklagt

Flensburg - 05.09.2016, 13:51 Uhr

Vor dem Landgericht Flensburg begann vergangene Woche der Prozess gegen einen Arzt, der jahrelang Betäubungsmittel verschrieb, ohne dass es hierfür einen medizinischen Grund gab. (Foto: dpa)

Vor dem Landgericht Flensburg begann vergangene Woche der Prozess gegen einen Arzt, der jahrelang Betäubungsmittel verschrieb, ohne dass es hierfür einen medizinischen Grund gab. (Foto: dpa)


Im Juni vergangenen Jahres war ein Apotheker aus Nordfriesland zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Er hatte Rezepte über Drogenersatzstoffe bedient, obwohl diese nicht korrekt ausgestellt waren. Nun begann am Landgericht Flensburg der Prozess gegen den Arzt.

Rund ein Jahr nach der erstinstanzlichen Verurteilung eines Apothekers aus Nordfriesland zu drei Jahren Haft hat vor dem Landgericht Flensburg der Prozess gegen einen Arzt begonnen, dessen einstige Praxis sich über der Apotheke befunden hatte. Während im „Apotheker-Prozess“ der Termin für die Berufungsverhandlung, die ebenfalls vor dem Landgericht Flensburg stattfindet, noch nicht feststeht, muss sich der jetzt in Berlin lebende Arzt vor der 1. Großen Strafkammer an einem der kleinsten deutschen Landgerichte verantworten.

1,2 Millionen Euro Schaden

In der eineinhalbstündigen Verlesung der Anklageschrift am 29. August wurden dem 51 Jahre alten Mediziner aus dem Zeitraum von 2007 bis 2011 in 962 Fällen Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie in 16 Fällen Betrug vorgeworfen. Dadurch wurde die Kassenärztliche Vereinigung laut Anklagevorwurf um mehr als 1,2 Millionen Euro geschädigt. Die Approbation des Mediziners ruht. Die Staatsanwaltschaft regte am ersten Verhandlungstag an, im Falle einer Verurteilung auch ein etwaiges Berufsverbot zu prüfen. Für den Prozess wurden zunächst zehn Verhandlungstage anberaumt.

Arzt schweigt

Der Arzt für Allgemeinmedizin hatte eine Zusatzqualifikation als einer der damals nur wenigen Substitutionsärzte im Raum Nordfriesland und durfte drogenabhängigen Patienten Ersatzstoffe verordnen. Dabei soll es dazu gekommen sein, dass Arzneimittel wie Ritalin®, Methaddict®, Methadonlösung, Subutex® und Polamidon® Patienten verschrieben, verabreicht oder verkauft worden seien, ohne dass dies medizinisch angezeigt gewesen sei. Außerdem soll der Mediziner Leistungen abgerechnet haben, die er so nicht erbracht habe. Zum Prozessauftakt kündigte der Arzt an, vor Gericht keine Aussagen zu machen. 


Manfred-Guido Schmitz, Freier Journalist
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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