Nach Betrugsfällen

Patientenschützer fordern verschärfte Pflege-Kontrollen

Berlin - 01.08.2016, 16:00 Uhr

Das Gesetz geht Patientenschützern nicht weit genug: In den letzten Monaten ist bekannt geworden, dass kriminelle Pflegedienste Abrechnungsbetrug im großen Maßstab begehen. (Foto: Robert Kneschke / Fotolia)

Das Gesetz geht Patientenschützern nicht weit genug: In den letzten Monaten ist bekannt geworden, dass kriminelle Pflegedienste Abrechnungsbetrug im großen Maßstab begehen. (Foto: Robert Kneschke / Fotolia)


Häusliche Krankenpflege ist ein großer Markt. Eine Kontrolle ist schwierig. Das zieht Betrüger an. Gesundheitsminister Gröhe will das ändern – nicht entschieden genug, meinen Patientenschützer. Sie fordern den Minister auf, das geplante Gesetz zu verschärfen.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz verlangt Nachbesserungen am Entwurf eines Anti-Betrugsgesetzes von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) für die ambulante Pflege. „Notwendig ist eine einheitliche Patientennummer für Kranken- und Pflegekasse, um so beim Abgleich Auffälligkeiten bei der Abrechnung schneller erkennen zu können“, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur. Zudem sei eine verpflichtende elektronische Abrechnung durch die Pflegedienste nötig. In der Pflege werde noch viel zu oft auf Papier abgerechnet.

Ambulante Pflegedienste versuchen offenbar, Qualitätsprüfungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zu umgehen, indem sie dem MDK den Zugang zur Wohnung des Pflegebedürftigen versperren. Dazu werden Pflegebedürftigen Patientenerklärungen vorgelegt, in denen diese festlegen sollen, ob sie vom MDK kontrolliert werden wollen oder nicht. Solche Erklärungen und Formulare seien bislang in Bayern, Rheinland-Pfalz und Hessen aufgetaucht.

Konzertierte Aktion gegen Betrüger

Brysch sagte nun: „Einheitliche Patientennummer und elektronische Abrechnung sind von zentraler Bedeutung: Beides kombiniert macht Täterprofile sichtbar.“ So könnten Indizien gesammelt werden, ohne die Wohnung der Pflegebedürftigen betreten zu müssen. Spezialteams der Polizei müssten nicht mehr ins Blaue hinein ermitteln, sagte Brysch.

Um Betrügereien von Pflegediensten zu unterbinden, sei auch die Unterstützung der Länder nötig. Denn die Einrichtung von polizeilichen Ermittlungsteams und Schwerpunktstaatsanwaltschaften sind Ländersache. „Eine konzertierte Aktion von Bund und Ländern ist notwendig, um den Betrügern das Handwerk zu legen.“

Die Wohnung steht unter Schutz

Nach dem Betrugsskandal mit russischstämmigen Pflegedienstbetreibern hatte Gröhe im Zusammenhang mit dem dritten Pflegestärkungsgesetz Regelungen vorgelegt, die Abrechnungsbetrug verhindern sollen. Ende Juni hatte das Kabinett den Entwurf verabschiedet.

Brysch wies darauf hin, dass häusliche Krankenpflege ein großer und betrugsanfälliger Markt sei. In den vergangenen zehn Jahren haben sich demnach die Ausgaben der Krankenkassen auf 5,25 Milliarden Euro fast verdreifacht. Jedoch ist anders als bei den Pflegekassen eine Qualitätskontrolle vor Ort nicht möglich. Gröhe will nun dafür sorgen, dass die Krankenkassen selbst dann Prüfungen vornehmen können, wenn der Patient keine Unterstützung aus der Pflegekasse erhält. Den Kontrolleuren sind verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt. Denn die Wohnung ist unverletzlich.


dpa / DAZ.online
redaktion@daz.online


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