Anti-Korruptionsgesetz

Dürfen Apotheker Blutzuckermessgeräte umsonst annehmen?

Apotheken wie Arztpraxen kennen sie: Firmen, die ihnen unentgeltlich Blutzuckermessgeräte überlassen. Die Geräte können die Heilberufler dann an Patienten weiterreichen. Für die Firmen rechnet sich das Geschenk am Ende über die verkauften Teststreifen. Doch wie verträgt sich das Vorgehen mit dem neuen Korruptionsstrafrecht? Eine Einschätzung von DAZ.online-Redakteurin und Juristin Kirsten Sucker-Sket.

Dürfen Apotheker Blutzuckermessgeräte umsonst annehmen?

Die Ärzte-Zeitung startete kürzlich eine Telefon-Aktion zu den neuen Korruptions-Straftatbeständen im Gesundheitswesen. Ärzte konnten Experten ihre Fragen stellen: Welche Handlungen sind künftig noch im grünen Bereich – und wo wird es strafrechtlich kritisch? Gefragt wurde unter anderem nach dem Korruptionsrisiko, wenn ein Unternehmen einer allgemeinmedizinischen diabetologischen Schwerpunktpraxis unentgeltlich Blutzuckermessgeräte überlässt – damit diese sie an Patienten weitergibt.

Sicherlich bezweckt die Firma damit, dass der Arzt in der Folge die entsprechenden Teststreifen verordnet. An der Lauterkeit der Aktion lässt sich also durchaus zweifeln. Aber ist es auch Korruption? Welchen Vorteil hat der Arzt von der Annahme dieses Geschenks? Schließlich profitiert doch der Patient beziehungsweise seine Krankenkasse, die nicht zahlen müssen. Reicht es für einen Vorteil, dass sich der Arzt eine langfristige Patientenbindung erhofft? Die Experten der Ärzte-Zeitung konnten bei dem anfragenden Arzt jedenfalls keine Verknüpfung zu einem direkten Vorteil erkennen. Eine eventuelle Entlastung des Verordnungsbudgets sei kein Vorteil, der für die Weitergabe der Geräte gewährt werde, sondern stelle allenfalls einen unbeachtlichen Reflex dar. Folglich: Korruption liegt nicht vor.

Allerdings kann man es auch anders sehen.

Das Informationsportal diabetes-forum.de gibt sich in seiner Informationsbroschüre zu den Auswirkungen der neuen Straftatbestände auf die diabetologische Praxis vorsichtiger. Die Annahme einzelner Geräte zu Schulungszwecken dürfte auch weiterhin unproblematisch sein, ist darin zu lesen. Bekomme der Arzt aber mehrere Geräte kostenlos angeboten oder werde gar ein entsprechendes „Abgabedepot“ in der Praxis eingerichtet, könne es kritisch werden. Wettbewerber, die qualitativ  gleichwertige und/oder günstigere Systeme anbieten, aber ihre Geräte nicht im selben Umfang verschenken wollen, würden bei der Verordnungsentscheidung des Arztes womöglich benachteiligt. Ob dies im Einzelfall strafbar sei, hänge davon ab, ob eine „Unrechtsvereinbarung“ nachzuweisen ist.

Welche Fallstricke drohen Apotheken – und wie sind sie zu umgehen?

Nachdem einigen Ärzten Zweifel kommen, ob sie sich mit dieser Praxis vielleicht strafbar machen, gibt es nun offenbar mindestens einen Hersteller, der die Geräte lieber nicht mehr an Ärzte, sondern nur noch an Apotheken weitergibt. Das wirft nun auch bei den Apothekern die Frage auf: Könnte es nach dem neuen Recht strafbar sein, wenn sie die Blutzuckermessgeräte annehmen und an Patienten weitergeben?

Es kann sicherlich als Bestechung (§ 299b StGB) gewertet werden, wenn ein Apotheker die geschenkten Geräte an einen Arzt weitergibt, der sie wiederum Patienten schenkt und sie für den Erwerb der Teststreifen auf diese bestimmte Apotheke verweist. Doch wie realitätsnah diese Konstellation ist, sei dahingestellt.

Nimmt der Apotheker die Geräte an, um sie selbst an Patienten weiterzugeben, wird es hingegen schwer, den Tatbestand der Bestechlichkeit im Gesundheitswesen (§ 299a StGB) auszufüllen. Im Zusammenhang mit dem Bezug von Arzneimitteln und Medizinprodukten wurden die neuen Straftatbestände für Apotheker stark eingeschränkt – im Gesetzentwurf sah dies zunächst noch anders aus. Strafbar könnte der Apotheker nur sein, wenn er einen Vorteil dafür annimmt, dass er „bei dem Bezug von (…) Medizinprodukten, die jeweils zur unmittelbaren Anwendung durch den Heilberufsangehörigen oder einen seiner Berufshelfer bestimmt sind“ einen anderen im Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzugt. Doch die Blutzuckermessgeräte wendet der Patient selbst an. Die Tatbestandsvariante passt also nicht – und alle anderen erst recht nicht.

Doch selbst wenn eine Korruptionsstrafbarkeit nicht unterstellt werden kann – Apotheken, die Blutzuckermessgeräte unentgeltlich annehmen und dann an Kunden weiterverschenken, können unter Umständen dennoch gegen bestehendes Recht verstoßen.

Insbesondere ein Verstoß gegen § 7 Heilmittelwerbegesetz – das Zuwendungsverbot – ist hier naheliegend. Werden etwa die Teststreifen verkauft und das passende Gerät kostenlos dazu abgegeben, ist dies keine geringwertige Zugabe mehr, die ausnahmsweise noch zulässig wäre. Das ist auch der Fall, wenn diese Zugabe beim Kauf von Arzneimitteln gewährt wird. Geht es dabei um verschreibungspflichtige Arzneimittel, kann man sogar daran denken, ob es sich möglicherweise um einen unzulässigen Rx-Bonus handelt.

Eine sicherere Variante dürfte es sein, Gerät und Teststreifen gemeinsam zu einem Aktionspreis zu verkaufen. Wer aber eine wirklich saubere Lösung will, sollte dem Arzt raten, dass er dem Patienten ein Blutzuckermessgerät verordnet und die Genehmigung der Krankenkasse hierfür einholt. Für die Kassen ist dies natürlich die teurere Variante. Möglicherweise hat sich die unentgeltliche Abgabe der Geräte deshalb auch geräuschfrei in der Praxis etabliert – und kann dort künftig bestehen bleiben. Wegen des neuen Korruptionsstrafrechts müssen Apotheken jedenfalls nicht alarmiert sein. 

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