CRISPR/CAS 9-Technologie

Internet-Milliardär finanziert erste Studie mit neuer Genschere

Stuttgart - 06.07.2016, 10:45 Uhr

Die Genschere „CRISPR/CAS 9“ erlaubt einfache Eingriffe ins Genom. (Foto: vitstudio / Fotolia)

Die Genschere „CRISPR/CAS 9“ erlaubt einfache Eingriffe ins Genom. (Foto: vitstudio / Fotolia)


Sean Parker, Gründer der Musik-Tauschbörse Napster und ehemaliger Facebook-Berater, finanziert die erste klinische Studie mit der viel gerühmten CRISPR/CAS 9-Technologie. Mit dem Geld aus seiner 250-Millionen-Dollar Finanzspritze soll nun das erste Mal am Menschen die Sicherheit der Technologie nachgewiesen werden.

In der Internetbranche hat Sean Parker Milliarden gemacht. Er hat Napster gründet und Facebook beraten. Sein Vermögen wird auf 2,4 Milliarden Dollar geschätzt. Nun geht der 36-jährige neue Wege in der Arzneimittelforschung. Das von ihm gegründete Parker Institute for Cancer Immunotherapy finanziert die erste klinische Krebsstudie am Menschen, bei der die so genannte CRISPR-Technologie zum Einsatz kommt.

Diese ist seit einiger Zeit das heißeste Thema unter Genforschern und in der Arzneimittelbranche. Dabei handelt es sich um eine neue Form der Gen-Editierung, mit der das Erbgut von Lebewesen einfach und gezielt verändert werden kann. Die Idee dahinter: Defekte DNA-Teile, die für schwere Erkrankungen verantwortlich sind, werden von der „Genschere“ ausgeschnitten und durch andere Sequenzen ersetzt. Die Technologie hat nach Einschätzung namhafter Wissenschaftler das Potenzial, in Kombination mit anderen Ansätzen zu Fortschritten bei der Behandlung schwerer Krankheiten wie Krebs, Aids oder einer Reihe von Erberkrankungen beizutragen.

Grünes Licht von US-Gesundheitsbehörde

Viele Mediziner haben CRISPR in letzter Zeit als sehr vielversprechend bezeichnet, doch gibt es bislang noch keine klinischen Studien mit dieser Technologie. Das soll sich mit dem Geld von Parker nun ändern. Nach US-amerikanischen Medienberichten kann eine auf CRISPR/CAS 9 basierende Krebsbehandlung nun möglicherweise in die ersten klinische Tests mit Patienten gehen. So gab die US-Gesundheitsbehörde National Institutes of Health (NIH) dieser Tage grünes Licht für eine CRISPR-Studie. Allerdings muss diese noch sowohl durch die US-Zulassungsbehörde FDA als auch von den beteiligten medizinischen Zentren freigegeben werden, ehe tatsächlich mit der Rekrutierung und der Behandlung von Patienten begonnen werden kann.

Die Studie soll unter Leitung der University of Pennsylvania stattfinden, das nötige Geld kommt von der Parker Institute for Cancer Immunotherapy. Dieses hat Parker im April 2016 durch eine Finanzspritze von 250 Millionen Dollar seiner ein Jahr zuvor gegründeten Parker-Foundation ins Leben gerufen. Beim Parker Institute handelt es sich um den Zusammenschluss führender Immunologen und sechs wichtiger Krebszentren. Ihr Ziel ist es, die Entwicklung von bahnbrechenden Immuntherapien voranzutreiben. Parkers 250-Millionen-Spende gilt als die bislang größte einer einzelnen Person auf dem Gebiet der Immuntherapie.

Nach Informationen des Parker Institutes soll die Studie an drei medizinischen Zentren mit insgesamt 18 Patienten durchgeführt werden. Die beteiligten Forscher wollen insbesondere die Sicherheit der CRISPR-Technologie in der menschlichen Behandlung nachweisen. Mittels der Geneditierung – auch Genschere genannt – sollen T-Zellen der Patienten so modifiziert werden, dass sie verschiedene Krebsarten besser bekämpfen können.

Patentlage unklar

Allerdings handelt Parker offenbar nicht allein aus Selbstzweck. Seine Stiftung teilte mit, dass sie die Patente kontrollieren werde, die aus der von ihr finanzierten Forschung hervorgehen. So herrscht bezüglich der CRISPR-Studie offenbar noch Unklarheit, wer letztlich die Rechte aus deren Erkenntnissen halten wird.

Auch die Patentlage um die CRISPR/CAS-9-Erfindung ist derzeit unklar. Drei Forscher erheben Ansprüche darauf: Emmanuelle Charpentier vom Berliner Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie und Jennifer Doudna haben gemeinsam im Frühjahr 2013 ihre Entwicklung zum Patent angemeldet. Ende 2013 reichte Feng Zhang mit Forscherkollegen vom Broad-Institut in Cambridge, Massachusetts, ebenfalls einen Patentantrag auf die Genschere ein. Im April 2014 wurde dem Team aus Cambridge die Verwertungsrechte zugesprochen. Doudna und Charpentier haben Einspruch eingelegt. Die finale Entscheidung dürfte noch eine Weile auf sich warten lassen.

Millionenspenden für die Forschung

Parker ist übrigens nicht der einzige Vermögende, der sein Geld in die Weiterentwicklung der Gesundheitsbranche steckt. So hat das 1971 vom früheren Schiffs-Milliardär Daniel Ludwig gegründete Daniel Institute for Cancer Research 2014 rund 540 Millionen Dollar in sechs US-Krebszentren investiert. Nike-Mitgründer Phil Knight spendete 2013 Krebswissenschaftlern der Oregon Health & Science Universität 500 Millionen Dollar. Google gründete vor einigen Jahren sein eigenes Biotechunternehmen namens Calico, das Methoden gegen die menschliche Alterung entwickelt. Und 23andMe, ebenfalls unterstützt von Google, hat sich zum Ziel gesetzt, den menschlichen genetischen Code zu entschlüsseln und Warnsignale für Krankheiten ausfindig zu machen. 


Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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