Patientenschützer

Gröhe und Maas sollen IGeL regulieren

Stuttgart - 08.06.2016, 07:30 Uhr

Auch die professionelle Zahnreinigung gehört zu den Leistungen, die Kassen nicht übernehmen - und Patienten als IGeL oft aus der eigenen Tasche zahlen. (Foto: Kzenon / Fotolia)

Auch die professionelle Zahnreinigung gehört zu den Leistungen, die Kassen nicht übernehmen - und Patienten als IGeL oft aus der eigenen Tasche zahlen. (Foto: Kzenon / Fotolia)


Der Nutzen von individuellen Gesundheitsleistungen ist umstritten. Patientenschützer Eugen Brysch fordert die Politik auf, einzugreifen und reines „Geldverdienen“ zu stoppen. Die Politik solle IGel-Leistungen wie Haustürgeschäfte behandeln und Verbraucherrechte stärken.

Akupunktur, Screening des PSA-Werts zur Prostatakrebsfrüherkennung oder verdachtsunabhängige Ultraschall-Untersuchungen: Viele „Individuelle Gesundheitsleistungen“ (IGeL) sind sowohl beim Arzt als auch Patienten beliebt. Dabei hat der Gemeinsame Bundesausschuss sie von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse ausgeschlossen, weil sie nach Ansicht des Gremiums über eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung von Patienten hinausgehen. Als „Geldmacherei“ sind sie daher schon lange umstritten – nun legt Eugen Brysch, Vorstand der Stiftung Patientenschutz, nach.

„Wenn Ärzte IGeL-Leistungen verkaufen, dann geht es zuallererst ums Geldverdienen“, sagte Brysch dem „Tagesspiegel“. Auch für Patienten müssten die Verbraucherrechte gelten – was laut einer aktuellen Forsa-Umfrage oft nicht der Fall ist. Mehr als ein Drittel der im Auftrag der Techniker-Krankenkasse Befragten gab an, vor einer IGeL nichts Schriftliches erhalten zu haben. Dabei bedarf es eigentlich eines förmlichen Behandlungsvertrags samt Kostenvoranschlag.

Brysch fordert eine Geld-Zurück-Garantie

„Ohne Behandlungsvertrag wird verkauft und Kasse gemacht“, sagte der Patientenschützer. Seiner Meinung nach ist an der Zeit, IGeL-Leistungen wie Haustürgeschäfte zu behandeln: „mit Rücktrittsrecht und Geld-Zurück-Garantie“.

Aktuell würden laut Brysch insbesondere Menschen mit höherem Einkommen systematisch identifiziert und zum Patienten gemacht. „Vom Arztethos bleibt nicht viel“, kritisiert er. Daher muss seiner Meinung nach die Bundesregierung eingreifen. Wenn Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe nicht handeln wolle, sieht er Verbraucherminister Heiko Maas in der Pflicht.

Hohe Einnahmen für teils sogar schädliche Leistungen?

Laut Schätzungen nehmen Ärzte mit Individuellen Gesundheitsleistungen jährlich mehr als eine Milliarde Euro ein. Laut der Umfrage kommen sie auch gut an: 70 Prozent Befragten, denen IGeL angeboten wurden, griffen zu – mehr als jeder Dritte mehrfach. Andererseits zweifeln Patienten auch am Nutzen: Laut einer anderen Umfrage sagten 38 Prozent der Befragten, sie sähen selber eher keinen Nutzen durch die Angebote.

Am häufigsten werden professionelle Zahnreinigungen von Ärzten empfohlen, nämlich 72 Prozent der Befragten. Dabei konnte für diese bisher kein Nutzen nachgewiesen werden. Laut dem IGeL-Monitor, der vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen angeboten wird, sind einige der Leistungen sogar schädlich. So die Bestimmung von Immunglobulin G (IgG) gegen Nahrungsmittel, die Darmreinigung per „Colon-Hydro-Therapie“ oder ein Ultraschall der Eierstöcke zur Krebsfrüherkennung.


Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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