Smartphone-Nutzung und Krebs

Kein Zusammenhang, sagen australische Forscher

Brisbane - 27.05.2016, 08:30 Uhr

Krebs durch Handynutzung? Hypothetische Inzidenzen wurden nicht erreicht, sagen Forscher aus Australien. (Foto: Syda Productions / Fotolia)

Krebs durch Handynutzung? Hypothetische Inzidenzen wurden nicht erreicht, sagen Forscher aus Australien. (Foto: Syda Productions / Fotolia)


Kann die Mikrowellen-Strahlung von Mobiltelefonen Hirntumore und weitere Krebsarten auslösen? Zahlreiche wissenschaftliche Studien liefern angeblich Beweise dafür. Ein neue, großangelegte Analyse aus Australien behauptet das Gegenteil: Keine Krebs-Gefahr durch das Smartphone. 

Wissenschaftler von den Universitäten von Sydney und Neusüdwales wollten ermitteln, ob es zwischen dem Besitz eines Mobiltelefons und der Krebsinzidenz eine Korrelation gibt. Hierzu haben sie gewissermaßen die 29-jährige Geschichte des „Handys“ auf ihrem Kontinent analysiert. Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift Cancer Epidemiology veröffentlicht.  

Im Jahr 1987 wurden in Australien erstmals Mobiltelefone eingesetzt. Bis 2014 ist der Anteil der Nutzer auf 94 Prozent angestiegen. Im nationalen Krebsregister fanden die Wissenschaftler über den Zeitraum zwischen 1982 und 2012 bei Männern und Frauen im Alter von 20 bis 84 Jahren rund 19.800 beziehungsweise 14.200 Diagnosen von Gehirntumoren. Sie setzten die Zahlen ins Verhältnis zueinander, um heraus zu bekommen, ob der Handy-Besitz beziehungsweise dessen Nutzung mit einem Anstieg der Krebsinzidenz korrelierte. 

Risikoerhöhung um mindestens fünfzig Prozent?

Ausgehend von Ergebnissen früherer Untersuchungen nahmen sie als Hypothese an, dass Mobiltelefone das Risiko von Hirntumoren um 50 Prozent, bei „heavy-usern“ sogar um 150 Prozent steigern könnte. Vielnutzer wurden mit mehr als 896 Betriebsstunden über das gesamte Leben definiert. Dies treffe auf rund ein Fünftel der Australier zu, stellten sie fest. Außerdem legten sie einen Zeitverzug von zehn Jahren zwischen der Strahlenbelastung durch das Mobiltelefon und dem daraus resultierenden Krebs zugrunde.  

Hypothetische Inzidenzen nicht erreicht

Altersangepasst erhöhte sich die tatsächliche Tumorinzidenzrate während der erfassten 29 Jahre bei Männern leicht, bei Frauen jedoch nicht. Die Inzidenzrate lag für Männer bei 8,7 und für Frauen bei 5,8 auf 100.000 Personen. Ausgehend von der Hypothese einer fünfzigprozentigen Erhöhung durch die Mobiltelefonnutzung, hätte sie für Männer bei 11,7 und für Frauen bei 7,7 liegen müssen. Für die „heavy-user“ hätte es bei einer 150-prozentigen Erhöhung in allen Altersgruppen 2038 Gehirn-Tumor-Fälle geben müssen. Tatsächlich wurden aber nur 1434 gezählt.

Keine Beweise für einen Anstieg von Gehirntumoren

Der Leitautor der Studie Simon Chapman stellt fest: „Etwa 90 Prozent der australischen Bevölkerung nutzen heutzutage Mobiltelefone, viele davon seit mehr als zwanzig Jahren. Es gibt keine Beweise für einen Anstieg von Gehirntumoren, und zwar für alle Altersgruppen, der plausibel den Handys zugeschrieben werden könnte." Den leichten Anstieg bei den Männern führten die Forscher eher auf verbesserte Diagnosemöglichkeiten zurück. Wenn die Mobiltelefon-Nutzung hierbei wirklich eine Rolle gespielt hätte, so ihre Annahme, hätte dieser viel höher ausfallen müssen. 

Ergebnisse nicht signifikant?

Das klingt alles recht plausibel, aber es gibt auch Kritik an Chapman´s Auslegung. Dariusz Leszczynski, ebenfalls Experte auf dem Gebiet glaubt, dass die Autoren die Signifikanz ihrer Ergebnisse überschätzen. Der außerplanmäßige Professor an der Abteilung für Biochemie und Biotechnologie der Universität Helsinki ist Mitglied einer Arbeitsgruppe von Wissenschaftlern aus 14 Ländern bei der Weltgesundheitsorganisation. Diese hat die Mobil-Telefon-Strahlung als möglicherweise krebserzeugend eingestuft

Mobiltelefone seien in Australien erst ab dem Jahr 2000 weit verbreitet gewesen, gibt Leszczynski zu bedenken. Vorher seien sie für eine intensivere Nutzung zu teuer gewesen. Chapmans Analyse hätte deshalb allenfalls die letzten 15 Jahre erfassen müssen, um eine solche Aussage zuzulassen. Außerdem glaubt er, dass die Latenzzeit von zehn Jahren für das Auftreten eines Gehirntumors zu kurz und zudem wissenschaftlich nicht begründbar ist. Die Latenzzeiten könnten für bestimmte Arten von Tumoren durchaus auch unterschiedlich sein. 

Quelle

Chapman S, Azizi L, Luo Q, Sitas F. Has the incidence of brain cancer risen in Australia since the introduction of mobile phones 29 years ago? Cancer Epidemiology. Published online May 5 2016


Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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