Gefahr für Versorgung

Ärzte fordern sinkende Arzneimittel-Preise

Stuttgart - 25.05.2016, 18:00 Uhr

Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery fordert mit seinen Kollegen, dass die Bundesregierung Arzneimittelpreise stärker drosseln sollte. (Foto: dpa / picture alliance)

Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery fordert mit seinen Kollegen, dass die Bundesregierung Arzneimittelpreise stärker drosseln sollte. (Foto: dpa / picture alliance)


Der Deutsche Ärztetag fordert Gesetzesänderungen zur Verbesserung des AMNOG-Verfahrens. Die Arzneimittel-Kosten müssten sich stärker am nachgewiesenen Nutzen orientieren, Ärzte sollten die Nutzenbewertung schneller erhalten. Außerdem fordert der Ärztetag Maßnahmen gegen Lieferengpässe.

Auf dem Deutschen Ärztetag wurde verschiedene Anträge beschlossen, die den Gesetzgeber auffordern, Arzneimittel-Ausgaben zu senken und eine stabilere Versorgung zu gewährleisten. So forderte der Ärztetag, die AMNOG-Regeln nachzubessern und den nachgewiesenen Nutzen stärker bei der Kostenbewertung zu berücksichtigen. „Die derzeit freie, ausschließlich am Markt orientierte Preisfestlegung für Arzneimittel im ersten Jahr nach der Markteinführung durch den pharmazeutischen Unternehmer muss abgeschafft werden“, heißt es in der Entschließung.

Der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der Ärzteschaft, Wolf-Dieter Ludwig, kritisierte einige Ergebnisse des Pharmadialogs: So die zukünftige Intransparenz der Erstattungsbeträge und die Definition „innovativer“ Arzneimittel. Kein Verständnis bringt Ludwig dafür auf, dass die Politik auf den ärztlichen Sachverstand und die Position von Patienten verzichtet hat – dementsprechend sei auch die Qualität der Ergebnisse „überschaubar“.

„Ich hätte mir sehr konkrete Vorschläge gewünscht, zum Beispiel wie man tatsächlich mit Lieferengpässen bei Arzneimitteln umgehen möchte, wie man die steigenden Arzneimittelkosten besser in den Griff bekommen möchte und welche Änderungen auch im AMNOG notwendig sind, damit dieses sinnvolle Verfahren noch verbessert wird“, sagte Ludwig. Er forderte, dass Hersteller zur Lieferfähigkeit verpflichtet werden müssten – dies funktioniere in den USA. 

Innovation statt Schützengraben

Ludwig will die Erstattungsfähigkeit und Preissetzung insbesondere neuer onkologischer Arzneimitteln stärker am patientenrelevanten Nutzen ausrichten. „Die Betonung liegt auf ‚gute Medikamente‘ – und gute Medikamente müssen in klinischen Studien eindeutig nachgewiesen haben, dass sie besser wirksam sind als bereits verfügbare“, sagte er. Der Begriff „Innovation“ werde nicht nur für besser wirksame Arzneimittel gebraucht, sondern oft auch für neue Arzneimittel, die möglicherweise in keiner Weise besser aber dafür deutlich teurer seien. Als Ausnahme nannte Ludwig die neuen Heptatics-C-Arzneimittel

Auch plädierte er dafür, dass häufiger eine späte Nutzenbewertung vorgenommen werden müsse. 

(Folie: Ludwig)

Die Arzneimittelausgaben steigen weiter, während die Zahl der Verordnungen relativ stabil blieb.


Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (vfa), forderte, dass eine „Allianz für Gesundheit“ gebildet werden soll. „Dazu müssen aber alle aus den Schützengräben raus“, sagte sie. In der Fortbildung spiele die Industrie eine wichtige Rolle, weil sie über großes Arzneimittelwissen verfüge. „Arzt und Industrie sind wechselseitig aufeinander angewiesen, dürfen aber nicht voneinander abhängig sein!“

Abschied von den Mondpreisen?

Fischer kritisierte in ihrem Vortrag, dass 70 Prozent der Zusatznutzen-Entscheidungen aufgrund formaler Mängel gefallen seien. Die Debatte um Arzneikosten, auch bei Onkologika, sei von Legendenbildung geprägt. „Mich irritiert die Freude am Scheitern oder anders gesagt: Die Skepsis gegenüber Innovationen“, so die vfa-Geschäftsführerin. Auch sei der Begriff „Mondpreise“ ein „totes Pferd“. „Vergessen Sie Sauerstoffzelt, Bluttransfusion und Defibrillator. Das Pferd ist wirklich tot.“


Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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