BVDVA über Dr.Ed-Verbot

Versandapotheken wollen Online-Arztpraxen behalten

Berlin - 09.05.2016, 12:30 Uhr

Keine Rx-Rezepte von DrEd: Deutschlands Versandapotheken warnen vor einem Verbot der Online-Arztpraxen. (Foto: BVDVA)

Keine Rx-Rezepte von DrEd: Deutschlands Versandapotheken warnen vor einem Verbot der Online-Arztpraxen. (Foto: BVDVA)


Kurz vor der Anhörung im Bundestag gerät das von der Bundesregierung geplante Verbot von Online-Rezepten erneut ins Visier der Kritiker. Der Bundesverband Deutscher Versandapotheken warnt vor den Folgen eines Verbotes der Online-Arztpraxen. Der Gesetzgeber handele patientenfeindlich und folge Partikularinteressen.

Der Gesetzgeber will mit der 4. AMG-Novelle verbieten, dass Ärzte via Internet Patienten diagnostizieren und ihnen dann Rezepte per E-Mail zusenden. In Deutschland geht es somit um das Verbot eines bestimmten Geschäftsmodells, genauer, um die Online-Arztpraxis „DrEd“ aus London, die in Deutschland pro Jahr bereits 8.000 Patienten via Internet berät. DrEd berät seine Kunden nur in ausgewählten Indikationen, dazu zählen unter anderem die erektile Dysfunktion, Haarausfall oder der vorzeitige Samenerguss. Patienten können auch Folgerezepte für Blutdruck- und Cholesterinsenker beantragen. Die ausgestellten Privatrezepte kann sich der Patient entweder schicken lassen und selbst einlösen. Oder es wird direkt an eine Versandapotheke weitergeleitet.

Mit der AMG-Novelle soll diesem Geschäftsmodell nun der Riegel vorgeschoben werden. Apotheken sollen Rx-Medikamente künftig nicht abgeben dürfen, wenn vor der Verschreibung „offenkundig kein direkter Kontakt“ zwischen dem Arzt und dem Patienten stattgefunden hat. Für die Versandapotheken, die ohnehin einen geringen Anteil am Rx-Markt haben, würde das bedeuten: weniger Rezepte.

Der Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA) protestiert daher heftig gegen das geplante DrEd-Verbot. Telemedizinische Anwendungen seien die „Kernelemente einer vernünftigen Fortentwicklung des digitalisierten Gesundheitswesens“, logischerweise gehöre dazu auch das vom BVDVA schon seit langer Zeit geforderte E-Rezept. Das Gesetz widerspreche auch dem erklärten Ziel der Bundesregierung, eine wohnort- und patientennahe Versorgung anzubieten.

BVDVA: Warum sollten Apotheker physischen Arztkontakt überprüfen?

Der BVDVA weist zudem darauf hin, dass Ärzte schon seit Jahrzehnten telefonisch diagnostizieren und behandeln. In den Abrechnungskatalogen GOÄ und EBM gebe es sogar explizite Abrechnungspositionen dafür. „Dieses gerade patientenfeindliche und von Partikularinteressen geleitete Denken dient sicher nicht der notwendigen Modernisierung des deutschen Gesundheitswesens“, schlussfolgert der Verband in seiner Stellungnahme. Man müsse den Rückstand gegenüber unseren europäischen Nachbarn aufholen und nicht zusätzlich vergrößern.

In einer ersten Stellungnahme hatte der BVDVA auch auf ein Problem aufmerksam gemacht, das sich für Apotheker in der Praxis zeigen könnte: Der Verband kritisierte die Regelung, dass Apotheker dafür verantwortlich gemacht werden sollen, zu prüfen, ob ein direkter Kontakt zwischen Arzt und Patient stattgefunden hat. Der „Maßstab der Erkennbarkeit“ müsse für die Apotheker konkretisiert werden. „Die Überprüfung ist in keinem Fall primäre Aufgabe des Apothekers“, hieß es in der früheren Stellungnahme.

Neben dem Verbot der Online-Verordnungen sieht das Gesetz auch ein Werbeverbot für telemedizinische Anwendungen vor. Und auch dagegen laufen die Versandapotheken Sturm. „Der möglichst barrierefreie Zugang zu neuen digitalen Dienstleistungen kann und muss breiten Bevölkerungsschichten gerade durch Werbung, werbliche Maßnahmen und Inzentiven ermöglicht werden“, schreibt der BVDVA.


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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