Kossendeys Gegengewicht

Wer? Wie? Was? Wieso, weshalb, warum?

04.05.2016, 16:00 Uhr

(Foto: Andrey Popov / Fotolia)

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Apotheker lassen viel mit sich machen: So müssen sie im Rahmen der Prä-Qualifizierung ohne wirkliche Notwendigkeit sensible Informationen preisgeben, sagt Ann-Kathrin Kossendey-Koch. Von den Standesvertretern erwartet sie keine Hilfe – denn diese verdienen oft an den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen mit.

Warum eigentlich PRÄ-Qualifizierung? Laut Duden kennzeichnet das Präfix „prä“ in Bildungen mit Adjektiven – seltener mit Substantiven oder Verben – etwas als vorher, zeitlich früher liegend, erfolgend. Ist das die „Vor-Qualifizierung“ einer richtigen Qualifizierung? Bin ich mit meiner Präqualifizierung nur vorläufig qualifiziert, nur halb, nur unvollständig? Und warum kommt danach die „Re-Prä-Qualifizierung“? Wann darf ich als obrigkeitshöriger, buckelnder Apotheker denn endlich die „Post-Qualifizierung“ erlangen, die der Prä-Qualifizierung ja rein logisch folgen müsste?

Aber die wichtigste aller Fragen ist: Warum in aller Herrgottsnamen machen wir so einen Irrsinn alle brav mit? Von unseren Standesvertretern brauchen wir keine Rückendeckung erwarten, schließlich verdienen die ja bei dieser Re-Prä-Pipapo-Qualifikanz an uns – man schaue sich nur mal die Adresse der AfP an, der „Agentur für Präqualifizierung“, wobei die Abkürzung auch „Agentur für Pharmazeutenverarsche“ bedeuten könnte. Ist das Methode? Man lässt sich als Verband auf den größten Schwachsinn ein – oder denkt sich den gar selber aus –um dann mit Seminaren und einer flugs gegründeten Agentur bei den Kollegen abzukassieren.

Beeinflusst der Mietvertrag die Qualität?

Um eine Betriebserlaubnis zu erhalten, muss ich meine räumlichen Gegebenheiten und eventuelle Miet- oder Pachtverträge der Apothekerkammer gegenüber offenlegen. Warum muss ich dann einer AfP sowohl meine Betriebserlaubnis als auch meinen Miet- oder Pachtvertrag schicken? Was geht es die Krankenkasse an, ob ich meine Apotheke in meinen eigenen Räumen betreibe oder zu welchen Konditionen ich miete oder pachte? Hat das irgendeinen Einfluss auf die Qualität meiner Arbeit?

Nur weil wir in vielen Bereichen genötigt werden, alles doppelt gemoppelt zu prüfen/nachzuweisen/uns fortzubilden, können wir doch nicht alles mit uns machen lassen. Wir werden gezwungen, sensible Daten offenzulegen – ohne Garantie auf Datenschutz. Aber wenn es darum geht, die Kunden per WhatsApp in der Apotheke vorbestellen zu lassen, dann bricht wildes Gejaul der Standesvertreter aus, dass das mit dem Datenschutz nicht vereinbar wäre. Ja ne, ist klar.

Das Handwaschbecken gibt es eh

Mit der Gültigkeit meiner Betriebserlaubnis ist amtlich bestätigt, dass ich nach der ApoBetrO über eine Liegemöglichkeit und ein Handwaschbecken verfüge. Und jeder Kollege hat nach jahrelangem Gängeln auch einen Beratungsraum, der optisch und akustisch abgetrennt ist. Das nochmalig mittels Fotoprotokoll nachzuweisen ist absurd.

Schön ist auch, dass man ein Antragsverfahren vertraglich so kompliziert, dass der kleine Pharmazeut da alleine nicht mehr durchsteigt. Und auch das Beschwerdeverfahren wurde „zwischen dem GKV-Spitzenverband und den maßgeblichen Spitzenorganisationen Leistungserbringer auf der Bundesebene vertraglich fest verankert“. Denn nur so kann man als Agentur kostenpflichtig zur Hilfe eilen und die Anträge und Beschwerden für die überforderten Apotheker bearbeiten. Also ich hätte da ja dann auch direkt vertraglich festgehalten, erst mal jeden Antrag per se abzulehnen, dann kann man als AfP gleich doppelt abkassieren.

Für mich hat das was von Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Man hält uns beschäftigt und versucht uns das Gefühl zu vermitteln, einfach nicht gut genug zu sein. Die Strategie dahinter ist nicht eindeutig. Soll das der Politik vermitteln, wie angeblich unverzichtbar wir sind? Seht her, wir gründen sogar aus dem Nichts eine Agentur, die nochmal schnell dafür sorgt, dass die unnützen Apotheker wenigstens präqualifiziert sind. Kostet Zeit und Geld und es gibt ein weiteres Blatt Papier zum Abheften und an die Wand hängen.

Könnten Apothekendaten nicht auch Gewinne bringen?

Oder ist das ein perfider Plan unserer Standesvertreter, aus uns, solange es noch zu viele Apotheken gibt, so viele Euros wie möglich zu quetschen. Die AfP ist ein eigenständiges Unternehmen, also soll sie vermutlich auch Gewinne auswerfen. Was ist, wenn die paar Euronen, die man mit der Überprüfung unsinniger Vorschriften verdienen kann, nicht ausreichen? Dann kann man ja die gesammelten Daten der Apotheken verkaufen, nicht wahr?

Wem nützt da der verzweifelte Ruf nach mehr Honorar, wenn ich als Standesvertretung meinen Mitgliedern das Geld direkt wieder abnehme? Mit der Zustimmung zu Verträgen, die uns mehr Zeit und Geld kosten als sie uns bringen und mit der Gründung einer weiteren ABDA-Tochter (da steigt doch keiner mehr durch), ist unsere Standesvertretung nicht besser als Krankenkassen und Politik. Es ist ja kein Geheimnis, dass der größte Feind des Apothekers der Kollege ist. Nur ist damit halt leider nicht nur der Mitbewerber vor Ort gemeint.


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11 Kommentare

Einiges richtig, manches falsch!

von Frank Eickmann am 06.05.2016 um 10:30 Uhr

Ich verstehe die Emotion und Polemik in Sachen PQ und Re-PQ in Ihrem Text und kann sie - mögen Sie es glauben oder nicht - nachempfinden. Aber die standespolitische Schelte (... und hier erahne ich schon jetzt die weiteren Reaktionen in diesem Forum ...) bis hin zu der absurden Behauptung, die "... Standesvertreter... verdienen ... ja bei dieser Re-Prä-Pipapo-Qualifikanz an uns ..." geht nun wirlich an der faktischen Realität vorbei.

Richtig ist: Jahrzehntelang konnten wir im Hilfsmittelbereich die Abgabeberechtigung durch ein Zulassungsverfahren erlangen, was sich bewährt hatte und ohne größere Vorkommnisse gut verlief. Obwohl das Zulassungsverfahren problemlos lief, hat sich der Gesetzgeber vor einigen Jahren - aus für mich nicht nachvollziehbaren Gründen - bemüßigt gesehen, die Abgabeberechtigung für Hilfsmittel in § 126 SGB völlig neu zu regeln. Dabei hat er sicher nicht zur Vereinfachung, sondern im Gegenteil zur Verkomplizierung mit noch mehr Bürokratie beigetragen. Das jetzige System macht alles komplizierter, aufwändiger, bürokratischer und keineswegs dadurch sinnhafter. Jegliche Kritik am PQ-System in dieser Sache teile ich!

Dem GKV-Spitzenverband wurde es an die Hand gegeben, die „Zulassungsbedingungen“ für alle Leistungserbringer gleich, neu zu regeln. Dies hat dieser Spitzenverband in der ihm eigenen Manier auch gerne getan. Die Leistungserbringer wurden in diesem Verfahren brav angehört, aber nicht berücksichtigt. In der Runde der Leistungserbringer war auch der Deutsche Apothekerverband (mit einer Stimme!) vertreten. Bei unserem Versuch, sich einheitlich gegen die Positionierungen des Spitzenverbandes zu äußern, mussten wir feststellen, dass die sog. sonstigen Leistungserbringer die Apotheken schon als lästige Konkurrenz empfinden und sich eher nicht mit uns solidarisch zeigen wollten. Auch unser Einwand, dass von den Qualifikationen her Apotheken keineswegs mit Rehalieferanten und Sanitätshäusern verglichen werden können, wurde nicht aufgenommen, da es sich um den gleichen (Hilfsmittel-)Markt handele und dort für alle die gleichen Bedingungen herrschen müssten. Die Etablierung des Systems PQ ist also keineswegs eine Erfindung des DAV oder des Berufsstandes, wie Sie intendieren. Das ganze Gegenteil ist der Fall!

Die Durchführung des PQ-Verfahrens hat der GKV-Spitzenverband auf externe (hierfür speziell zertifizierte) Unternehmen der Privatwirtschaft zur Durchführung übertragen. Diese schossen so dann wie Pilze aus dem Boden. Alle Leistungserbringer sind diesem Anbietermarkt gleichermaßen ausgeliefert (ja, ich meine: ausgeliefert).

Da wir nicht wollten, dass sich Dritte ( wie zum Beispiel auch der vdek, der ebenfalls eine Präqualifizierungsstelle eingerichtet hat) an den Apotheken eine goldene Nase verdienen und weil wir Herr des Verfahrens bleiben und unseren Mitgliedsapotheken bestmögliche Hilfestellung bieten wollten, hat der Deutsche Apothekerverband eine Ausgründung mit dem Namen "Agentur für Präqualifizierung (AfP)" veranlasst, die die Präqualifizierung für Apotheken für kleines Geld durchführen soll. Damit ist sichergestellt, dass das Verfahren in Apothekerhand bleibt. Einige LAVs bieten zusätzliche Hilfestellungen an, die das Antragsverfahren (den Umständen entsprechend) vereinfachen sollen. By the way: Wenn Sie die Gebühren von anderen PQ-Stellen mit denen der AfP vergleichen, werden Sie feststellen, dass hier die günstigsten sind und zusätzlich die besten und umfangreichsten Hilfestellungen geleistet werden. Ihre Unterstellung also, hier standesintern womöglich "abkassieren" zu wollen oder ein wie Sie sagen "Ausquetschen" sogar als strategischen Ansatz der AfP zu intendieren, ist definitiv falsch.

Zum Thema Daten und Datenschutz: Ich bin ganz bei Ihnen, dass es deutlich fragwürdig ist, z. B. Miet- oder Pachtverträge einreichen zu müssen. Aber wie eingangs geschildert: Unsere Vorbehalte (auch) gegen Inhalt und Umfang des Antragsverfahrens waren nicht mehrheitsfähig. Was den Datenschutz angeht: Zumindest für die AfP verbürgen wir uns an dieser Stelle - der Datenschutz wird hier zu 100 Prozent eingehalten.

Im Übrigen: Natürlich müssen Sie nicht mit der AfP zusammenarbeiten, wenn bei Ihnen die von Ihnen in viele Fragen gepackte Besorgnis und Ihr Misstrauen Ihren Standesorganisationen gegenüber so überwiegt, dass Sie auf die Vorteile, die dieser Weg bietet, verzichten wollen. Es ist Ihnen freigestellt, auch eine andere PQ-Stelle (z. B. der PQ-Stelle des vdek) zu wählen, wenn Ihnen diese vertrauenswürdiger erscheint und Sie diesen Ihre Daten lieber anvertrauen wollen.

Zusammengefasst:
1. Wir haben das Bürokratiemonster PQ-Verfahren weder erfunden, noch befürwortet, sondern wurden wie Sie vor vollendete Tatsachen gestellt. Wir haben uns immer gegen dieses Bürokratiemonster ausgesprochen und lobbyieren dies auch weiterhin so in der Politik.
2. Die AfP ist eine der "unseren". Ihre offenbar grundsätzlichen Vorbehalte gegen alle standeseigenen Unternehmungen mögen sich schon allein in dieser Tatsache bestätigen. Für mich bedeutet das aber: Diese Vereinigungen und Institutionen wollen Sie bestmöglich unterstützen. Das ist das gemeinsame Ziel - auch und vielleicht gerade dann, wenn die äußeren Umstände deutlich ungünstig sind.
3. DAV und LAVs haben kein Interesse, ihre Mitglieder, die sie mit ihren Beiträgen finanzieren, zu schwächen oder ihnen Schaden zuzufügen. Das Gegenteil ist der Fall! Hier schließe die AfP ausdrücklich ein.
4. Das Thema PQ den Standesgremien oder -gremienvertretern anzulasten, negiert aus meiner Sicht die Faktenlage in elementarer Weise und ist - ebenfalls aus meiner Sicht - schon allein deshalb journalistisch unzureichend.

F. Eickmann
[arbeitet beim LAV Baden-Württemberg e. V., postet hier aber privat]

» Auf diesen Kommentar antworten | 4 Antworten

AW: Umso schlimmer...

von Ann-Katrin Kossendey-Koch am 06.05.2016 um 11:38 Uhr

Gut zu lesen, dass auch "Offizielle" wie Sie, Herr Eickmann, die Präqualifizierung für überflüssig und grenzwertig halten. Aber anstatt wie immer nur zu lobbyieren, wie Sie es nennen,wäre es einfach an der Zeit gewesen, sich mit einem klaren Nein zu positionieren, anstatt im Nachherein mit der Gründung einer "Hilfsagentur" die Verbandsmitglieder vermeintlich zu beruhigen. Dann sollen die Krankenkassen doch ohne uns die Hilfsmittelbelieferung stemmen- viel Spaß! Wir verdienen ja ohnehin an den meisten Hilfsmitteln nichts mehr.
Es frustriert die Basis der Apotheke immens, dass wir von unseren Standesvertretern zu all den Themen, die uns unter den Nägeln brennen und die unseren Berufsalltag unnötig verkomplizieren, entweder ein "Es hätte schlimmer kommen können" oder ein "Wir wurden vor vollendete Tatsachen gestellt" zu hören bekommen- was fehlt ist ein klares "Nein"!

AW: Ihre Entscheidung

von Frank Eickmann am 06.05.2016 um 13:42 Uhr

Es kann ja wohl kaum die Aufgabe von Apothekerverbänden sein, die ganze Branche aus der Belieferung von Hilfsmittel durch ein "Nein" von vornherein auszuschließen. Es können doch immer nur die Bedingungen gestaltet werden, die auch gestaltbar sind - und die wurden gestaltet. Und zwar so gut es eben ging. Dass wir es auch gerne anders gehabt hätten, bleibt unbenommen. So bleibt mindestens all denen, die den Markt bedienen wollen, bei gleichlangen Spießen zu allen weiteren Leistungserbringern wenigsten die Chance, auch tatsächlich den Markt zu bedienen. Wem das individuell zu viel ist, der/die kann individuell Ihr gefordertes "klares Nein" sagen und sich aus diesem Markt verabschieden. Es ist Ihre Entscheidung als Unternehmerin - den Verbänden hier den schwarzen Peter zuzuspielen, ist schlicht unfair. Ich hätte den berechtigten Aufschrei Ihrer Kolleginnen und Kollegen nicht hören wollen, wenn der DAV sie von jeglicher Hilfsmittelbelieferung abgekoppelt hätte. In aller Kürze: Ihre inhaltliche Kritik am PQ-System halte ich in weiten Teilen für absolut berechtigt - aber: Sie adressieren die Verantwortung und die Verantwortlichkeiten falsch.

AW: ein erster Schritt!

von Christian Giese am 06.05.2016 um 14:29 Uhr

Egal wie der Inhalt, hier hat sich ein Pressesprecher eines Apothekerverbandes wenigstens internöffentlich geäussert.
Darüber muss man doch dankbar sein, wenn man dies mit dem Trappistenkern in Berlin vergleicht.
Ja, vergleichen soll man ja nicht, ich weiss.

AW: Ein Anfang!

von Wolfgang Müller am 07.05.2016 um 12:18 Uhr

Vielen Dank für Ihre Erläuterungen. Ich finde das Alles nachvollziehbar und glaubwürdig. Die idiotische Präqualifizierung gehört ja auch wirklich nicht zu den von "uns selber" gemachten Über-Regulierungen. Und dass die Apotheker keine Chancen hatten, in den entsprechenden Gesetzgebungs-Vorverhandlungen eine intelligentere Regelung durchzusetzen, haben sie gut dargelegt. Also: Vielleicht ein aktuelles Beispiel für Bürokratie-Wahnsinn und sinnlose Willkür mit Schädigung des Apotheken-Geschäfts vom Bürokraten-Sessel aus. Aber nicht besonders gut geeignet, um das schlechte Abschneiden der eigenen Interessenvertretung bei der vernünftigen und wirtschaftlich tragfähigen Organisation unseres Tagesgeschäfts zu kritisieren.

Ich würde mich sehr freuen, wenn auf dem gleichen professionellen Niveau, wie Sie es hier zeigen, der u. a. von mir kritisierte Herdentrieb der Apotheker-Standesvertretungen und -Gremien beim Aufbau EIGENER Überregulierungen diskutiert werden könnte. Bzw. bei der Verweigerung schlicht des VERSUCHS zum politisch sicher leicht durchsetzbaren Abbau bestehender, bizarrer Kuriositäten dieser Art.

Schön wäre es, auf genau diesem Niveau erstmal z. B. mit den zwei folgenden, besonders naheliegenden Tatbeständen anfangen zu können. Zu denen mir als Unternehmer die Interessenvertretung durch die zuständigen Standesorganisationen vollkommen zu fehlen scheint. Ja, die mir von meiner "Interessenvertretung" sogar absurd gehegt und gepflegt zu werden scheinen:

- Regelhafte FAM- und Ausgangsmaterial-WE-Prüfungen (haben andere Länder im Zuge der verschärften QS-Bestimmungen für die Ausgangsmaterial-Produzenten längst abgeschafft, die deutschen Apotheker-Verbände scheinen nicht interessiert)
- Strengstmögliche Auslegung eines verfassungsrechtlich weiterhin höchst fragwürdigen Gesetzestextes zur zwingenden Umrüstung von Bestandsapotheken auf "Barrierefreiheit" durch die eigenen Kollegen (die Ärzte würden dem Gesetzgeber was husten; die Apotheker haben sich´s wohl sogar selber vorauseilend in die Betriebsordnung geschrieben, und die Verbände verweigern diesbezüglich wohl daher jegliche Positionierung zugunsten betroffener Apotheken).

Vom völligen Fehlen des Einsatzes für eine auskömmliche Rezeptur-Honorierung gar nicht zu reden ....... Ich hoffe, dass Sie verstehen, dass eher auch nüchtern-betriebswirtschaftlich orientierte Kollegen wie ich diesen ganzen EIGENEN Unsinn für mindestens genau so schlimm wie den Präqualifizierungs-Quatsch halten. Und daher hier DRINGENDEN, Apotheker-standesinternen Diskussions- und Handlungsbedarf sehen.

Kossendey/Luft/Müller

von joe black am 05.05.2016 um 13:43 Uhr

meinen höchsten respekt und dank für ihre analyse und gedankenanstöße.
jetzt fehlt nur noch der hinweis, dass die mitgliedsbeiträge bei den vereinen/verbänden sinnlos verprasst werden für projekte (z.B. himi-verträge verwalten), die keinen ausser einigen wenigen vorstandsmitgliedern oder angehörige der vereinsmeierfamilienclane (gibt es bei uns in bayern genügend, siehe KU...) interessieren dürfte. von den abs-massnahmen für arbeitslose rechtsverdreher bei 34 (!) organisationen ganz zu schweigen. wann kommt der druck von der basis gegen die einigeler von berlin-mitte?

dann fehlt auch noch ein bissiger kommentar zur apobetro und ihren offensichtlichen scheinselbständigkeiten. was glaubt eigentlich die abda, wenn sie öffentlich behauptet, der barrierefreie umbau aller apotheken sei seit jahren reibungslos abgelaufen? es bestehe kein grund mehr diese "enteignung" zu subventionieren oder zu bekämpfen. genauso ist es doch auch mit dem doku-wahn gelaufen, den keiner angeht. kapiert eigentlich bei den kammern niemand, dass es nicht die verweigerer sind, die dem rezeptur-image schaden zufügen? es sind die kunden, die uns davonlaufen, weil sie nicht mehr auf ihre salben stunden- oder tagelang warten wollen. warum hat man uns eigentlich nicht ein wenig defektur in der rezeptur gelassen? das sägt gewaltig an unseren berufsfesten und trocknet auf dauer unsere fachkompetenz aus.
und was liest man noch hier? die kammern halten es für gerechtfertigt, dass der pharmrat fachwissen abfrägt und arz unterlagen prüfen soll, wievel rezepturen abgerechnet wurden.. meiner hat mir neulich vorgerechnet, dass bei protokollierten 3 kg kamillentee-einkäufen und -abfüllungen mindestens 100 g nicht protokolliert waren.

"ihr seid doch wirklich nur noch schubladenzieher, akademisierte!" meinte kürzlich ein verärgerter kunde, weil er wegen wechsel der rabattverträge wiederkommen sollte - und er hatte recht!!

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Wenn das Wörtchen "Wenn" nicht wär'...

von Thomas Luft am 05.05.2016 um 0:53 Uhr

Es wäre so schön. Bei jedem Landesverband (nicht bei den Kammern, da geht das nicht) ausreichend Kollegen bei der offiziellen und einmal jährlich stattfindenden "Mitgliederversammlung" da zu haben mit denen man was reißen kann.

Mit denen man die Fusion der LAVs zum DAV vorantreiben kann, damit wir insgesamt schlagkräftiger werden.

So lange aber mein Nachbar Angst davor hat, dass ich ihm was wegnehme und er ansonsten gut mit dem "Status quo" leben kann, weil er einen Vorteil für sich darin sieht. So lange wird auch nichts in Richtung "Super-DAV" passieren.

Die Landesverbände sind -wie die Kammern- zu zerstritten um eine gemeinsame Basis, einen DAV, in den ich als Einzelmitglied eintrete, zu etablieren. Dazu bedarf es Satzungsänderungen. Und die können nur die Mitglieder fordern und bewirken!

Der Weg durch die Instanzen macht wenig Sinn, da stimme ich Kollege Müller voll zu.
Der Weg zu den Kollegen, die den Verband verändern können, ist schon lange überfällig! Aber wenn mich mein Kollege als lästigen Konkurrenten ansieht, wird er diesen Weg mit mir nicht gehen.

Von daher hat jeder mit uns leichtes Spiel: die Politik, weil wir so uneinig sind, die Großhändler, weil wir so dumm sind und uns nicht austauschen, der Kunde, weil er im Internet bestellt, weil wir unseren Mehrwert nicht rüberbringen und stattdessen lieber mit Ramschpreisen hausieren gehen.

Wozu das führen wird haben einige wenige schon erkannt: die Filial- und Familienverbünde werden in naher Zukunft das Sagen haben und den Rest einfach plätten. Zusammen mit DocMorris und Co wird es dann zwar noch Apotheken geben, aber lange nicht mehr soooo dumm und kulant wie heute.

P.S.: Liebe DAZ, schafft euch mal ein vernünftiges Kommentarsystem an, das einen benachrichtigt, wenn jemand auf einen Kommentar geantwortet hat. Ihr hinkt den Kollegen von apotheke-adhoc leider hoffnungslos hinterher (so ähnlich geht es aber auch uns Apothekern in der freien Wildbahn, die immer nur verhindern und nicht gestalten wollen).

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AW: Kann man was ändern?

von Ulrich Ströh am 05.05.2016 um 12:15 Uhr

Trefflich analysiert,Herr Kollege Luft!

So isses und so wird es bleiben.
Besserung ist m.E. nicht in Sicht innerhalb von tausend Tagen...
Und ob wir nun hier diskutieren oder nicht!
Der Zustand bleibt , wie er ist .

Wo geht die Reise hin, wem nutzt es?

von Reinhard Herzog am 04.05.2016 um 23:51 Uhr

Langfristige Bestandsreduzierung durch Vergrämung - die aus einem ganzen "Maßnahmenpaket" selbst induzierter Erschwernisse besteht. Schüren der Unzufriedenheit und Sprengen des Systems von innen.

Bis dahin noch ausnehmen wie die sprichwörtliche Weihnachtsgans.

Ist doch ein interessantes Geschäftsmodell - zu wessen Nutzen, mit welchem Ziel? Wer zieht im Hintergrund die Strippen?

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Wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt...

von G. Jahn am 04.05.2016 um 22:06 Uhr

Bravo in der Tat!

Der Doppelcharakter der „Präqualifizierung“ in der jetzigen Form als ABM und Bespitzelungsinstrument muss leider weiter angeprangert werden - als Minimalvoraussetzung für notwendige Veränderungen. Die Gedanken von W.M. zur Wiedererlangung einer gehörten Stimme oder besser so etwas wie Souveränität der Basis der selbständigen Apotheken gegenüber ihrer Interessenvertretung(en) beschreiben das aktuelle Dilemma. Dabei ist Präqualifizierung nicht das einzige und schon gar nicht das eigentliche Thema, das uns umtreibt.

Vielleicht lohnt ein Blick auf die allgemeine politische Landschaft in diesem Land, um zu einer Einschätzung bezgl. der Effektivität bestimmter Maßnahmen zu kommen.

1. Gremienbasierte Opposition: der Weg durch die Instanzen: kann alles bewirken, ist aber wie von W.M. schon beschrieben abhängig davon, dass sich geeignete „Kämpfer“ zusammenschließen und sich mit sehr hohem persönlichen Einsatz über einen eher langen Zeitraum engagieren.
2. Gremienorientierte Opposition: Petitionen (gibt es so etwas überhaupt in den „Statuten“ oder braucht es dafür noch den bootstrap?, Mitgliederbefragungen (dito)
3. Außerinstitutionelle Opposition: Publizität (Internet sei Dank lässt sich das nicht so leicht nehmen), passiver Widerstand (Austritte, Verweigerungen etc., teilweise problematisch), Demos (wohl eher etwas für Aktionen mit stärkerem Fokus auf Außenwirkung)

Meine laienhafte Einschätzung: 3 kommt vor 2 kommt vor 1, weil schneller und niedrigschwelliger. Ohne 2 und 1 mit gremieninternem Politikwechsel kommt es später zur Spaltung, wenn der aktuelle Kurs beibehalten wird. 3 passiert schon. Bei 2 gibt es Ansätze („Mitmachverband“, Gesprächsrunden), die allerdings noch keine große Kurskorrektur bewirken konnten. Es bleibt zu hoffen, dass sich 1 noch rechtzeitig aus 2 entwickelt...

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Stampede; und keine Cowboys weit und breit?

von Wolfgang Müller am 04.05.2016 um 18:49 Uhr

Treffend beschrieben, erneut bravo. Es ist ein bemerkenswert beängstigendes und Luft abschnürendes Phänomen, mit dem wir es da bezüglich unserer "Selbstverwaltung" zu tun haben.

Es ist irrerweise noch nicht einmal ganz sicher, ob das bei den meisten beteiligten "Kollegen" bewusst rational gesteuert passiert. Ich sehe den "Kollegen"-Apparat, der sich diese ganzen Überregulierungen zum größten Teil sogar selbst ausdenkt (ApoBetrO 2012 mit Tee-Ecke, rechtsferner Barrierefreiheits-Verpflichtung für Bestands-Apotheken usw. usf.), zum etwas kleineren Teil durch Vertragsabschlüsse mit verursacht ("Prä"-Qualifizierung etc.), inzwischen eher als triebhafte Herde. Die mittelfristig alles platt walzt, was derzeit nicht deutlich über 2 Mio. Umsatz hat ("Die schaffen ja auch nicht unser Kammer-QM").

Und klar, bei der Gelegenheit Umsätze und ins Maßlose wuchernde Beschäftigungsmöglichkeiten für AVOXA, WEPA und Co. generiert. Sowie immer mehr Macht-Ausübung inkl. immer charmanterer Apotheken-Kontrollen für "Unsere Interessenvertretung" ermöglicht, zumindest für den Kammer-Teil.

Insofern: Habe bisher keine Ahnung, was und wer der BVDA wirklich ist, der sich uns allen gerade als Alternative zur Herstellung eines Gleichgewichts zwischen Kammer-ABDA und einer echten Interessenvertretung der Selbständigen anbietet. Und was er leisten könnte, wenn sehr viele dahin gehen würden. Das muss mal geprüft werden. Fakt ist aber: GENAU SO ETWAS überregional Wirkungsvolles brauchen wir Selbständigen dringend. Zur Wiederherstellung eines Gleichgewichts mit der immer mehr Angestellten- und Kontrollfreak-dominierten ABDA.

Und ob der DAV sich in diesem Sinne SCHNELL selbst erneuern kann - dürfen wir das wirklich hoffen? Zu diesem Zweck anzuregen, "Gehen Sie durch die Gremien" oder "Mehr Wahlbeteiligung" ist ein höhnisches, reines Killer-Argument, solange es NIRGENDS eine seriöse und Tacheles redende, echte und wählbare Oppositions-Gruppierung gibt.

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