Acht neue Wirkstoffe für die Substitutionsausschlussliste

Die zweite Tranche kommt

Berlin - 22.04.2016, 17:45 Uhr

Wichtig für Apotheker: Josef Hecken (re.) und der zweite Unparteiische im G-BA, Harald Deisler, gaben am Donnerstag weitere Wirkstoffe bekannt, die in der Apotheke nicht mehr ausgetauscht werden dürfen. (Foto: G-BA)

Wichtig für Apotheker: Josef Hecken (re.) und der zweite Unparteiische im G-BA, Harald Deisler, gaben am Donnerstag weitere Wirkstoffe bekannt, die in der Apotheke nicht mehr ausgetauscht werden dürfen. (Foto: G-BA)


Phenprocoumon, etwa Marcumar®, sowie verschiedene Opioidanalgetika und Antikonvulsiva dürfen in der Apotheke künftig nicht mehr durch ein wirkstoffgleiches Produkt ersetzt werden. Sie befinden sich in der zweiten Tranche der Substitutionsausschlussliste, die der Gemeinsame Bundesausschuss am Donnerstag beschlossen hat.  

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 21. April neue Wirkstoffe festgelegt, die nicht mehr der generellen Substitutionspflicht unterliegen. Selbst bei pharmazeutischen Bedenken darf die Apotheke sie nicht eigenmächtig substituieren.Sie werden nun in die Anlage VII Teil B seiner Arzneimittel-Richtlinie aufgenommen.

Dabei handelt es sich um folgende Wirkstoffe:

  • die zur Schmerzbehandlung eingesetzten Opioide Buprenorphin (Pflaster), Oxycodon (Retardtabletten), Hydromorphon (Retardtabletten), soweit sie eine unterschiedliche Applikationshöchstdauer bzw. -häufigkeit aufweisen,
  • die zur Behandlung der Epilepsie eingesetzten Wirkstoffe Phenobarbital (Tabletten), Primidon (Tabletten), Carbamazepin (Retardtabletten) und Valproinsäure (Retardtabletten) sowie
  • der zur Blutgerinnungshemmung eingesetzte Wirkstoff Phenprocoumon (Tabletten).

Dissens ausgeräumt

„Die zweite Tranche der Substitutionsausschlussliste umfasst Wirkstoffe aus Therapiefeldern, für die bei der ersten Tranche keine abschließende Prüfung möglich war“, erklärte Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA. Bei den Wirkstoffen Carbamazepin, Valproinsäure und Primidon hatte es anfänglich „dissente Positionen“ im G-BA gegeben. Doch der Beschluss am Donnerstag erfolgte einvernehmlich, der Dissens wurde zurückgezogen und nicht diskutiert.

Geprüft wurden überdies Inhalativa zur Behandlung von Asthma bronchiale/COPD und äußerlich anzuwendende Dermatika zur Behandlung der Psoriasis sowie weitere Wirkstoffe, die im Stellungnahmeverfahren für eine Aufnahme in die Liste vorgeschlagen wurden. Für sie sah der G-BA die Kriterien für die Notwendigkeit eines generellen Aut-idem-Verbots jedoch letztlich als nicht erfüllt an. Doch Hecken betont: „Unbenommen davon besteht aber auch hier für jeden Arzt die Möglichkeit, die gegenseitige Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel aufgrund patientenindividueller und erkrankungsspezifischer Aspekte auszuschließen“. 

Den Wunsch nach der Aufnahme weiterer Wirkstoffe sowie Bedenken – etwa weil das Aut-idem-Kreuz zu wenig genutzt werde – hatten Patientenvertreter vorgetragen. Stimmberechtigt sind diese jedoch nicht und letztlich trugen sie den Beschluss mit.

Mehr Zeit für Umsetzung

Bis zum Inkrafttreten der zweiten Tranche wird es noch etwas dauern. Der Beschluss des G-BA wird zunächst dem Bundesministerium für Gesundheit zur Prüfung vorgelegt. Dieses hat dafür grundsätzlich zwei Monate Zeit. Hat das Ministerium Nachfragen, kann sich die Frist verlängern. Läuft die Frist beanstandungslos ab, kann die Veröffentlichung im Bundesanzeiger erfolgen. Am ersten oder fünfzehnten Tag des auf die Veröffentlichung folgenden Kalendermonats – frühestens vier Wochen später – wird der Beschluss in Kraft treten. Damit sollte diesmal ausreichend Zeit sein, die Apothekensoftware auf die Neuerungen vorzubereiten und damit ein Chaos wie beim Inkrafttreten der ersten Tranche zu vermeiden.

Hintergrund

Ursprünglich hatten Deutscher Apothekerverband und GKV-Spitzenverband die Substitutionsausschlussliste erstellen sollen. Doch einig wurden sie sich nicht, die Schiedsstelle musste angerufen werden und es ging viel Zeit ins Land. Daraufhin übertrug der Gesetzgeber diese Aufgabe dem G-BA mit Wirkung zum 1. April 2014. Er gab dabei vor, dass vor allem Arzneimittel mit geringer therapeutischer Breite berücksichtigt werden sollen (§ 129 Abs. 1a Satz 2 SGB V). Der G-BA hat mit Beschluss vom 18. September 2014 erstmals über Arzneimittel zur Aufnahme in die Substitutionsausschlussliste entschieden. Seit Dezember 2014 ist diese gültig.

Beschlusstext und tragende Gründe finden Sie auf den Internetseiten des G-BA.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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2 Kommentare

Substitutionsausschluss,ein im Wort begründeter Schwachsinn!

von Heiko Barz am 23.04.2016 um 13:30 Uhr

Wie erquicklich,
ein neues Retaxpotiental der KKassen, die ihre ausgelagerten Retaxfirmen mit neuem Material überschütten, damit sie weiter ihr lästiges Unwesen vorantreiben können.
"Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt, ja, ja, ja jetzt wird wieder..............."
Die Band hieß " Geier Sturzflug " fast ein berufliches Synonym für uns ?

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Suppenauslöffelliste

von Bernd Jas am 23.04.2016 um 9:43 Uhr

Wir haben Phenprocoumon schon nicht ausgetauscht, da wussten die vom G-BA noch nicht wie man Substitutionsausschlussliste schreibt.

Ich freu´ mich schon auf die Telefoniererei und die Lauferei um die Änderungen von BTM-Rezepten. Am besten wir verteilen schon mal prophylaktisch Sedaprazol an sämtliche Praxen, damit die nicht so schnell angeätzt sind wenn WIR Bürokraten schon wieder was wollen.

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