Finanzierung von Umbaumaßnahmen

ABDA sieht keine Probleme mit Barrierefreiheit

Berlin - 22.04.2016, 13:00 Uhr

Recht auf Fördermittel: Ärzte könnten schon bald Finanzspritzen für Baumaßnahmen zur Barrierefreiheit bekommen. Und Apotheker? Die ABDA hält sich bedeckt. (Foto: Mrcmos / Fotolia)

Recht auf Fördermittel: Ärzte könnten schon bald Finanzspritzen für Baumaßnahmen zur Barrierefreiheit bekommen. Und Apotheker? Die ABDA hält sich bedeckt. (Foto: Mrcmos / Fotolia)


Die Bundesregierung will Ärzte finanziell unterstützen, wenn sie ihre Praxis barrierefrei umgestalten. Auch die Apotheker müssen seit 2012 einen behindertengerechten Zugang zur Offizin gewährleisten, Finanzspritzen für Umbaumaßnahmen gibt es aber nicht. Die ABDA hat damit offenbar keine Probleme.

Es geht um den Nationalen Aktionsplan 2.0 und damit verbundene Fördermittel in Millionenhöhe. Der Aktionsplan der Bundesregierung hat zum Ziel, die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland umzusetzen. Konkret soll das Leben von behinderten Menschen und Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen in allen Bereichen der Gesellschaft erleichtert werden.

Im November hatte die Bundesregierung dazu einen ersten Arbeitsentwurf vorgestellt, 132 Seiten voller Maßnahmen und Vorschläge. Ein Teil des Aktionsplans dreht sich um den barrierefreien Zugang zu Arztpraxen. Die Bundesregierung schlägt vor, den Ärzten „weitere regulatorische“ Anreize für einen Umbau zu gewähren. Neben Umbaumaßnahmen sollen auch Angebote unterstützt werden, die sich beispielsweise an Blinde oder Gehörlose richten, wie etwa einen besonderen Internetauftritt. Die Ausgaben der Ärzte in diesen Bereichen will die Bundesregierung subventionieren. So soll geprüft werden, ob das Fördermerkmal „Barrierefreiheit“ bei KfW-Förderprogrammen so ausgestaltet werden kann, dass auch Ärzte und Zahnärzte von den Fördermitteln profitieren können.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) begrüßt diesen Vorstoß der Bundesregierung. Öffentlichkeitswirksam teilte man per Pressemitteilung und Pressekonferenz mit, dass insbesondere die sogenannten Bestandspraxen finanzielle Hilfen benötigen, wenn sie den barrierearmen Aus- oder Umbau planen. „Ein barrierearmer Aus- oder Umbau gerade von Bestandspraxen nach den gültigen Bauvorschriften ist in der Regel mit hohen Kosten verbunden, die durch die ärztliche und zahnärztliche Vergütung in keiner Weise gedeckt sind“, teilte die KBV mit.

Staatliche Fördermittel auch für Apotheker?

Aus Sicht der Apotheker stellt sich die Frage, welche Art von Unterstützung es beim Ausbau von Apotheken gibt. Denn seit der Novellierung der Apothekenbetriebsordnung im Jahr 2012 steht fest: Jeder Apotheker muss einen barrierefreien Zugang zur Offizin gewährleisten. „Die Offizin muss einen Zugang zu öffentlichen Verkehrsflächen haben und soll barrierefrei erreichbar sein“, heißt es in Paragraf 4. Im Nationalen Aktionsplan 2.0 sind bislang allerdings nur Arztpraxen genannt, von Apothekern ist keine Rede.

Auf Nachfrage, ob Apotheker aus Sicht der Standesvertretung auch Recht auf staatliche Fördermittel haben sollten, sagte ein ABDA-Sprecher:


„Mit der Novellierung der Apothekenbetriebsordnung im Jahr 2012 wurde die Vorgabe verankert, dass die Offizin barrierefrei erreichbar sein soll. Diese Vorgabe dürfte bereits damals von den allermeisten Apothekenbetrieben erfüllt worden sein.“


Nach der Novellierung der ApBetrO sorgte der Paragraf zur Barrierefreiheit für große Diskussionen unter den Apothekern. Unklar war beispielsweise, welche Apotheken von der „Soll-Bestimmung“ überhaupt unmittelbar betroffen sind. Der ABDA-Sprecher wies darauf hin, dass nicht jede Apotheke umbauen musste.

Baumaßnahmen seien „unter Prüfung der Mach- und Zumutbarkeit anhand der Besonderheiten jedes Einzelfalls“ erforderlich. Und weiter: „Nach unseren Erkenntnissen führt dies zu sachgerechten Lösungen im Einzelfall. Probleme sind uns fast vier Jahre nach Inkrafttreten der neuen Regelungen aus der Praxis nicht bekannt.“ Auf die Nachfrage hinsichtlich der Finanzierung eventueller Baumaßnahmen antwortete der ABDA-Sprecher nicht.


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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7 Kommentare

Barrierefreiheit

von Thomas Mucha am 24.04.2016 um 20:27 Uhr

Das ist ja wohl eine absolute Frechheit. Ich selbst habe auf Druck des Pharmazierates schließlich den ganzen Laden umkrempeln müssen, habe natürlich keinen Cent aus irgendeinem staatlichen Fördertopf gesehen. Dass die Herren Doktoren nur dann was anschaffen, wenn's bei Ihnen selbst keine Kosten verursacht, ist ja nichts Neues, zeigt aber einmal mehr, wo die Apotheker in der Reihe der Gesundheitsberufe stehen, die Deppen der Nation, die alles bezahlen und machen, was Politik und Standesvertretu g (wofür brauch ich die eigentlich?) vorgeben.

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Barrierefreiheit

von joe black am 24.04.2016 um 16:17 Uhr

was weiss die ABDA eigentlich noch über die basis? was will sie aussagen mit dem hinweis, alle apotheken seien schon umgerüstet und das ganze sei ohne probleme über die bühne gegangen? ist das ernst gemeint?
dank der willkür der beamten ("was geht mich eine angebliche vereinbarung der pharmazieräte an? hier herrscht mein gesetz!") wird bei dieser soll-vorschrift immer mehr ausgedehnt:.
mir sind fälle bekannt, wo kollegen gezwungen werden, für ihre vorhandenen eingänge automatische öffner einzubauen, wenn sich rollator oder rollstuhl auf einen meter der apotheke nähern. warum? dann soll die 3. toilette für handycapers demnächst eingebaut werden. absagen des denkmalschutzes an geplante umbaumassnahmen werden nur für eine verlängerung der übergangsfrist bis zur schliessung genutzt. aber das schlimmste steht noch bevor, wenn eines tages die geschäftsübergabe nicht mehr möglich ist, weil die apotheke nicht bearrierefrei erreicht wird. dann schlägt das damoklesschwert zu und lässt die letzte rentenaufbesserung auch noch die rampe runterlaufen. was sind das für dilettanten, die so etwas behaupten können, es sei alles perfekt über die bühne gegangen....

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schikanöse ABDA

von Karl Friedrich Müller am 22.04.2016 um 17:51 Uhr

Die ABDA hat nie ein Problem damit, die Apotheken zu schikanieren. Und auch kein Problem damit, dass Apotheken alles umsonst, kostenlos und gratis anbieten.
Sogar bei der Korruption will man dabei sein, son wird man nicht für "voll" genommen.
Bei der Führung nimmt uns sowieso niemand für voll.

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Warum nicht gleich ein Spendenaufruf??

von Armin Spychalski am 22.04.2016 um 8:30 Uhr

Wohin darf ich überweisen? Wie lautet das Spendenkonto notleidender Ärzte?

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Hirnfrei

von Reinhard Rodiger am 21.04.2016 um 20:13 Uhr

Kostenintensive, existenzbedrohende ,realitätsferne Forderungen an die eigene Klientel zu stellen ist sanft gesagt:völlig HIRNFREI und achtunglos. Angemessene Forderungen entfallen auf allen Ebenen, es scheint nur darum zu gehen, 50% (wie vor 10 Jahren angekündigt) der Apotheken zu eliminieren. Dazu passt, die eigenen Leute der Politik immer als noch nicht ganz qualifizert, überzogen und alltagsfern zu präsentieren.Ergänzend braucht nur der Präsident seine Verachtung kaufmännischer Gegebenheiten darlegen, dann haben die ettwa 60% keine Chance mehr.

Keine Antwort auf Beleidigungen aller Art,aber keine selbstinduzierten Probleme sehen, einfach Spitzenleistungen der Vernachlässigung vitaler Aufgaben.

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Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht ...

von Kerstin Kemmritz am 21.04.2016 um 17:32 Uhr

Der Wahrnehmung des ABDA-Sprechers kann ich mich ganz und gar nicht anschließen. Es reicht, mit offenen Augen beispielsweise durch Berlin zu fahren, da fallen einem regelmäßig alles andere als barrierefreie Apotheken auf! Dabei sind die Stufen das Eine, die Automatiktür das Andere. In diese Thematik sind bereits 100 Tausende Euro versenkt worden, ohne dass da ein Ende abzusehen ist!

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Keine Probleme?

von Wolfgang Müller am 21.04.2016 um 17:03 Uhr

Ein sehr böser, für mich sehr persönlich geradezu gruseliger Scherz der ABDA, dass es bei Apothekern mit der geforderten Barrierefreiheit "Keine Probleme" gibt. Im Mai 2012 war ich in Berlin der Erste (vielleicht sogar bundesweit), den beim Genehmigungsverfahren für einen Apotheken-Kauf diese "Soll"-Bestimmung wie ein Blitz aus heiterem Himmel traf. Die Behörde musste sich auch erst einarbeiten, und wäre zum damaligen Zeitpunkt wohl genauso froh wie ich gewesen, wenn es bereits irgend eine klare Rechtslage gegeben hätte. Egal ob so oder so.

Für mich und erste befragte Rechtsanwälte war damals und ist immer noch VOLLKOMMEN KLAR: Es gibt keine verfassungsrechtliche Grundlage dafür, dass Bestands-Apotheken aufrüsten müssen, egal ob mit Verkauf oder ohne. Einzelne Aufsichtsbeamte sehen das inzwischen genauso. Es scheint inzwischen vielmehr so, dass "Die Apotheker" bloß nicht dagegen vorgehen, weil es eine EIGENE standespolitische Entscheidung war, das Ganze überhaupt in die ApoBetrO zu bringen.

Ich war - damit der Kauf nicht ganz scheitert - wegen der noch unklaren Lage und aus Zeitdruck noch nicht einmal völlig abgeneigt, "die Barrierefreiheit herzustellen". Eben aus genau diesen schlichten Zeitgründen habe ich das dann auch schnell und heftig durchpauken müssen. Keiner kann sich vorstellen, welche formalen Hindernisse dann trotzdem noch zu überwinden waren. Die Rampe ist übrigens über 20 m lang. Zum Glück war die Behörde nach anfänglicher Unklarheit, wie zu verfahren sei, dann doch sehr konstruktiv. .

Zunächst - und jetzt wird es erst interessant - hatte ich meinen Fall allerdings dem Verband als Präzedenzfall angeboten, um im Sinne aller möglicherweise in Zukunft auch betroffenen Kolleg/innen das einmal fair zu klären. So dass alle Apotheken auch ohne "Herstellung der Barrierefreiheit" problemlos verkäuflich bleiben würden. Vollkommen sicher in der Annahme, dass das auf allergrößtes Interesse stoßen würde. Über den weiteren Verlauf dieses offensichtlich sehr naiven Ansinnens will ich schweigen, um mich nicht selber formaljuristisch angreifbar zu machen. Nur so viel: Hätte es damals dieses von der ABDA bestrittene "Problem mit der Barrierefreiheit" und den um ein Haar deswegen gescheiterten Kauf einer sehr guten Apotheke nicht gegeben (und meinen Versuch einer diesbezüglichen Zusammenarbeit - ja - indirekt mit "Der ABDA"): Man hätte von mir wahrscheinlich zu diesem und anderen Themen weder hier, noch im Print, noch bei AdHoc jemals irgendwelche kritischen Anmerkungen zur "Standesvertretung und -politik" gelesen!

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