Beratungs-Quickie

Antiallergika für eine junge Patientin

München - 14.04.2016, 12:00 Uhr

(Foto: pix4U / Fotolia)

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Welche Punkte sind bei der Beratung wichtig? Was für Zusatzinformationen kann man geben? Im „Beratungs-Quickie“ stellen wir jede Woche einen neuen Fall vor. Diesmal geht es um eine Verordnung über eine antiallergische Kombinationstherapie für eine junge Heuschnupfenpatientin.

Mutter und Tochter lösen in der Apotheke eine Verordnung der Kinderärztin über antiallergische Augentropfen und Tabletten ein. Die Medikamente sind für das zwölfjährige Mädchen, das seit seinem dritten Lebensjahr unter Heuschnupfen leidet und beide Arzneimittel bereits kennt.

Formalien-Check

Ein Grünes Rezept dient in erster Linie als Merkhilfe für den Patienten. Sind apothekenpflichtige Arzneimittel verordnet, ist keine formale Kontrolle notwendig.Verordnet sind die beiden apothekenpflichtigen Arzneimittel Vividrin® Augentropfen N1 und Lorano® akut Tabletten N1. Abzugeben sind laut Rezept Vividrin® Augentropfen 10 ml (N1) und dem Bedarf entsprechend 7, 14 oder 20 Stück Lorano® akut Tabletten. Wobei letztere Packungsgröße der Normgröße N1 zugeordnet ist. Da es sich um nicht-verschreibungspflichtige Präparate handelt, kann auf Patientenwunsch auch jede andere Packungsgröße abgegeben werden. 

Die beiden apothekenpflichtigen Medikamente sind nur für Kinder bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr oder bei Jugendlichen mit Entwicklungsstörungen unter 18 Jahren durch die GKV erstattungsfähig. In bestimmten Fällen gehören Antihistaminika auch zum Therapiestandard (siehe OTC-Ausnahmeliste). Die Patientin trägt die Kosten selbst. Bei manchen gesetzlichen Krankenkassen kann ein quittiertes Grünes Rezept jedoch zur Voll- oder Teilerstattung eingereicht werden. Welche Kassen rezeptfreie Präparate erstatten und welche Regeln dabei gelten, finden Sie hier. Gibt es keine Erstattung der Krankenkasse, kann das Grüne Rezept bei der jährlichen Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden.

Das Grüne Rezept gilt in diesem Fall unbegrenzt.

Beratungs-Basics

Es ist wichtig, die junge Patientin in das Beratungsgespräch miteinzubeziehen und nicht über ihren Kopf hinweg nur mit der Mutter zu sprechen.

Die Therapie umfasst eine Kombination aus einem lokalen und systemischen Antiallergikum.

Die Augentropfen enthalten den Wirkstoff Natriumcromoglicat, der die Histaminfreisetzung aus den Mastzellen unterdrückt. Das Arzneimittel dient als Basisbehandlung bei allergisch bedingter Konjunktivitis (leichter bis mäßiger Schweregrad). Die Wirkung tritt erst verzögert nach einigen Tagen ein. Daher ist das Arzneimittel nur zur Prophylaxe bzw. zur Langzeit- oder Dauertherapie geeignet. Aufgrund seiner sehr guten Verträglichkeit kann der Wirkstoff ohne Bedenken auch bei Kindern und Säuglingen während der gesamten Pollensaison oder bei Bedarf auch ganzjährig zum Einsatz kommen.

Die Dosierung für Erwachsene und Kinder ist identisch. Sie beträgt viermal täglich je einen Tropfen in jedes Auge. Eine regelmäßige Anwendung ist wichtig. Die Tagesdosis kann bei Bedarf auf achtmal täglich je einen Tropfen in jedes Auge gesteigert werden. Nach Erreichen der therapeutischen Wirkung können die Dosierungsintervalle verlängert werden. Die Behandlung sollte so lange fortgeführt werden, wie die Patientin den Allergenen ausgesetzt ist.

Die Augentropfen werden mit sauberen Händen und ohne die Tropfspitze zu berühren, bei leicht zurück geneigtem Kopf, möglichst in den äußeren Augenwinkel getropft. Dafür wird das Unterlid mit einem Finger heruntergezogen und ein Tropfen in den Bindehautsack eingebracht. Anschließend ist das Auge für wenige Minuten geschlossen zu halten. Um den Abtransport des Wirkstoffs zu verlangsamen, wird mit einem Finger leichter Druck auf den Tränenkanal ausgeübt.

Der H1-Rezeptor-Antagonist Loratadin gehört zu den wenig sedierenden H1-Antihistaminika der zweiten Generation. Die Tabletten werden zur symptomatischen Therapie der allergischen Rhinitis und der chronischen idiopathischen Urtikaria eingesetzt.

Kinder über zwölf Jahre erhalten die Standarddosierung von einmal einer Tablette täglich, entsprechend 10 mg Loratadin.Kinder mit einem Körpergewicht unter 30 kg erhalten die halbe Dosis.

Die Tabletten werden unabhängig von den Mahlzeiten mit etwas Flüssigkeit eingenommen. Bei einer Einnahme mit Nahrung kann die Resorption geringfügig verzögert werden, was jedoch die Wirksamkeit nicht beeinträchtigt. Tritt als Nebenwirkung Schläfrigkeit auf, so empfiehlt sich die abendliche Einnahme.

Die Anwendungsdauer für Kinder mit einem Körpergewicht über 30 kg beträgt in der Selbstmedikation zwei Wochen. Prinzipiell entscheidet der behandelnde Arzt über die Dauer der Anwendung.

Auch noch wichtig

Selten können nach Applikation der antiallergischen Augentropfen leichte Reizungen am Auge auftreten. Auch die enthaltenen Konservierungsstoffe können zu Nebenwirkungen, wie Allergisierung und Geschmacksirritationen, führen. Eine mögliche Alternative wären konservierungsmittelfreie Einzeldosen.

Unmittelbar nach der Anwendung ist die Sehleistung für wenige Minuten durch Schleiersehen beeinträchtigt.

Kontaktlinsen sind vor dem Eintropfen herauszunehmen und erst fünfzehn Minuten später wieder einzusetzen. Grundsätzlich sollte bei allergischer Bindehautentzündung jedoch auf das Tragen von Kontaktlinsen verzichtet werden.

Die Tropfflasche ist gut verschlossen und lichtgeschützt (in der Faltschachtel) zu lagern. Die Augentropfen sind nach Anbruch vier Wochen verwendbar.

Der Wirkstoff Cromoglicinsäure ist auch als Nasenspray erhältlich. Da das Mädchen unter allergischer Rhinitis leidet, ist die Empfehlung einer Kombi-Packung aus Augentropfen und  Nasenspray sinnvoll. Bis zum Einsetzen der Wirkung und für akute, stärkere Heuschnupfenbeschwerden an Nase und Augen, empfiehlt sich zusätzlich die lokale Behandlung mit den H1-Antihistaminika Azelastin oder Levocabastin. Beide Wirkstoffe sind für Kinder zugelassen und haben einen schnellen Wirkeintritt nach 10 bis 15 Minuten.

Während die Einnahme von Loratadin bei Erwachsenen und Jugendlichen häufig zu Schläfrigkeit führt, sind bei Kindern von zwei bis zwölf Jahren Nervosität, Kopfschmerzen und Müdigkeit häufige Nebenwirkungen. Nur sehr selten tritt Benommenheit auf. 

Wechselwirkungen mit Ketoconazol, Erythromycin und Cimetidin sind zu beachten. Bei gleichzeitiger Anwendung kann die Wirkung von Loratadin verstärkt werden.

48 Stunden vor einer Hauttestung soll das Arzneimittel abgesetzt werden, weil sonst falsch negative Ergebnisse oder abgeschwächte positive Reaktionen auftreten können.

Scharfe Inhalationsmittel, vor allem solche mit ätherischen Ölen, sollten bei bestehender Allergie vermieden werden. Sie können die Nasenschleimhaut angreifen und die Sensibilität erhöhen.

Die regelmäßige Anwendung der Antiallergika ist zur Reduktion der Symptome und dadurch für die Lebensqualität (des Kindes) essenziell. Eine allergische Rhinitis muss rechtzeitig oder ausreichend behandelt werden, damit sie sich nicht zum allergischen Asthma ausweitet (sogenannter Etagenwechsel).

Der DAZ.online-Beratungsquickie

Jede Woche präsentieren wir einen kurzen Fall, wie er im Apothekenalltag vorkommen könnte. Die Fälle und die Beratungshinweise basieren auf dem Rezepttrainer 1, dem Rezepttrainer 2 und dem HV-Trainer, des Deutschen Apotheker Verlags.
Die Beispiele geben Anregungen zur Beratung und anderen Dingen, die bei der Abgabe zu beachten sind:

  • Formalien-Check: unter anderem Informationen zur Verordnungsfähigkeit sowie Gültigkeit des Rezeptes
  • Beratungs-Basics: die wichtigsten Informationen zur Anwendung
  • Auch noch wichtig: Infos zu häufigen Nebenwirkungen und anderen Anwendungsproblemen, Wechselwirkungen mit der Selbstmedikation, Warnzeichen für Komplikationen, …
  • Darf`s ein bisschen mehr sein? Weitergehende Informationen und mögliche Zusatzempfehlungen
Fehlt was?
Haben wir etwas Wichtiges übersehen, haben Sie noch eine weitere Idee oder gar einen ganz anderen Ansatz? Nutzen Sie die Kommentarfunktion und lassen Sie es uns wissen.

Darf´s ein bisschen mehr sein?

  • Eine vollständige Allergenkarenz ist meist nicht möglich, die Exposition gegenüber Allergenen sollte dennoch möglichst vermieden werden:

  • Als Ergänzung können z. B. homöopathische Einzel- oder Komplexmittel (wie Allergin®, Luffeel® comp. Heuschnupfenspray, Heuschnupfenmittel® DHU), gezielte Nahrungsergänzung mit Zink-Histidin, Calcium, Vitamin D3 und Omega-3-Fettsäuren sowie Akupunktur empfohlen werden.

  • Bei allergischer Rhinitis ist eine Nasendusche zu empfehlen.

  • Bei Pollenallergie besteht möglicherweise eine Kreuzallergie auf bestimmte Nahrungsmittel.

  • Bei starken Beschwerden ist eine Hyposensibilisierung durch einen Facharzt in Erwägung zu ziehen.

  • Die aktuelle Pollenflugvorhersage für den jeweiligen Standort finden Kunden im Internet. Verschiedene Firmen und Wetterdienste bieten dies an, zum Teil auch als Newsletter oder App. z. B. unter www.vividrin.de oder www.allergie.hexal.de, www.allergieratgeber.de; Apps (Beispiele): Pollen-Radar (AppStore oder Google Play), Pollenflug-Vorhersage (AppStore oder Google Play), Pollen-Alarm-App (AppStore oder Google Play)

    Die Mutter, die auch unter leichtem Heuschnupfen leidet, berichtet, dass auch sie Loratadin verordnet bekomme. Ihre Kasse erstatte ihr die Kosten für die Antiallergika mit Grünem Rezept. Sie schaffe es allerdings erst nächste Woche zum Arzt. Bis dahin könne sie sich ja bei den Loratadin-Tabletten ihrer Tochter bedienen. Sie habe zwar immer gedacht, dass sie sich als Mutter und Tochter hauptsächlich Dinge wie den Kleiderschrank und Kosmetika teilen, aber dann seien es nun eben auch Antiallergika.


Manuela Kühn, Apothekerin
redaktion@daz.online


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