Studie

Rauchen in der Schwangerschaft verändert Erbgut des Kindes

Heidelberg / Leipzig - 08.04.2016, 09:00 Uhr

Eine EMBO-Studie zeigt: Einer der häufigsten gefährlichen pränatalen Einflüsse ist Rauchen der Mutter. (Foto )

Eine EMBO-Studie zeigt: Einer der häufigsten gefährlichen pränatalen Einflüsse ist Rauchen der Mutter. (Foto )


Dass Rauchen in der Schwangerschaft dem Kind schadet, ist bekannt. Nun haben Forscher im Detail analysiert, wie Tabakrauch das Erbgut des Babys schädigt und zu späteren Erkrankungen beitragen kann.

Rauchen während der Schwangerschaft verursacht offenbar dauerhafte Veränderungen im Erbgut des Kindes, die das Risiko etwa für spätere Lungenkrankheiten erhöhen. Das zeigt eine Studie, in der deutsche Forscher das Erbgut rauchender und nichtrauchender Mütter sowie deren Nachwuchs systematisch miteinander verglichen. Über die Ergebnisse berichtet das Team um Irina Lehmann vom Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung und Roland Eils vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg im Fachblatt „Molecular Systems Biology“.

„Viele Hinweise deuten darauf hin, dass das frühe Leben und vor allem die vorgeburtliche Phase eine Zeit hoher Anfälligkeit gegenüber Umwelteinflüssen mit Folgen für das Krankheitsrisiko im späteren Leben sind“, schreibt das Team. „Einer der häufigsten gefährlichen pränatalen Einflüsse ist Rauchen der Mutter.“ Dies erhöhe Studien zufolge das Risiko etwa für spätere Lungenerkrankungen, Übergewicht und Krebs.

Verstärkung der Genregulation

Um die Auswirkungen mütterlichen Tabakkonsums auf das Erbgut des Kindes zu klären, verglichen die Forscher 16 Mütter - von denen die Hälfte rauchte - samt Nachwuchs. Das Team untersuchte das Blut der Frauen in der 36. Schwangerschaftswoche und das Blut der Kinder nach der Geburt und mehrfach bis zum Alter von vier Jahren. Dabei achteten die Forscher vor allem auf epigenetische Effekte - also Veränderungen, die mit dem Ab- und Anschalten bestimmter Gene zusammenhängen. So verhindert etwa das Anlagern von Methylgruppen - die sogenannte Methylierung - das Ablesen von Genen.

„Wir konnten zum ersten Mal zeigen, dass eine Belastung durch Tabakrauch auch epigenetische Veränderungen in Verstärkern der Genregulation, sogenannten Enhancern, hervorruft“, sagt Lehmann. „Wenn eine Enhancer-Region von den Wirkungen des Rauchens betroffen ist, kann dies zu einer Fehlregulierung von bis zu 100 Genen führen.“

Tabakrauch veränderte demnach mehr als 400 solcher Verstärker. Die betroffenen Gene seien an Diabetes, Fettleibigkeit und Krebs beteiligt, betonen die Forscher. So ist etwa das Enzym JNK2 (c-Jun N-terminal Proteinkinase 2) an der Entstehung von Entzündungsreaktionen beteiligt. Wird der Enhancer beeinflusst, der JNK2 aktiviert, kann das Risiko für Lungenerkrankungen im späteren Leben der Kinder steigen. „Ein Verlust der DNA-Methylierung im JNK2-Enhancer ging mit einem erhöhten Risiko von Kindern für spätere Symptome des Giemens einher.“ Dieses pfeifende Atemgeräusch bei Kleinkindern ist mit einer erhöhten Anfälligkeit für späteres Asthma verbunden.

Effekte halten Jahre an

Darüber hinaus fanden die Forscher, dass etwa drei Viertel jener epigenetischen Veränderungen, die sie schon bei der Geburt im Nabelschnurblut der Babys fanden, auch im Alter von vier Jahren vorhanden waren. Das deute darauf hin, dass solche Effekte über Jahre anhalten könnten, schreibt das Team. Unklar war allerdings, ob dies nur auf die Belastung mit Tabakrauch vor oder aber auch noch nach der Geburt zurückging. „Kinder, die vor der Geburt schon mit Tabakrauch belastet sind, sind es meist auch nach der Geburt“, räumt Lehmann ein.

Veränderungen des Erbguts können vermutlich auch durch andere vorgeburtliche Einflüsse verursacht werden, nehmen die Forscher an: „Eine weitere wichtige Frage ist, ob andere von der Mutter oder vom Vater übertragene Umweltveränderungen wie etwa psychischer Stress, Giftstoffe und Ernährung, die im Rahmen unserer Studie untersucht werden, ebenfalls Auswirkungen auf das Epigenom des Kindes haben.“


Walter Willems, dpa
redaktion@daz.online


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