Heilmittelgesetz in der Schweiz

Apotheker bekommen mehr Kompetenzen

Bern - 25.03.2016, 08:30 Uhr

Mehr Kompetenzen für Apotheker in der Schweiz: Arzneimittel dürfen zum Beispiel in manchen Fällen auch ohne Rezept abgegeben werden. (Foto: Schlierner / Fotolia)

Mehr Kompetenzen für Apotheker in der Schweiz: Arzneimittel dürfen zum Beispiel in manchen Fällen auch ohne Rezept abgegeben werden. (Foto: Schlierner / Fotolia)


Es war ein hartes Ringen. Nach über dreijähriger Debatte hat der Schweizer Bundesrat die zweite Teilrevision des Heilmittelgesetzes in der Schlussabstimmung verabschiedet. Sie bringt auch neue Kompetenzen für die Apotheker.

Das Heilmittelgesetz (HMG) regelt in der Schweiz die Abgabe und Zulassung von Arzneimitteln und Medizinprodukten. Es ist seit dem 1. Januar 2002 in Kraft. Das schweizerische Heilmittelrecht, zu dem zusätzlich zwei Verordnungspakete gehören, wurde in den letzten Jahren in zwei Etappen revidiert. Die 1. Etappe war zusammen mit den dazugehörigen Bundesratsverordnungen am 1. Oktober 2010 in Kraft gesetzt worden. Die 2. Etappe der Revision bringt nun erneut einen bunten Strauß von Änderungen, über die sich sowohl die Industrie als auch die Apotheker freuen können, zumindesten teilweise. Hier einige „Highlights“.

Zu den Hauptzielen der Revision gehört die Verbesserung der Arzneimitteltherapie bei Patienten mit einer seltenen Krankheit und bei Kindern. Für Arzneimittel gegen seltene Krankheiten gibt es einen Unterlagenschutz von 15 Jahren. Darum war lange gerungen worden, denn ursprünglich sollten es nur zehn Jahre sein. Außerdem bekommen die Antragsteller für neue Indikationen bekannter Wirkstoffe zehn Jahre Unterlagenschutz. Hiermit gehe die Schweiz weltweit voran, kommentiert der Verband der forschenden Pharmaunternehmen in der Schweiz diesen bahnbrechenden Schritt.

Außerdem gibt es neue Forschungsanreize für Kinderarzneimittel, und das Erfahrungswissen zur pädiatrischen Arzneimitteltherapie soll in einer nationalen Datenbank harmonisiert und breit zugänglich gemacht werden. Um den Marktzugang Komplementär- und Phytoarzneimitteln zu erleichtern, wird für diese  Präparate ein vereinfachtes Verfahren eingerichtet.  

Antikorruptionsregeln nur für Rx-Arzneimittel

Harte Diskussionen waren der Revision der Regelungen zur Verhinderung von Korruption im Gesundheitswesen (Verbot nicht-gebührender Vorteile) voraus gegangen. Der geänderte Passus im Heilmittelgesetz liest sich nun ansatzweise so ähnlich wie der deutsche Entwurf zum Antikorruptionsgesetz. Ein Verweis auf weiteres Berufsrecht findet sich dort nicht. Erst in einem Vermittlungsverfahren hatten der Ständerat und der Nationalrat ihre Differenzen darüber ausräumen können, ob das Verbot auch für rezeptfreie Arzneimittel gelten soll oder nicht. Nun sind diese wie auch andere Heilmittel explizit davon ausgenommen, allerdings kann der Bundesrat weitere Heilmittelkategorien dem Verbot unterstellen.

Rabatte und Rückvergütungen erlaubt

Keine nicht gebührenden Vorteile sollen sein: Vorteile von bescheidenem Wert, die für die medizinische oder pharmazeutische Praxis von Belang sind, Unterstützungsbeiträge für Forschung, Weiter- und Fortbildung, sofern bestimmte Kriterien erfüllt sind, oder auch beim Heilmitteleinkauf gewährte Preisrabatte oder Rückvergütungen, sofern sie keinen Einfluss auf die Wahl der Behandlung haben. Rabatte und Rückvergütungen müssen in den Geschäftsunterlagen dokumentiert und den zuständigen Behörden auf Verlangen hin offengelegt werden. 

Mehr Kompetenzen für die Apotheker

Schließlich sollen die Apotheker bei bestimmten Indikationen gewisse verschreibungspflichtige Arzneimittel ohne Vorliegen eines Rezeptes abgeben dürfen. Hiermit soll die Selbstmedikation vereinfacht werden. Um die Möglichkeit abzublocken, dass die über den Versandhandel geschieht, muss der Apotheker einen direkten Kontakt mit dem Kunden haben. Außerdem muss die Abgabe dokumentiert werden.

Der schweizerische Apothekerverband pharmaSuisse gibt sich in einer Pressemitteilung außerordentlich zufrieden mit dieser Erweiterung des Kompetenzrahmens für die Pharmazeuten. Die HMG-Revision stärke die Rolle der Apotheker in der Grundversorgung weiter, bilanziert pharmaSuisse-Präsident Fabian Vaucher. Dies sei nach der Revision des Medizinalberufegesetzes (MedBG), die den Apothekern mit entsprechender Ausbildung das Impfen und die Behandlung von häufig auftretenden Gesundheitsstörungen und Krankheiten ermöglicht habe, ein folgerichtiger Schritt. 

Nach der Verabschiedung der Revision durch das Parlament werden nun die notwendigen Ausführungsbestimmungen erarbeitet. Die Anhörung (Vernehmlassung) dazu soll im Frühjahr 2017 eröffnet werden. Danach soll entschieden werden, wann das Gesetz und die angepassten Verordnungen in Kraft gesetzt werden können. Anvisiert wird die Jahresmitte 2017.


Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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