Pflanzenschutzmittel Glyphosat

Bundesinstitut wirft Umweltverbänden Panikmache vor

Berlin - 14.03.2016, 20:00 Uhr

In der Landwirtschaft wird das Pflanzenschutzmittel Glyphosat weltweit eingesetzt. (Foto: oticki / Fotolia)

In der Landwirtschaft wird das Pflanzenschutzmittel Glyphosat weltweit eingesetzt. (Foto: oticki / Fotolia)


Glyphosatspuren im Urin oder im Bier machen schnell Schlagzeilen - aber wie gefährlich ist das Unkrautvernichtungsmittel tatsächlich? Das Bundesinstitut für Risikobewertung warnt vor Panikmache.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat Umweltverbänden und Grünen-Politikern die Verbreitung beängstigender Falschinformationen über das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat vorgeworfen. „Das Gerede von der angeblich glyphosatverseuchten Muttermilch ist Panikmache“, sagte BfR-Präsident Andreas Hensel dem „Spiegel“. „Ich finde das verantwortungslos.“ Obwohl Glyphosat seit mehr als 40 Jahren in der Landwirtschaft eingesetzt werde, gebe es keinen ernstzunehmenden Hinweis auf schädliche Nebenwirkungen.

Hensel wies darauf hin, dass die tödliche Dosis von Glyphosat ähnlich sei wie die von Kochsalz. Kein Grund zur Besorgnis ist aus seiner Sicht, dass Umweltverbände bei Urintests Pestizidrückstände gefunden hatten. Es sei „doch gut, wenn der Urintest zeigt, dass das Glyphosat unverändert durch den Körper geht, anstatt zu akkumulieren“.

Spuren im Urin und Bier

Vor etwa einer Woche hatte die Bürgerinitiative Landwende in der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung eine Studie präsentiert, nach der fast jeder Deutsche Glyphosat-Rückstände im Urin hat. Die Substanz ließ sich demnach in den Urin-Proben von 99,6 Prozent der rund 2000 getesteten Probanden feststellen. Menschen kommen mit dem Stoff etwa über Lebensmittel und die Arbeit in der Landwirtschaft in Kontakt.

Glyphosat war zuvor auch im Bier nachgewiesen worden. Das Münchner Umweltinstitut, das sich unter anderem für ökologischen Landbau einsetzt, hatte 14 Biermarken testen lassen und dabei Spuren des Unkrautvernichters gefunden. „Um gesundheitlich bedenkliche Mengen von Glyphosat aufzunehmen, müsste ein Erwachsener an einem Tag rund 1000 Liter Bier trinken“, hatte das BfR damals kommentiert.

Ist Glyphosat krebserregend?

Ob Glyphosat eine Gefahr für Menschen darstellt, ist umstritten. Die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation WHO (IARC) stufte das Mittel als wahrscheinlich krebserregend ein. Die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) kam hingegen zum Schluss, der Wirkstoff berge vermutlich keine Krebsgefahr für den Menschen. Das entspricht auch der Einschätzung des BfR.

Umweltschützer betonen, dass viele Fragen rund um Glyphosat – etwa nach Wechselwirkungen mit anderen Stoffen – noch offen seien. Außerdem nehmen Menschen den Angaben zufolge Glyphosat höchstwahrscheinlich mit unterschiedlichen Lebensmitteln auf.

Die Glyphosat-Zulassung in der EU läuft bis Ende Juni. Die EU-Staaten konnten sich noch nicht darauf einigen, ob der Unkrautvernichter neu zugelassen wird. Bei der Diskussion geht es nur um die Substanz Glyphosat. Die Entscheidung darüber, ob Pflanzenschutzmittel, die Glyphosat enthalten, sicher sind und auf ihrem Gebiet in den Verkehr gebracht werden dürfen, liegt bei den einzelnen Mitgliedstaaten.


dpa / DAZ.online
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Glyphosat

von Karl Friedrich Müller am 14.03.2016 um 15:25 Uhr

Da darf ich Ihnen mal einen Artikel aus der Südwestpresse ans Herz legen.
http://www.swp.de/ulm/nachrichten/politik/Risiko-Bewertung-von-Glyphosat-Dreistes-Faelschungsverfahren;art4306,3723058
Verharmlost wird das Problem allenfalls vom BfR, die zur Beurteilung fast ausschließlich Unterlagen von Monsanto berücksichtigen. Bedeutet: das BfR ist voreingenommen und ein Handlanger Monsantos.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Glyphosat Verniedlichung

von Reinhard Rodiger am 15.03.2016 um 0:23 Uhr

Dank an Kollege Müller. Ich sehe das genauso. Noch klärender ist das Interview im Spiegel. Die ignorante Arroganz der Vertreters des Instituts zur Risikobewertung ist beispielhaft.
Risikobewertung unserer behörden bezieht sich wohl nur auf Risiken für Monsanto-Umsätze. Ein Trauerspiel.

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