Beratung zur Notfallkontrazeption

Keine „Pille danach“ schützt 100 Prozent

Darmstadt / Stuttgart - 07.03.2016, 16:00 Uhr

Zwei Streifen = positiv: Trotz "Pille danach" ist eine Schwangerschaft mögllich- (Foto:  Björn Wylezich / Fotolia)

Zwei Streifen = positiv: Trotz "Pille danach" ist eine Schwangerschaft mögllich- (Foto: Björn Wylezich / Fotolia)


Weder Ulipristal noch Levnonorgestrel kann eine Schwangerschaft mit absoluter Sicherheit verhindern. Diese Information gehört auch ins Beratungsgespräch. Welche Punkte noch wichtig sind, erklärte Dr. Christian Ude bei einer Veranstaltung von pro familia in Darmstadt.

Ein Jahr „Pille danach“ ohne Rezept – für pro famila war das ein Anlass, Bilanz zu ziehen. Im Rahmen eines interdisziplinären Austauschs berichtete Apotheker Dr. Christian Ude aus Darmstadt, wie er den OTC-Switch der „Pille danach“ in seiner Apotheke umgesetzt hat.

„Beratungsgespräch nach Ude“

Ude hält es für wichtig, dass die Vorgaben für die Beratung klar im Qualitätsmanagement-System festgelegt werden Alle Beratungsstandards und Absprachen sollten in seinen Augen intern dokumentiert werden. Er habe seiner Apotheke einen eigenen Beratungsablauf aufgestellt. Dieses „Beratungsgespräch nach Ude“ umfasst die folgenden zehn Punkte:

  • Die Frage nach dem Zeitfenster: Levnonorgestrel (LNG) ist bis zu 72 Stunden nach der Verhütungspanne zugelassen, Ulipristal (UPA) bis zu 120 Stunden.
  • Die Abklärung der aktuellen Verhütungssituation: Bei vergessener Pilleneinnahme ist, je nachdem wie lang der Zeitpinkt zurückliegt, möglicherweise gar keine Notfallkontrazeption notwendig.
  • Ansprechen, ob bereits eine Schwangerschaft besteht: Bei begründeten Verdacht (z.B. Ausbleiben der letzten Regelblutung) sollte keine „Pille danach“ eingenommen und zum Arztbesuch geraten werden. Eine absolute Kontraindikation besteht aber nicht, da Notfallkontrazeptiva nicht zum Schwangerschaftsabbruch führen.
  • Chronische Krankheiten: Sie stellen in den meisten Fällen keine Kontraindikation dar.
  • Weitere Medikation: Die klinische Relevanz von Wechselwirkungen ist allerdings in den meisten Fällen unklar.
  • Den Hinweis, die „Pille danach“ so schnell wie möglich einzunehmen.
  • Den „Notfallcharakter“ herausstellen und außerdem darauf hinweisen, dass für den Rest des Zyklus mit einer Barrieremethode verhütet werden muss.
  • Bei Erbrechen innerhalb von drei Stunden nach der Einnahme, muss eine zweite Tablette eingenommen werden. Stillenden Frauen wird zur Stillpause  geraten: bei UPA eine Woche, bei LNG acht Stunden.
  • Verschiebung der nächsten Menstruationsblutung: Die nächste Periode kann früher oder später einsetzen. Bleibt sie drei Wochen aus, sollte ein Schwangerschaftstest durchgeführt werden.
  • Die „Pille danach“ schützt nicht vor sexuell übertragbaren Krankheiten. Auch das sollte thematisiert werden.

Kein absoluter Schutz

Zudem müsse man der Patientin bewusst machen, betonte Ude, dass keiner der verfügbaren Wirkstoffe mit 100-prozentiger Sicherheit vor einer Schwangerschaft schützt. Es gibt ein Versagensfenster, das im Wirkmechanismus begründet liegt. So wirkt LNG nicht mehr wenn der LH-Anstieg bereits begonnen hat, UPA versagt nach erfolgtem Eisprung (siehe Abbildung). Wird eine Frau trotz Einnahme der „Pille danach“ schwanger, könne dafür nicht einfach eine falsche Beratung verantwortlich gemacht werden., so Ude. 

Abb: LNG und UPA haben eine Wirklücke, begründet durch den Wirkmechanismus.

Beschränkung auf pharmazeutische Aspekte

Grundsätzlich hält Ude aber eine Beratung in der Apotheke für machbar. Eine entsprechende Struktur sorgt seiner Erfahrung nach bei den Mitarbeitern für Sicherheit. Zum Schluss betonte Ude noch, dass sich die Beratung auf medizinisch-pharmazeutisch Aspekte beschränken muss. Eine moralische Bewertung der Situation sei nicht Aufgabe der Apotheker.

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Lars Peter Frohn

2015. ISBN 978-3-7692-6499-9 
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