Landtagswahl 2016

Wen sollten Apotheker in Sachsen-Anhalt wählen?

Stuttgart - 04.03.2016, 11:00 Uhr

(Foto: marcus_hofmann/fotolia | Montage: jh/DAZ)

(Foto: marcus_hofmann/fotolia | Montage: jh/DAZ)


Und ein letztes Mal in Wahlkampf-Zeiten hat DAZ.online gefragt: Welche Partei ist die richtige für Apotheker? Wir haben in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz - und jetzt Sachsen-Anhalt gefragt: Wo drückt den jeweiligen Apothekerkammern und Verbänden der Schuh, und was wollen die Parteien ändern? 

Nach den Wahl-Checks zu Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz widmet sich der DAZ.online jetzt der gleichfalls am 13. März anstehenden Landtagswahl in Sachsen-Anhalt. Alle angefragten Parteien haben unsere Fragen beantwortet. Von der AfD kam der Hinweis, dass die Erstellung des Bundesparteiprogramms sich noch in der Endphase befinde – die Fragen beantwortete daher ein Apotheker vom Kreisverband Harz.

Bei der Landesapothekerkammer und dem Landesapothekerverband haben wir außerdem angefragt, wie ihre Erfahrungen mit der aktuellen Landesregierung sind – und was sie sich von der zukünftigen erwarten. 

Wie bewerten Kammer und Verband die bisherige Politik? 

Jens-Andreas Münch, Präsident der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt, bewertet aus Apothekensicht die Politik der bisherigen schwarz-roten Landesregierung als positiv: „Wichtige Standpunkte der Apotheker wurden unterstützt und auch auf der Bundesebene vertreten“, sagt er. Als Beispiele führt er die Novellierung der Apothekenbetriebsordnung oder aktuell die Einbindung der Apotheker in die Medikationsplanerstellung im E-Health-Gesetz an. Münch hebt auch das klare Bekenntnis des Landtages zum Freien Beruf allgemein und damit zur Sicherung von bewährten Standards von Qualität, Qualifizierung und Verbraucherschutz hervor. Das Parlament habe dies erst vor wenigen Wochen als Beschluss gegenüber Bundesregierung und EU-Kommission bekräftigt.

Zurückhaltung übt hingegen Mathias Arnold, Vorsitzender des Landesapothekerverbandes Sachsen-Anhalt in Magdeburg und gleichzeitig Vizepräsident der ABDA. Der strikte Konsolidierungskurs sei angesichts der Verschuldung des Landes zwar zu begrüßen, doch hätte er sich im „Land der Frühaufsteher“ mehr zukunftsweisende Initiativen im gesundheitspolitischen Umfeld gewünscht. „Denken Sie nur daran, dass wir eine Art ‚Vorreiter‘ für den demografischen Wandel sind“, sagt Arnold – sowohl, was die älter werdenden Patienten wie auch die Nachwuchsapotheker betrifft.

Was sind die Wünsche der Apotheker?

Laut Arnold vom Apothekerverband solle der konstruktive Dialog zwischen Landesregierung und Apothekerschaft fortgesetzt und vielleicht manchmal sogar auch noch intensiviert werden. „Das muss ja nicht immer auf höchster Ebene in festen Gremien oder Spitzengesprächen passieren“, sagt Arnold. Mit den „Wahlkreisbotschaftern“ gäbe es im ganzen Land aktive Apotheker, die gerne mit Abgeordneten ins Gespräch kommen wollen oder auch mal ein eintägiges Apothekenpraktikum anbieten würden. „Zu diesem Dialog vor Ort laden wir gerne ein.“

Neben einer weiterhin konstruktiven Zusammenarbeit wünscht sich Münch von der Apothekerkammer, dass die zukünftige Landesregierung sich voll zum Freien Heilberuf des Apothekers bekennt – und die Einbindung der Apotheker in Maßnahmen zur AMTS und Prävention fördert. Außerdem sollten natürlich die Rahmenbedingungen erhalten werden, die für den Existenzerhalt der inhabergeführten Apotheke und damit die Sicherung der flächendeckenden Versorgung vor Ort notwendig sind.

Sowohl Kammer- als auch Verbandspräsident betonen die demographischen Herausforderungen in Sachsen-Anhalt. „Die flächendeckende Versorgung der Menschen ist allerdings zum Glück noch gesichert – sei es mit dem Botendienst, Rezeptsammelstellen oder einer Zweigapotheke“, sagt Arnold.

Münch verweist auf die Demografie-Allianz: Die Plattform soll die verschiedensten Akteure zusammenzubringen, um nachhaltige Lösungen für die Sicherung attraktiver Lebensbedingungen im ländlichen Raum zu entwickeln. „Wenn Rahmenbedingungen geschaffen werden, die ländliche Regionen für Menschen lebenswert machen oder erhalten, so wird es auch der Apotheke möglich sein, ihren Versorgungsauftrag voll umfänglich zu erfüllen“, so Münch. Arnold fordert die Landesregierung dazu auf, sich im Bundesrat dafür einzusetzen, dass strukturstärkende Honoraranpassungen für Apotheker – wie 2013 der Notdienstfonds – weiter vorankommen.

Vergangenes Jahr habe es fünf Apothekenschließungen und zwei Neuöffnungen gegeben, so der Verband. „Natürlich ist es schwierig, Absolventen der Uni in Halle/Saale für die Selbstständigkeit in der Altmark zu begeistern“, schreibt Arnold. Hier würde oft zu eindimensional gedacht. Er begrüßt, dass die Kammer neulich die Erstsemester zu einer Praktikumsbörse in die Landeshauptstadt eingeladen hat. Münch wünscht sich weitere Anstrengungen, die ländliche Infrastruktur so zu verbessern, dass sie auch den Lebensansprüchen junger Menschen gerecht werden. Außerdem erhofft er sich von der neuen Regierung ein Bekenntnis zum Standort, sondern auch eine weitere Verbesserung der Ausbildungsbedingungen im Pharmazeutischen Institut in Halle.

Die Arzneimittelversorgung für Flüchtlinge stelle aus Apothekersicht derzeit kein besonderes Problem dar, so Münch. Aus Sicht des Verbands wäre eine einheitliche Abrechnung wünschenswert, da diese bisher von Landkreis zu Landkreis unterschiedlich ablaufe. Der Verband sei im Gespräch mit dem Innenministerium sowie Vertretern des Landkreis- und Städtetags. Hier ginge es auch um einen Arzneimittelversorgungsvertrag für Flüchtlinge in Erstaufnahmelagern sowie für bereits registrierte Asylbewerber.

Wie schätzen die Parteien die Lage der Apotheken ein – und wie möchten sie sie unterstützen?

Trotz der laut Kammer und Verband ausreichend guten Versorgungssituation im Land will sich die CDU dafür einsetzen, diese auch für die kommenden Jahrzehnten zu sichern. Neben den Initiativen der KV Sachsen-Anhalt zur Ansiedlung von jungen Hausärzten betrachtet sie es auch den Nacht-und Notdienstfonds für Apotheken hierfür als wichtigen Baustein – gerade für bevölkerungsarme Gegenden. „Hier müssen in Zukunft sicher weitere Strukturkomponenten hinzukommen, die es den Bürgern ermöglicht, auch zukünftig ihre Arzneimittel in ihrem unmittelbaren Umfeld und mit der gewohnt guten pharmazeutischen Beratung aus ‚ihrer‘ Apotheke zu beziehen“, schreibt die CDU.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Claudia Dalbert, sieht bei der Vernetzung der lokalen Akteure Handlungsbedarf – und will regionale Pflege- und Gesundheitskonferenzen in Sachsen-Anhalt etablieren. An diesen sollten Patienten, Pflegebedürftige, Angehörige, Leistungserbringer – damit natürlich auch Apotheken – und Kommunen teilnehmen, um Versorgungsfragen vor Ort zu besprechen, Defizite zu benennen und gemeinsam Lösungsansätze für eine sichere Versorgung von Patienten zu entwickeln. „Dabei können gerade Apotheken als zentrale Akteure im Quartier, in der Gemeinde und im Dorf fungieren“, so Dalbert. Neben der Sicherung der Arzneimittelversorgung wirkten sie schon jetzt als niedrigschwellige Kontakt- und Beratungsstelle im Gesundheitssystem.

„Die Apotheke übernimmt als Schnittstelle zwischen Patient und Arzt eine wichtige Funktion“, schreibt die SPD. Apothekern kämen bei der Prävention, Beratung und Aufklärung eine wichtige Rolle zu. Eine gute Abstimmung mit den anderen Akteuren sei vor allem für Patienten mit chronischen Erkrankungen wichtig. Angesichts der Alterung der Gesellschaft und dem hohen Durchschnittsalter der Allgemeinmediziner stünde das Flächenland vor enormen Herausforderung, weshalb unterschiedliche Maßnahmen zur qualitätsgerechten Versorgung ständig weiterentwickelt werden.

Die Linke will sich für einen Präsenzschutz von Apotheken im ländlichen Raum einsetzen, denn da überdurchschnittlich viele ältere Menschen auf dem Land leben, gäbe es dort besonderen Beratungs-und Betreuungsbedarf. Die Partei plädiert auch für eine bessere Vernetzung der Versorgungsstrukturen. „Apotheker sollen mehr als bisher bei der Einnahme verschiedener Medikamente beraten und hierbei sogar das ärztliche Verschreibungsverhalten verbessern helfen“, so die Linke. Aufgrund der zentralen Rolle und Vermittlerfunktion unterstütze die Partei die Forderung des Apothekerverbands auf Mitgliedschaft im Gemeinsamen Landesgremium nach §90a SGB V. Sie begrüße, dass radikale Liberalisierungsbestrebungen vom Tisch seien – „Pickup-Stellen in Drogerieketten dürfen auch künftig nicht als Lösung des Versorgungsproblems in Betracht gezogen werden.“

Auch die FDP setzt sich für eine bessere Vernetzung der Gesundheitsberufe ein. Die wirtschaftliche Lage von Apotheken sieht sie als überwiegend solide, wozu auch eine erfolgreiche Filialisierung beigetragen habe. Die Partei habe sich immer für gute Rahmenbedingungen der Selbständigen und Freien Berufe eingesetzt, wozu für sie auch eine leistungsgerechte Vergütung gehöre. Insgesamt kämen Apothekern in der Beratung, in der Prävention und im Medikationsmanagement wichtige Rollen zu. „Dass dies einen Arbeitsaufwand darstellt, der aber zum Wohle der Patienten erbracht wird und deshalb im Gesamtsystem finanziell auch zu Einsparungen führen kann, ist uns bewusst und wir wollen die Apotheker bei ihren Anliegen gern unterstützen“, so die FDP.

„Da die AfD weder Großkonzernen noch Gewerkschaften verpflichtet ist und sich für eine Stärkung des Mittelstands einsetzt, soll die aktuelle Regelung zur Bewahrung des freiberuflichen Versorgungssystems und zur Nichtzulassung von Kapitalgesellschaften (Apothekenketten) beibehalten werden“, schreibt der Apotheker Hagen Schmidt. Dies gelte insbesondere nach den negativen Erfahrungen, die in anderen Ländern wie Norwegen gemacht wurden, wo Landapotheken geschlossen und durch Miniapotheken in Lebensmittelläden ersetzt wurden. Die Lage der Apotheke in Sachsen-Anhalt sei wirtschaftlich fragil, aber noch tragbar. Eine Entkopplung der Vergütung von der Preisentwicklung durch Festzuschläge und die Abwanderung der nichtverschreibungspflichtigen Arzneimittel in den Versand stelle für die Zukunft eine nicht zu lösende Aufgabe dar, weshalb das Honorar an die Preis-/Kostenentwicklung angepasst werden müsse.

Wie sieht es mit dem Nachwuchs aus?

Laut FDP sei die Zahl der Absolventen noch ausreichend hoch und das Institut für Pharmazie in Halle sogar eine der größten Ausbildungsstätten für Apotheker in Deutschland. Die bundesweit abzusehende, leicht nachlassende Attraktivität des Apothekerberufes dürfte auf nur mäßige Vergütung zurückzuführen sein, so die Liberalen – gemessen an den hohen Anforderungen von Studium und Beruf. „Hier gilt es nachzubessern.“ Demgegenüber stünden eine hohe Arbeitsplatzsicherheit und eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Auch die CDU sieht aufgrund des Lehrstuhls für Pharmazie an der Universität Halle gute Voraussetzungen, dass künftige Apotheker nach dem Studium im Bundesland bleiben. „Wir begrüßen in diesem Zusammenhang die Etablierung einer Praktikumsbörse durch die Apothekerkammer“, schreibt die Partei. Mittels dieser Praktikumsbörse könnten Apotheken einen Pharmazeuten im Praktikum ausbilden, um sie früh davon zu überzeugen, nach Studienabschluss in der Apotheke weiter zu arbeiten.

Zwar würden Pharmazieabsolventen deutschlandweit händeringend gesucht, in Sachsen-Anhalt sei das Problem aber besonders groß, schreibt hingegen die Linke. Kaum jemand wolle in abgelegene Regionen ziehen – der Weg in die Altmark würde allenfalls aufgrund familiärer Gründe gefunden. Selbst in der Landeshauptstadt Magdeburg müssten Apotheker sich sehr um Nachwuchs bemühen. Die Partei möchte prüfen, Anreizprogramme aus dem Hausarztbereich zu übertragen – zum Beispiel Stipendien- und Praktikaprogramme, die von den Krankenversicherungen und dem Apothekerverband initiiert und getragen werden sollten.

Auch aus Sicht der SPD zeichne sich ein Mangel an Fachkräftenachwuchs ab. Stipendien für junge Apotheker, die sich für eine gewisse Zeit an die Berufsausübung in strukturschwachen Regionen binden, könnte zusammen mit einer Umsatzgarantie interessant sein. Auch die SPD sieht die Praktikumsbörse der Kammer als vielversprechend an. Für junge Menschen, die eine Familie gründen wollen, seien außerdem die „weichen“ Standortfaktoren in Sachsen-Anhalt wie Kinderbetreuungseinrichtungen hervorragend. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wäre daher sehr gut möglich.

Quantitativ sei der Nachwuchs laut den Grünen gesichert – auch da die Zahl der Pharmaziestudierenden an der Uni Halle-Wittenberg auf 188 neue Immatrikulationen gestiegen ist. „Allerdings stellt sich die Frage nach der Qualität der Rahmenbedingungen des Studiums“, schreibt Dalbert. Aus ihrer Sicht entspräche schon die finanzielle Grundausstattung der Hochschulen in Sachsen-Anhalt nicht dem realen Bedarf. Als einzige Fraktion hätten sie immer gefordert, die durch die Übernahme der BAföG-Mittel durch den Bund freiwerdenden Mittel in Höhe von 30 Millionen Euro vollständig in die Grundfinanzierung der Hochschulen einzusetzen. „Bei einer Regierungsbeteiligung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird es keine Kürzungen mehr im Hochschulbereich geben“, verspricht Dalbert.

Wie in anderen Bundesländern gäbe es laut Schmidt von der AfD auch in Sachsen-Anhalt zu wenig Nachwuchsapotheker, so dass genügend Studienplätze geschaffen werden müssten. Er fordert, die Zusammenarbeit zwischen Universitäten und Berufsvertretungen weiter auszubauen und zu fördern. „Die Rolle des Apothekers in einer hochwertigen Arzneimittelversorgung muss gestärkt werden“, so Schmidt.

Wie steht es mit der Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen?

Die Grünen fordern, dass die Gesundheitskarte für Asylbewerberinnen und Asylbewerber muss endlich auch in Sachsen-Anhalt eingeführt werden müsse. „Der bisherige Umweg über das Sozialamt führt zu unnötigem Verwaltungsaufwand und damit kommunalen Kosten“, so Dalbert. Die Betroffenen erhielten bisher so nur verzögert Zugang zum Gesundheitssystem. Die schlechte Versorgungslage im Hinblick auf Psychotherapeuten in Sachsen-Anhalt beträfe natürlich gerade auch  Asylbewerber, die oft durch die Umstände ihrer Flucht traumatisiert seien.

Die Linke ist bei der Gesundheitskarte und besserer psychiatrischer Versorgung auf Linie der Grünen. Die Intervention von Bayern und Sachsen habe leider die bundesweite Einführung der Gesundheitskarte verhindert. Außerdem wolle sich die Partei auf Bundesebene dafür einsetzen, die Begrenzung auf Akut- und Schmerzbehandlung aufzuheben. „Denn die Vorenthaltung von Prävention ist nicht nur inhuman, sondern wird langfristig zu deutlich höheren Kosten im Gesundheitswesen führen“, schreibt die Linke.

Um den bürokratischen Aufwand zu reduzieren und Doppelbehandlungen zu vermeiden müsse es auch laut FDP eine elektronische Gesundheitskarte für Flüchtlinge geben. „Über den Leistungsumfang muss entschieden werden“, so die Liberalen. Die Krankenkassen und die Kommunen müssten vom Bund für diese Kosten entschädigt werden, so dass eine Beitragsanhebung für die gesetzlich Versicherten in Deutschland vermieden wird. Für wichtig hält die FDP auch die Erfassung des Impfstatus sowie entsprechende Nachimpfungen, wo erforderlich.

Schmidt von der AfD sieht keinen dringenden Handlungsbedarf in der Arzneimittelversorgung von Flüchtlingen. „Nach Rücksprache mit Apothekern an den Hotspots (Halberstadt) läuft die Abrechnung über die Sozialämter relativ problemlos“, so der Apotheker. Allerdings gäbe es einen erheblichen Bedarf in der Verbesserung der Kommunikation. „Durch die Sprachbarriere sind die Diagnosestellung für die Selbstmedikation und die Einnahmetreue der ärztlich verordneten oder in der Apotheke empfohlenen Arzneimittel sehr in Frage gestellt (selbst mit Piktogrammen!!).“

Die CDU sieht ein großes Problem in der zu geringen Zahl an Dolmetschern, die bei den Arztbesuchen helfen könnten. „Die Einführung einer Gesundheitskarte für Asylbewerber lehnen wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt ab“, schreibt die Partei.

Die SPD will innovative Ansätze prüfen, um mit einem Pool von Videodolmetschern oder über grenzübergreifender Zusammenarbeit die Sprachbarrieren zu überwinden. Sie befürwortet außerdem ein EU-weit einheitliches Vorgehen in der gesundheitlichen Versorgung. Vorgaben zum Impfstatus und verpflichtende Impfungen bei der Erstaufnahme sollten die Verbreitung von Infektionskrankheiten verhindern, was gerade in Gemeinschaftsunterkünften besonders wichtig sei. „Wir streben die Einführung einer elektronischen Gesundheitskarte an, um für Asylsuchende und Kommunen den Aufwand zu minimieren“, so die SPD. Eine Leistungserweiterung sei aufgrund der Neuregelung im Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz nicht vorgesehen.

Wie halten die Parteien es mit der derzeit unter Kritik stehenden Homöopathie?

„Aufgrund der sehr geringen Anzahl von wissenschaftlichen Studien, die die Wirksamkeit von homöopathischen Mitteln belegen, halten wir eine Kostenübernahme durch die GKV derzeit für nicht angebracht“, so die CDU. Den gesetzlichen Krankenkassen bleibe es aber unbenommen – wie derzeit auch schon von einigen praktiziert – ihren Versicherten Homöopathika als freiwillige Satzungsleistungen zu erstatten. Aufgrund möglicher Wechselwirkungen halte die Partei den Apothekenvorbehalt für sinnvoll.

Die SPD ist in Fragen des Apothekenvorbehalts und der Kostenübernahme auf Linie ihres bisherigen Koalitionspartners. „Eine Diskussion um die Homöopathie, vor allem über die wissenschaftliche Bewertung der Wirkung von homöopathischen Arzneimitteln sollte nicht von Seiten der Politik geführt werden“, schreibt die Partei. Da die Kostenübernahme auch jetzt schon durch einige Kassen erfolge hätten die Versicherten die Möglichkeit, sich für entsprechende Kassen zu entscheiden.

Auch die Linke schreibt, dass die „Glaubensfrage“ nicht durch die Politik geklärt werden könne. Sie nähme zur Kenntnis, dass ein beträchtlicher Anteil von Patienten sich homöopathisch behandeln lasse. Es liege in der Verantwortung von Pharmazeuten wie auch Ärzten und Heilpraktikern, Patienten auf gegebenenfalls notwendige Therapien aus dem Bereich der evidenzbasierten Medizin aufmerksam zu machen und sie über die Risiken einer ausschließlich homöopathischen Medizin aufzuklären. „Wenn Homöopathie als per se unwirksam abgetan würde, bestünde die Gefahr, dass sich die Patient_innen an nicht medizinisch qualifizierte Personen – inklusive geschäftstüchtigen ‚Scharlachtanen‘ – wenden würden, um sich homöopathisch behandeln zu lassen“, so die Linke. Mit der gleichen Argumentation halte sie es für richtig, dass die gesetzlichen Krankenkassen grundsätzlich auch die Kosten übernehmen.

Schmidt von der AfD sieht die Diskussion um die Homöopathie gelassen. „Natürlich sollte sie nur bei leichten Beschwerden, als Zusatztherapie oder in der Palliativmedizin Anwendung finden, um gesundheitliche Folgeschäden bei Nichtwirken auszuschließen.“ Er denkt, dass keine Apotheke mehr Vorbehalte gegen die Homöopathie hat – und dass nur hier kompetent beraten werden könne. Kosten sollten nur im Ausnahmefall erstattet werden.

Die FDP bekenne sich zur Therapievielfalt und hält eine kompetente Beratung für dringend erforderlich, da die Unterlassung einer schulmedizinischen Behandlung „bei zahlreichen Krankheitsbildern tödliche Folgen haben kann“. Der Apothekenvorbehalt müsse also bleiben. Ähnlich wie bei der privaten Krankenversicherung will sie auch bei gesetzlichen Kassen individuelle Vertragsmodelle ermöglichen, die ein gesundheits- und auch kostenbewusstes Verhalten des Patienten honorieren. „In diesem Kontext schließen wir nicht aus, dass z.B. der erklärte Verzicht des Patienten auf bestimmte nicht lebensnotwendige Leistungen – z.B. Homöopathie, Heilpraktiker, Brillenerstattung – zu einer Beitragssenkung genutzt wird“, so die FDP.

Der Apothekenvorbehalt für homöopathische Mittel ist auch nach Meinung der Grünen sinnvoll. „Im Sinne eines Verbraucherschutzes ist eine umfassende Beratung unverzichtbar“, schreibt Dalbert. Gleichzeitig halte sie die Kostenübernahme für Homöopathie durch die Gesetzliche Krankenkassen, „ermöglicht von der Rot-Grünen Bundesregierung 2004“, für sinnvoll. Allen Patienten solle der Zugang zu einer breiten Palette von Behandlungsmöglichkeiten offen stehen.


Nicola Kuhrt, DAZ.online
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.