Landtagswahl 2016

Wen sollten Apotheker in Rheinland-Pfalz wählen?

Stuttgart - 03.03.2016, 18:00 Uhr

(Foto: pure-life-pictures/Fotolia | Montage: jh/DAZ)

(Foto: pure-life-pictures/Fotolia | Montage: jh/DAZ)


Welche Partei ist die richtige für Apotheker? Um diese Frage zu erleichtern, haben wir für die drei anstehenden Landtagswahlen Umfragen gemacht: Wo drückt den jeweiligen Apothekerkammern und Verbänden der Schuh, und was wollen die Parteien ändern? 

In drei Bundesländern wird am 13. März gewählt – Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Wir haben jeweils den Präsidenten von Apothekerverband und Kammer sowie an die größten zur Wahl stehenden Parteien Fragen zur Situation der Apotheker gestellt. Nach dem Wahl-Check Baden-Württemberg lesen Sie hier das Ergebnis für Rheinland-Pfalz – in den nächsten Tagen folgt dann der Check für Sachsen-Anhalt. 

Alle angefragten Parteien haben unsere Fragen beantwortet, mit Ausnahme der AfD. So blieben die Antworten der CDU, SPD, der Grünen, Linken, sowie der FDP. Bei der Landesapothekerkammer und dem Landesapothekenverband haben wir außerdem angefragt, wie ihre Erfahrungen mit der aktuell rot-grünen Landesregierung sind – und was sie sich von der zukünftigen erwarten. 

Wie bewerten Kammer und Verband die bisherige Politik? 

Die Zusammenarbeit mit der rheinland-pfälzischen Landesregierung sei von gegenseitigem Respekt, aber auch von Vertrauen und konstruktiver Sachlichkeit gekennzeichnet, sagte Theo Hasse, Vorsitzender vom Landesapothekenverband. Es würde sich nicht um „Einbahnstraßen-Kommunikation“ handeln – gerade beim Gesundheitsministerium würde die dem Verband wichtigen Themen auf offene Ohren stoßen. „So fließen sie über den Bundesrat auch in die bundespolitische Diskussion ein“, schreibt Haase.

Auch Andreas-Georg Kiefer, Präsident der Landesapothekerkammer, spricht von konstruktiver Zusammenarbeit und Dialog. Bei Fragen zur Arzneimittelversorgung würde die Kammer gefragt und gehört – von der Erstversorgung von Flüchtlingen über Strukturfragen wie der flächendeckenden Versorgung bis hin zur Positionierung im Bundesrat.

Was sind die Wünsche der Apotheker? 

Erster Wunsch von Kammer und Verband ist, dass der bestehende Dialog und die bisherige Kooperation fortgesetzt werden. Der Sachverstand der Apotheken soll generell bei Fragen der Arzneimittelversorgung eingebunden werden, sagt Kiefer.

Die Kammer wünsche sich, dass die Landesregierung sich im Bundesrat für die Interessen von Patienten und Heilberuflern vor Ort einsetzt. „Denn das Land ist oft näher am Versorgungsalltag als der Bund“, so Kiefer. Er fordert, dass Apotheken auch als eigenständige Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens gestärkt und Deregulierungsbestrebungen eine Absage erteilt werden sollten. Außerdem solle der Pharmaziestudienstandort Mainz gestärkt werden – wie auch der PTA-Beruf. „Es ist ein wunder Punkt, dass junge Menschen hier Ausbildungskosten in Form von Schulgeld selbst stemmen müssen, während das im klassischen dualen Berufsbildungssystem nicht der Fall ist“, sagt Kiefer.

Um eine ortsnahe Arzneimittelversorgung im Flächenland Rheinland-Pfalz sicherzustellen, sei die Landesregierung laut Hasse vom Apothekerverband gefordert, gemeinsam mit der Ärzteschaft die ländliche ärztliche Versorgung zukunftsfähig aufzustellen – auch mit mutigen Maßnahmen. Hier würde sich die Apothekerschaft gern einbringen. Um Apotheken-Schließungen zu verhindern, setze sich der Verband derzeit dafür ein, dass die finanzielle Ausstattung verbessert wird.

Die Arzneimittelversorgung für Flüchtlinge laufe laut Hasse und Kiefer im Großen und Ganzen gut. Der Verbandspräsident hofft, dass dennoch bestehende Hindernisse und Problemchen durch Arznei- und Hilfsmittelliefervertrag ausgeräumt werden können. Mit den zuständigen Ministerien sei ein Vertragspaket vereinbart, dass Versorgungs- und Abrechnungsfragen für Flüchtlinge in den Erstaufnahmeeinrichtungen klären wird – sogar im OTC-Bereich.

Wie schätzen die Parteien die Lage der Apotheken ein – und wie möchten sie sie unterstützen?

Die Grünen gehen angesichts der noch überdurchschnittlichen Zahl von Apotheken in Rheinland-Pfalz – trotz des Rückgangs um ungefähr 5 Prozent – von einer insgesamt stabilen Versorgungslage aus. Um der Bevölkerung im ländlichen Raum eine dienstbereite Apotheke im Umkreis von 20 bis 24 Kilometern zu ermöglichen, solle die Verteilung der Notdienste optimiert werden. Die Landesapothekenkammer habe bereits signalisiert, hier mit tätig zu werden.

Die anderen Parteien werfen einen teils recht sorgenvollen Blick auf den ländlichen Raum. Für die SPD ist die heterogene Entwicklung problematisch: „Während die Zahl der Apotheken und der Umsatz in städtischen Ballungsgebieten steigt, nimmt der Umsatz der Apotheken im ländlichen Raum kontinuierlich ab.“ Auch durch vermehrte Ansiedelung von Hausärzten müsse Apotheken eine wirtschaftliche Basis und Perspektive geboten werden.

Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Peter Enders, sieht es ähnlich: „Der dringendste Handlungsbedarf besteht in der Sicherung der flächendeckenden Apothekenversorgung.“ Allerdings sei laut dem Geschäftsführer der Landesapothekerkammer vom vergangenem Jahr die Versorgung stabil, die Menschen würden noch in einer zumutbaren Entfernung eine Apotheke finden.

Auch Volker Wissing, Landesvorsitzender der FDP, sieht ein flächendeckendes Netz moderner Apotheken für die Aufrechterhaltung einer umfassenden Gesundheitsversorgung als essentiell an. „Die Arzneimittelversorgung im ländlichen Raum verschlechtert sich rapide“, so Wissing. Immer mehr ältere Apotheker sehen sich zur Aufgabe ihres Betriebes gezwungen, da der Nachwuchs fehlt. Die FDP wolle zusammen mit den Apothekern Modelle entwickeln, wie Betriebsübergaben vereinfacht und die Arzneimittelversorgung gesichert werden kann.

Die Linke schreibt, sie stehe zur inhabergeführten Apotheke vor Ort und sehe gerade in strukturschwachen Gebieten eine angemessene Versorgungssicherung gefährdet, wenn die Zahl der Apotheken in Rheinland-Pfalz weiter sinkt. „Da nach wie vor der meiste Umsatz mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln gemacht wird, gibt vor allem dort eine niedrige Dichte an Apotheken, wo es auch wenige Arztpraxen gibt“, so die Linke. Die Partei schlägt vor, in Bedarfsregionen per Anschubfinanzierung die Gründung von medizinischen Versorgungszentren oder Landarztpraxen zu unterstützen. 

Wie sieht es mit dem Nachwuchs aus?

„Der Fachkräftemangel hat auch die Apotheken erreicht“, so die Linke. Sie fordert die Einrichtung ausreichender Studienplätze – und die Ausstattung der Hochschulen mit den nötigen finanziellen Mitteln. Die SPD betont das Problem, dass approbierte Apotheker immer mehr in Apotheken und Pharma-Unternehmen in größeren Städten drängen, und sieht Handlungsbedarf: „Auch hier muss es gelingen, den ländlichen Raum als attraktiven Lebensraum für Apotheker, ebenso wie für alle anderen Berufsgruppen, weiterzuentwickeln“, so die SPD.

Laut CDU liegt der Schlüssel zur Nachwuchssicherung darin, dass die Apotheken der Zukunft – mit ihrem heilberuflichen Profil – in einem Netzwerk mit Ärzten und anderen Fachberufen zusammenarbeiten und somit Element eines Medikationsmanagement für die Patienten sind. „Apotheken verdienen eine ihrer Leistung angemessene Honorierung und Entlastung von Bürokratie“, so Enders.

Nach Ansicht der FDP leiden Apotheken aktuell schon unter Nachwuchsmangel. „Das liegt auch daran, dass für selbstständige Apotheken das unternehmerische Risiko relativ groß und die Einkommensperspektive alles andere als sicher ist“, so Wissing. Daher brauche es für junge Studienabgänger verlässliche Einkommensperspektiven. 

Die Grünen sehen die demographische Entwicklung als einer der Gründe, warum Apotheken Schwierigkeiten haben, Nachwuchskräfte zu finden. Auch wüssten Abiturienten oft nicht über die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten Bescheid, die ein Pharmaziestudium mit sich bringt – und es sei für junge Apotheker wenig attraktiv, sich im ländlichen Raum niederzulassen. Das Schulgeld scheine junge Leute davor abzuschrecken, die Ausbildung zum Pharmazeutisch-Technischen Assistenten anzutreten. Angesichts der Probleme finden die Grünen die Kampagne der Apotheken in Deutschland für die Nachwuchsinitiative vorbildlich. 

Wie steht es mit der Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen?

Der FDP-Landesparteivorsitzende fordert, dass Flüchtlinge möglichst früh Zugang zu medizinischen Leistungen erhalten. Ihr Impfstatus müsse überprüft und eventuell vorhandene Krankheiten sollten schnell behandelt werden.

Die Linke mahnt eine diskriminierungsfreie Gesundheitsversorgung aller Menschen in Deutschland an. „Eine menschenrechtskonforme und medizinethisch nicht zu beanstandende Gesundheitsversorgung erfordert die gleichberechtigte generelle Versicherungspflicht aller Menschen, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus, ihrer Herkunft oder ihrem Vermögen“, so die Partei.

„Die Gesundheitsversorgung der Flüchtlinge ist grundsätzlich gesichert“, schreibt die CDU. Von einer Landesregierung müsse allerdings verlangt werden, dass sie in den Erstaufnahmeeinrichtungen die Voraussetzungen für das praktische Funktionieren schafft.

Die SPD betont, dass es gemeinsam mit Hilfsorganisation und Berufsvertretungen gelungen sei, flächendeckend in Erstaufnahmeeinrichtungen eine schnelle Erstuntersuchung und Impfungen zu etablieren. Rheinland-Pfalz habe auch früh die Voraussetzungen für die elektronische Gesundheitskarte für Flüchtlinge geschaffen, die unbürokratische medizinische Leistungen erlaube. Der neue Gesundheitspass für Flüchtlinge würde Untersuchungen, Behandlungen und Impfungen dokumentieren, Doppelbehandlungen vermeiden und die gesundheitliche Versorgung verbessern.

Die Grünen verweisen darauf, dass das Landesgesundheitsministerium in Kooperation mit der Landesapothekenkammer ein Konzept zur Arzneimittelversorgung von Flüchtlingen auf die Beine gestellt. „Basierend auf dem System der ambulanten Regelversorgung soll landesweit in den jeweiligen Erstaufnahmeeinrichtungen eine einheitliche und sichere Arzneimittelversorgung gewährleistet werden“, so die Partei. Neben dem Pflichtgesundheitscheck würde auch die freiwillige medizinische Eingangsuntersuchung (Medeus) von über 80 Prozent der Flüchtlinge angenommen. Die Grünen setzen sich dafür ein, dass Asylbewerber zukünftig nicht nur Leistungen für akute Erkrankungen erhalten, sondern in die regulären Leistungssysteme aufgenommen werden. Außerdem fordern sie mehr Dolmetscher – und eine verbesserte psychosoziale Versorgung von traumatisierten Flüchtlingen. 

Wie halten die Parteien es mit der derzeit unter Kritik stehenden Homöopathie?

Laut SPD habe die Homöopathie einen langjährig bewährten und wichtigen Stellenwert. Bei der Therapie bestimmter chronischer Erkrankungen habe sie eine hohe Bedeutung und würde deshalb vom Gesetzgeber im Arzneimittelrecht gefördert. Aufgrund von Risiken und Gesundheitsgefahren bei unsachgemäßer Anwendung sei der Apothekenvorbehalt sinnvoll. Bei chronischen Erkrankungen befürworten sie zur Stärkung der Komplementärtherapie die Kostenübernahme durch gesetzliche Kassen.

Die FDP Rheinland-Pfalz unterstützt den Apothekenvorbehalt für homöopathische Mittel, da dieser helfe, Missbrauch und Falschbehandlungen zu vermeiden. „Die Apothekerinnen und Apotheker sind am besten qualifiziert, Patienten vor Falschbehandlungen und damit vor gesundheitlichen Schäden zu bewahren“, schreibt die Partei. Die FDP sei für eine Kostenübernahme, wenn der Nutzen eindeutig belegt ist. Das könne selbstverständlich auch auf homöopathische Produkte zutreffen.

Die Grünen verweisen darauf, das die Rot-Grüne Koalition im Bund im SGB V Einzelfallentscheidungen ermöglicht hat – mit dem Satz: „Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen.“ Sie plädieren dafür, dass sich Patienten ihren Wünschen und Bedürfnissen entsprechend für eine bestimmte Behandlungsmethode entscheiden könnten. „Hierbei tragen ÄrztInnen und ApothekerInnen eine große Verantwortung, da sie abwägen müssen, ob die Nutzung von Homöopathischen Mitteln sinnvoll erscheint oder ob die Verabreichung pharmakologischer Mittel notwendig ist. Zwar könnten durch Homöopathie bestimmte Alltagsbeschwerden gelindert werden, bei schwerwiegenden Krankheiten könne sie jedoch nicht nur unangebracht sondern auch gefährlich sein – bei Unterlassung anderer Methoden.

Laut Linke müssten alle Methoden, die ihren patientenrelevanten Nutzen unter Beweis gestellt haben, ohne zusätzliche Gebühren den Menschen zur Verfügung stehen. Dafür müsse nachgewiesen sein, dass sich die Lebensqualität, die Morbidität und/oder die Mortalität aufgrund einer Behandlung verbessern. „Wir sind daher dafür, alle Heilmethoden auf Basis ihres Nutzens gleich zu behandeln“, so die Partei.

Die CDU schreibt, sie strebe keine Änderungen der geltenden Bestimmungen an.


Nicola Kuhrt, DAZ.online
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


1 Kommentar

Die Beantwortung der Frage...

von Thorsten Dunckel am 04.03.2016 um 11:12 Uhr

...ist ganz einfach! Ohne die, auf die Frage folgenden Lügenmärchen der gelisteten Parteien überhaupt gelesen zu haben (reine Zeitverschwendung!), lautet die Antwort: Diese Partei muss erst noch gegründet werden.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.