Zu hoher Fluoridgehalt

Erwachsenen-Zahnpasta kann für Kleinkinder giftig sein

Stuttgart - 02.03.2016, 11:15 Uhr

Altersgerechte Zahnpflege: Kinderzahnpasta enthält weniger Fluorid. (Foto: sabine hürdler / Fotolia)

Altersgerechte Zahnpflege: Kinderzahnpasta enthält weniger Fluorid. (Foto: sabine hürdler / Fotolia)


Jedes Jahr werden deutsche Giftnotrufzentralen rund 90.000-mal wegen potenzieller Vergiftungen bei Kindern kontaktiert. Bei etwa 21 Prozent der Fälle gab es tatsächlich Anzeichen für eine Vergiftung. Vor allem Kleinkinder sind betroffen. Zahnpasta ist dabei als Ursache nicht zu unterschätzen, warnt die Apothekerkammer Niedersachsen.

Fluoride spielen eine wichtige Rolle in der Kariesvorsorge - auch bei Kindern. So erhalten Säuglinge und Kleinkinder bis zum dritten Lebensjahr vom Kinderarzt oft eine kombinierte Rachitis-/Kariesprophylaxe mit Fluorid und Vitamin D. Zahnärzte hingegen erachten in den ersten sechs Lebensmonaten eine Fluoridgabe für unnötig. Mit dem Durchbruch des ersten Milchzahns soll in ihren Augen eine höchstens erbsengroße Menge altersgerechte fluoridhaltige Zahnpasta verwendet werden. Dabei raten sie von besonders süß schmeckenden Präparaten ab, da diese zum Verschlucken anregen.

Außerdem wird die Anwendung von fluoridiertem Speisesalz empfohlen. Bei Kindern unter sechs Jahren sollte ein tägliche Fluorid-Gesamtaufnahme von 0,05 bis 0,07 Millligramm Fluorid pro Kilogramm Körpergewicht nicht überschritten werden. Eine zu hohe Zufuhr führt zu Vergiftungserscheinungen. 

Zahnpasta als Fluoridquelle

Zahnpasta ist dabei als Fluoridquelle nicht zu unterschätzen. Darauf weist die Apothekerkammer Niedersachsen jetzt in einer Pressemeldung hin hin. Erste Vergiftungssymptome können bereits bei einer Dosis von 5 mg/kg Körpergewicht auftreten. Bei über 100 Milligramm reagiert der Körper mit Herz-Kreislauf-Symptomen, heftigen Magen-Darm-Beschwerden, Krampfanfällen bis hin zum Koma.

Bei einer dauerhaften Zufuhr von mehr als einem Milligramm Fluorid spricht man von einer chronischen Fluoridvergiftung. Passiert das während der Zahnentwicklung, kommt es zu typischen Zahnverfärbungen, die sogenannte Dentalfluorose.

Kleinkinderzahnpasta hat mit maximal 500 ppm (0,5 mg pro Gramm Zahnpasta bzw. 0,05 Prozent) einen erheblich geringeren Fluoridanteil als Produkte für Erwachsene. Sie enthalten 1000 bis 1500 ppm Fluorid, also 1 bis 1,5 Milligramm pro Gramm Zahnpasta.

Verwenden die Kleinen zu viel Kinderzahnpasta oder essen sie, führt das meist nur zu Bauchschmerzen. Haben die Kinder Zahncremes oder Gelees für Erwachsene oder Jugendliche verzehrt, sollte das lokale Giftinformationszentrum angerufen werden, rät die Kammer. Die Experten berechnen dann den Anteil des aufgenommenen Fluorids und geben Verhaltenstipps. Ab dem Schulalter können Kinder Zahnpasta für Erwachsene verwenden.

Orale Fluoridgabe nur Bedarfsermittlung

Fluoridfreie Zahnpasta empfiehlt die kassenzahnärztliche Bundesvereinigung, wenn überhaupt, nur für Kinder unter drei Jahren. Dann sollten aber zusätzlich einmal täglich Fluorid-Tabletten nach ärztlicher oder zahnärztlicher Verordnung gelutscht werden.Sie werden gelutscht, weil die lokale Fluoridierung zur Kariesprophylaxe als effektiver erachtet wird als die systemische.

Bei einer oralen Fluoridprophylaxe ab dem dritten Lebensjahr ist eine genaue Ermittlung der individuellen täglichen Fluoridquellen notwendig. Erst wenn feststeht, wie viel Fluorid täglich etwa durch Trinkwasser, Speisesalz und Zahnpasta aufgenommen wird, kann über eine zusätzliche Gabe von Fluoriden entschieden werden. Im Gegensatz zu den USA oder Irland wird in Deutschland das Trinkwasser nicht fluoridiert.


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