BMJ-Studie

Forschungsinstitute verstoßen gegen Transparenz-Pflichten

Stuttgart - 22.02.2016, 09:00 Uhr

Zu selten werden Forschungsergebnisse der Öffentlichkeit bekannt gemacht - auch an öffentlich geförderten Institutionen. (Foto: pressmaster / Fotolia)

Zu selten werden Forschungsergebnisse der Öffentlichkeit bekannt gemacht - auch an öffentlich geförderten Institutionen. (Foto: pressmaster / Fotolia)


Nur bei 29 Prozent aller klinischen Studien von führenden US-Forschungsinstitutionen werden innerhalb von zwei Jahren die Ergebnisse veröffentlicht, berichten Forscher im laut einer British Medical Journal. Dies beeinträchtige den Wissenschaftsbetrieb grundsätzlich – und verletze die Pflichten gegenüber Patienten und Förderern.

Die mangelnde Transparenz bei klinischen Studien ist nicht nur bei ernsten Zwischenfällen wie in Rennes ein Problem: Auch wenn die Tests erfolgreich abgeschlossen werden, sollten ihre Ergebnisse veröffentlicht werden. Dies fordern amerikanische Wissenschaftler um Harlan Krumholz von der School of Medicine in Yale. Die Pharmaindustrie steht schon seit langem in der Kritik, missliebige Ergebnisse unter Verschluss zu halten. Doch das Team um Krumholt hat nun einen Blick auf die Studien geworfen, die von Wissenschaftlern an Universitäten und anderen akademischen Einrichtungen durchgeführt werden.

Sie sahen sich mehr als 4000 Tests mit einem Studienende zwischen Oktober 2007 und September 2010 an, die auf der Datenbank ClinicalTrials.gov registriert wurden und abgeschlossenen sind. Nur bei 29 Prozent aller Studien, die von einem Forscher einer akademischen Einrichtung geleitet wurden, wurden Ergebnisse innerhalb von 24 Monaten in der Datenbank veröffentlicht. Es gab zwar recht große Unterschiede in der Transparenz, doch keine Forschungseinrichtung veröffentlichte mehr als 41 Prozent ihrer Studien innerhalb von zwei Jahren nach Veröffentlichung. Auch fünf Jahre nach Abschluss sind nach Analyse der Forscher nur 60 Prozent der Ergebnisse publiziert.

Nur bei jeder achten Studie wurden Ergebnisse hinterlegt

Industrie-finanzierte Studien schnitten sogar signifikant besser ab als jene, die Geld von Behörden oder anderen akademischen Einrichtungen erhielten. Bei nur 13 Prozent wurden die Ergebnisse auf ClinicalTrials.gov veröffentlicht.

Zwar schreiben amerikanische Gesetze vor, dass bestimmte Studien registriert und ihre Ergebnisse veröffentlicht werden müssen. Doch die Autoren betonen, dass es bisher keine effektiven Mechanismen zur Durchsetzung der Veröffentlichung von Ergebnissen gäbe. Zwar können in den USA Strafen von bis zu 10.000 US-Dollar verhängt werden, doch ist dies bisher nie passiert, wie das Gesundheitsnachrichten-Portal STAT im Dezember 2015 berichtete. Außerdem hätte es bisher auf die Forschungsinstitutionen und einzelne Wissenschaftler keine Auswirkungen, wenn sie ihrer Pflicht nicht nachkommen.

Grundlegende Beeinträchtigungen

„Der Mangel an zügiger Veröffentlichung beeinträchtigt den Wissenschaftsbetrieb auf grundlegende Weise“, schlussfolgern die Wissenschaftler in ihrem Artikel im Fachmagazin British Medical Journal. „So werden die Verpflichtungen der Forscher verletzt, die sie gegenüber den Patienten und Förderern haben.“ Auch würden wertvolle Zeit und Ressourcen vertan. Sie befürchten, dass so evidenz-basierte Entscheidungen kompromittiert würden – und fordern neue Mechanismen, um zumindest zukünftig für mehr Transparenz zu sorgen.

Ein wirksamer Ansatz scheint zu sein, den Missstand transparent zu machen: Nach der Veröffentlichung von STAT haben in den vergangenen zwei Monaten wohl zahlreiche Forschungsinstitute Studienergebnisse veröffentlicht, wie STAT nun schreibt. Im Dezember und Januar sind 290 mehr Studien auf clinicaltrials.gov veröffentlicht worden, als im Vorjahreszeitraum. Welche Einrichtungen reagierten, ist nicht ganz klar – aber die Universität Stanford oder die University of Cincinnati hatten angekündigt, ihre zuvor sehr magere Publikationsbilanz deutlich aufzubessern.


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