Mit den Waffen der Genetik

Erbgut-Analyse verrät Strategien gegen Bettwanzen

New York - 08.02.2016, 07:00 Uhr

Forscher analysierten das Genom der Bettwanze und identifizierte alle Gene, die während der verschiedenen Entwicklungsstadien bis zum adulten Insekt eine Rolle spielen. (Foto: Nature Communications)

Forscher analysierten das Genom der Bettwanze und identifizierte alle Gene, die während der verschiedenen Entwicklungsstadien bis zum adulten Insekt eine Rolle spielen. (Foto: Nature Communications)


Sie zählen zu den ältesten und ungeliebtesten Begleitern des Menschen: Bettwanzen breiten sich in Großstädten rund um den Globus stark aus. Nun zeigt die Entschlüsselung ihres Erbguts neue Wege zur Bekämpfung der Parasiten. Zwei Studien geben im Fachblatt "Nature Communications" Aufschluss darüber, welche Schwachstellen die Insekten haben und warum sie immer resistenter gegen Insektizide werden.

Bettwanzen (Cimex lectularius) nisten sich in Schlafplätze von Warmblütern – vor allem Menschen – ein und ernähren sich von deren Blut. Ausgewachsene Tiere sind nicht dicker als ein Blatt Papier und werden etwa 4 bis 6 Millimeter lang. Nach ihrer Mahlzeit können die behaarten bräunlichen Parasiten das Siebenfache ihres ursprünglichen Gewichts erreichen.

Zudem sind sie äußerst robust: Sie sind fast weltweit verbreitet, recht kälteunempfindlich und können 40 Tage ohne Nahrung auskommen. Ihre Stiche verursachen heftig juckende Quaddeln. Die Tiere leben hauptsächlich in Ballungsräumen und verbreiten sich seit Jahren – auch, weil Menschen immer mobiler sind und die Parasiten verteilen. Einen anderen Grund nennt der Zoologe Louis Sorkin vom American Museum of Natural History in New York: “Heute weist ein hoher Prozentsatz der Wanzen genetische Mutationen auf, die sie resistent gegen Insektizide machen, die gewöhnlich im Kampf gegen diese urbane Plage eingesetzt wurden.”

In der ersten Studie (Genome assembly and geospatial phylogenomics of the bed bug Cimex lectularius) analysierte das Team um Sorkins Kollegen Jeffrey Rosenfeld das Genom der Bettwanze und identifizierte alle Gene, die während der verschiedenen Entwicklungsstadien bis zum adulten Insekt eine Rolle spielen. Demnach ändert sich die Genexpression, nachdem die Wanzen das erste Mal Blut konsumiert haben. Manche Gene, die danach abgelesen werden, fördern vermutlich die Resistenz der Tiere, indem sie für einen dickeren Chitin-Panzer und einen besseren Abbau von Giftstoffen sorgen.

Schlüssel zur Bekämpfung

Daher sollten Insektizide auf das Larvenstadium der Tiere abzielen. Zudem deutet das Erbgut darauf hin, dass Bettwanzen eine symbiotische Beziehung mit mehr als 400 Bakterienarten haben, die wahrscheinlich für Fortpflanzung und Wachstum unerlässlich sind. Antibiotika, die diese Keime angreifen, könnten ein weiterer Schlüssel zur Bekämpfung der Parasiten sein.

Die zweite Studie eines Teams um Joshua Benoit von der University of Cincinnati (US-Staat Ohio) in Nature Communications untersuchte das Zusammenspiel zwischen Erbanlangen und Proteinen. Die Forscher identifizierten Gene, die für Enzyme und andere Proteine codieren, die die Wanze unempfindlich gegen Giftstoffe machen. Zudem ermittelten sie Erbanlagen, die nach der sogenannten traumatischen Besamung die Erholung des Weibchens fördern: Bei der Paarung durchsticht das Männchen mit seinem hakenförmigen Kopulationsorgan die Haut über dem Fortpflanzungsorgan der Partnerin.

Stress, Schlaflosigkeit, Depression

Die Wissenschaftler fanden im Wanzen-Erbgut zudem Hunderte bakterielle Gene. Das Bakterium Wolbachia etwa, das in Zellen der Wanzen lebt, produziert einen Vitamin B-Cocktail, den die Blutnahrung den Insekten nicht liefert. “Die Identifizierung dieser eingeschleusten Gene gibt den Bettwanzen ein einzigartiges genetisches Profil, das bei der Schädlingsbekämpfung hilfreich sein könnte”, kommentiert Ko-Autor Jack Werren von der University of Rochester (US-Staat New York).

Die Erkenntnisse seien wichtig, weil Bettwanzen-Befall die Betroffenen stark belaste, betonen die Forscher. Menschen in befallenen Häusern könnten unter Stress, Schlaflosigkeit oder Depression leiden. “Die Menschen fühlen sich verletzbar: Da zehrt etwas von dir, das dein Blut trinkt, während du schläfst”, sagt Michael Scharf von der Purdue University in West Lafayette (US-Staat Indiana). Umso wichtiger sei die Genom-Sequenzierung: “Dieses Wissen könnte verhindern, dass sich Bettwanzen zu einer ähnlichen Plage entwickeln wie Küchenschaben oder krankheitsübertragende Mücken.”


Alice Lanzke, dpa Wissenschaftsredaktion 
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Bettwanzen auf Reisen

von Mücke am 26.01.2018 um 23:42 Uhr

Genau wie Frau Lanzke hier schreibt ist die seelische Belastung durch die Blutsauger noch eine zusätzliche Last.
Leider kommt man besonders auf Reisen leicht mit Wanzen in Kontakt. Für mich bedeutet das schlimmen Juckreiz bis zu 2 Wochen. Während Mitreisende überhaupt keine Symptome hatten.
Und dann reist immer noch die Angst mit nach Hause, dass man ungebetene Gäste im Koffer mitbringt.
Ich habe im Ratgeber- Portal https://insektenstichebehandeln.de/bettwanzenbisse-behandeln/ gute Tipps gefunden, wie man sich schützen kann. Aber am wichtigsten war mir der Hinweis, wie man nach der Reise die Klamotten behandelt, um sich nichts einzuschleppen.

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