ANTIKORRUPTIONSGESETZ

SPD überdenkt berufsrechtliche Pflichten

Stuttgart - 21.01.2016, 14:00 Uhr

Kein Streit, aber Klärungsbedarf: Union und SPD handeln derzeit Details zum Antikorruptionsgesetz aus. (Foto: Bilderbox)

Kein Streit, aber Klärungsbedarf: Union und SPD handeln derzeit Details zum Antikorruptionsgesetz aus. (Foto: Bilderbox)


Beim ins Stocken geratenen Antikorruptionsgesetz sprechen sich Unions-Stimmen gegen einen Verweis auf die berufsrechtlichen Pflichten zur Unabhängigkeit aus. Hierdurch könnte es bei Monopolsituationen und nicht-indizierten Arzneimitteln Regelungslücken geben, sagt SPD-Rechtsexperte Johannes Fechner gegenüber DAZ.online.

Obwohl der Entwurf für das geplante Antikorruptionsgesetz schon einige Monate kursierte, waren bei der Expertenanhörung im Dezember und einem Fachgespräch in der letzten Woche erneut Zweifel auf den Tisch gekommen, ob der aktuelle Text vielleicht zu unklar ist. Die meisten Juristen und Standesvertreter hatten bemängelt, dass der Verweis auf die „berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit“ zu schwammig ist: Für einen mit mehrjähriger Haftstrafe bewehrten Artikel im Strafgesetzbuch sei der Bezug auf standesrechtlich geregelte Normen zu unbestimmt. Außerdem können die Standesvertreter so selber regeln, welche Verletzungen bestraft werden – und die Regelungen könnten sich von Bundesland zu Bundesland unterscheiden.

Nachdem schon der berichterstattende CDU-Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak die Streichung des Passus ins Spiel gebracht hatte, plädierte nun auch der stellvertretende Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Georg Nüßlein hierfür. In einem Fraktions-internen Schreiben, das DAZ.online vorliegt, begründet er seine Forderung mit der Unbestimmtheit der rechtlichen Vorgaben und verfassungsrechtlichen Bedenken. Da die Diskussion bisher keine Alternativen aufgezeigt hätte, bittet er seine Kollegen im Fraktionsvorstand wie auch die Arbeitsgruppe Gesundheit der Fraktion um die Streichung des Verweises.

Wie reagiert der Koalitionspartner?

Eingeführt wurde die Regelung, da der Gesetzesentwurf ansonsten nur Fälle regelt, in denen Wettbewerb herrscht. Daher hatte das Justizministerium diesen allgemeinen Passus als Auffangtatbestand vorgesehen. „Das fanden wir von SPD-Seite einleuchtend – zum Beispiel für den Bereich nicht-indizierter Medikamente, wo es keinen Wettbewerb gibt“, sagt der rechtspolitische Sprecher der SPD, Johannes Fechner, gegenüber DAZ.online. Nicht strafbar bleibe es ansonsten, wenn ein Unternehmen einem Angehörigen eines Heilberufs für die Verabreichung eines nicht-indizierten Arzneimittels belohnten.

Dem Prüfungswunsch der Union käme seine Fraktion gerne nach. „Wir schauen uns das jetzt in Ruhe an, ob es tatsächlich Regelungsbedarf gibt“, so Fechner. 

Erwünschte Kooperation ist nicht unlauter

Keinen Änderungsbedarf sieht Fechner bei der Trennung gewünschter Kooperation und verbotener Korruption zwischen Ärzten oder Apothekern mit Unternehmen, die Nüßlein ebenfalls in seinem Schreiben aufgeführt hatte. Bei dieser „ganz wichtigen Frage“ wolle die SPD auf gar keinen Fall sinnvolle Zusammenarbeit einschränken oder die Betroffenen strafrechtlichen Risiken aussetzen. Aber der aktuelle Entwurf bestrafe nur diejenigen, die unlauter handeln. „Wer gewünschte Kooperationen eingeht, handelt nicht in unlauterer Weise – deshalb scheidet Strafbarkeit aus“, sagt Fechner. Da die Union diesen Punkt nicht beim letzten Treffen angesprochen habe, geht er davon aus, dass hier Einigkeit herrscht.

Trotz der Verzögerung seien Union und SPD auf einem guten Weg und hätten sich „nicht verkracht“, sagt der SPD-Parlamentarier. Das abschließende Koalitionsgespräch sei für Mitte Februar geplant, so dass das Gesetz Ende Februar oder Anfang März beschlossen und noch in der ersten Jahreshälfte in Kraft treten könne.


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