Beschleunigte Zulassungsverfahren

Scharfe Kritik an schnellen Zulassungen der FDA

Stuttgart - 18.01.2016, 16:30 Uhr

In der Kritik: Die amerikanische Zulassungsbehörde FDA schlampt bei der Kontrolle relevanter Sicherheitsinformationen. (Quelle: picture alliance / AP Photo)

In der Kritik: Die amerikanische Zulassungsbehörde FDA schlampt bei der Kontrolle relevanter Sicherheitsinformationen. (Quelle: picture alliance / AP Photo)


Die FDA ließ in den vergangenen Jahren ein Viertel aller Arzneimittel über ein beschleunigtes Verfahren zu. Nun hat eine Kontrollbehörde große Mängel festgestellt: Die FDA bereite die benötigten Daten zur Sicherheit der Arzneimittel sehr oft nicht auf – und komme ihrer Aufsichtsfunktion nicht ausreichend nach.

Unter dem Druck, neue Arzneimittel möglichst schnell ans Patientenbett zu bekommen, vernachlässigte die amerikanische Arzneimittelbehörde in den letzten Jahren offenbar systematisch ihre Aufsichtspflichten. Der Bericht, den das amerikanische Government Accountability Office (GOA) am Donnerstag veröffentlicht hat, legt den Finger in einige offene Wunden. Zwar wurden die inzwischen vier Programme für eine beschleunigte Zulassung schon zuvor kritisch diskutiert, doch hatte die Kontrollbehörde, die dem Kongress unterstellt ist, nun Zugriff auf interne Unterlagen.

Sicherheit trotz schneller Zulassung

Um die verringerten Anforderungen der beschleunigten Zulassungen auszugleichen, müssen Arzneimittelhersteller im Gegenzug nach der Zulassung Informationen bereitstellen und teilweise weitere Studien durchführen. So soll gewährleistet werden, dass sie die Sicherheit und Gesundheit von Patienten nicht zu sehr beeinträchtigen. Wie der Bericht des GOA nun jedoch offengelegt hat, kommt die Arzneimittelbehörde ihrer Aufsichtspflicht nicht ausreichend nach: „Der FDA mangelt es an zuverlässigen, einfach zugänglichen Daten zu den Sicherheitsfragen, die sie im Auge behalten sollte“, so die GAO. Diese wären für die Studien nötig, die nach der Marktzulassung durchgeführt werden – und um eine systematische Aufsicht durchzuführen. Stattdessen hätte das FDA-interne Center for Drug Evaluation and Research Probleme bei der Vollständigkeit, Aktualität und Genauigkeit festgestellt.

Daher konnte die FDA auch ihren gesetzlichen Pflichten nicht nachkommen, Berichte zu möglichen Sicherheitsproblemen rechtzeitig zu veröffentlichen. Eigentlich müsse die FDA vierteljährliche Berichte herausgeben – doch im vergangenen Jahr sei kein einziger Bericht veröffentlicht worden, schreibt die amerikanische Nachrichtenplattform STAT. 

„Der Bericht des GAO bestätigt meine größten Sorgen, dass der FDA die grundlegenden Mittel und Aufsichtsmöglichkeiten fehlen, um sicherzustellen, dass schnell auf den Markt gebrachte Arzneimittel tatsächlich sicher und effektiv sind“, zitiert STAT die demokratische Kongressabgeordnete Rosa DeLauro. Sie hatte die aktuelle Überprüfung angestoßen. Wenn die FDA einen größeren Teil des Sicherheitsrisikos auf die Konsumenten abwälze, sei eine angemessene Nachverfolgung von Problemen und eine ausreichende Begutachtung der später durchgeführten Studien absolut lebenswichtig. 

Probleme bei der Hälfte aller Studien 

Jedoch wurde zwischen März 2008 und September 2013 mehr als jede zweite der ungefähr 1400 Überwachungsstudien entweder zu spät oder gar nicht durch die FDA begutachtet, wie der Bericht feststellt. Dabei habe die FDA selber eingeräumt, dass beschleunigte Verfahren ein Risiko für Patienten darstellen könne. Schon 2008 sei ein externer Dienstleister bei der FDA auf mehr als 500 nachträgliche Kontrollstudien gestoßen, die eingereicht aber von der FDA nicht ausgewertet wurden, schreibt die Nachrichtenagentur Bloomberg.

Die aktuelle Überprüfung bezog sich auf das „Fast Track“-Programm sowie jenes für Durchbruch-Therapien, die 1997 beziehungsweise 2012 gestartet wurden. Zwischen Oktober 2006 und Dezember 2014 durchlief ein Viertel der insgesamt 1717 zugelassenen Arzneimittel eines der inzwischen vier beschleunigten Verfahren, durch die das Prozedere statt zwölf Monate im Schnitt etwas weniger als neun Monate dauerte. Jeder fünfte dieser Wirkstoffe kam aus dem Bereich der Onkologie. 

Pläne zur Korrektur der Probleme

Laut FDA-Sprecher Christopher Kelly macht die Behörde sich derzeit an die Arbeit, Informationen über signifikante Sicherheitsprobleme in ihr Nachverfolgungssystem zu übernehmen und die vierteljährlichen Berichte zu aktualisieren. Die Überwachungsbehörde GAO empfahl der amerikanischen Gesundheitsministerin, den Leiter der FDA anzuweisen, umfassende Pläne mit genauen Zielen und einem Zeitrahmen zur Korrektur der aufgedeckten Probleme zu entwickeln.


Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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