Progressive multifokale Leukenzephalopathie

MS-Organisationen empfehlen strengere Kontrollen unter Dimethylfumarat-Therapie

Stuttgart - 15.12.2015, 12:30 Uhr

Die PML ist eine seltene aber schwere Nebenwirkung der MS-Therapie mit Dimethylfumarat. (Bild: Zerbor - Fotolia.com)

Die PML ist eine seltene aber schwere Nebenwirkung der MS-Therapie mit Dimethylfumarat. (Bild: Zerbor - Fotolia.com)


Die neuen Empfehlungen der  europäischen Arzneimittelagentur EMA zur MS-Behandlung mit Dimethylfumarat (Tecfidera®) sollen das Risiko für eine progressive multifokale Leukenzephalopathie während der Therapie minimieren. Verschiedene deutsche MS-Organisationen halten jedoch an ihren strengeren Empfehlungen fest.

Seit März 2014 ist Dimethylfumarat (Tecfidera®) zur Behandlung der schubförmig remittierenden MS in Deutschland erhältlich. Im Herbst desselben Jahres berichtete die EMA über den ersten Fall einer progressiven multifokalen Leukenzephalopathie – einer seltenen demyelinisierenden ZNS-Erkrankung, die durch Reaktivierung einer Virusinfektion hervorgerufen wird und daher vor allem bei immunsupprimierten Patienten auftritt. Inzwischen ist im November 2015 der vierte Fall der gefährlichen Hirnentzündung nach Dimethylfumarat-Behandlung bekannt geworden. Bei keinem der Patienten war eine Immunsuppression vorausgegangen und es bestanden auch keine anderen wesentlichen Risiko-Faktoren. Nach derzeitigen Kenntnisstand geht die Entwicklung einer PML aber mit einer langanhaltenden Lymphopenie einher.

EMA-Empfehlungen als Rote-Hand-Brief 

Die EMA hat  im Oktober 2015 neue Behandlungsempfehlungen veröffentlicht, die dazu beitragen sollen, das Risiko für eine PLM unter Dimethyfumarat-Therapie zu minimieren. Tecfidera®-Hersteller Biogen hat diese vor kurzem in Absprache mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)  als Rote-Hand-Brief veröffentlicht. Die aufgeführten Maßnahmen, wie Bestimmung eines großen Blutbildes alle drei Monate oder ein MRT vor Behandlungsbeginn, sollen das Risiko für eine PML unter Dimethylfumarat minimieren.

MS-Experten forden engmaschigere Kontrollen

Dem Krankheitsbezogenen Kompetenznetz Multiple Sklerose (KKNMS) und dem Ärztlichen Beirat der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) gehen laut einer Pressemeldung diese Maßnahmen jedoch nicht weit genug. Die beiden MS-Organisationen empfehlen nach wie vor noch engmaschigere Blutbild-Kontrollen alle sechs bis acht Wochen, sowie weitere routinemäßige MRT-Untersuchungen – wie es auch im KKNMS Qualitätshandbuch Dimethylfumarat seit Mai 2014 angegeben ist. Die EMA empfiehlt Folge-MRTs nur bei schwerer und lang anhaltender Lymphopenie. Die Empfehlungen zum Unterbrechen und Absetzen der Therapie bei Leukopenie bzw. Lymphopenie von KKNMS und  DMSG sind ebenfalls deutlich strenger als die des Rote-Hand-Briefs.

Vor allem bei Älteren wachsam sein

Da alle vier bekannten PML-Fälle bei Patienten im Alter zwischen 50 und 70 Jahren aufgetreten sind, geht man davon aus, dass das Alter der Patienten und die Dauer der MS-Erkrankung möglicherweise eine Rolle spielen könnten. Daher sollte man bei Patienten dieser Altersgruppe besonders vorsichtig sein. 


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