Zulassung für Antidot

In den USA wird 5-FU- Therapie sicherer

Stuttgart - 14.12.2015, 17:10 Uhr

Chemotherapie noch sicherer:  5-FU-Überdosierungen kommen zwar selten vor - aber wenn, dann sind sie gravierend. (Foto: bananna/ Fotolia.com)

Chemotherapie noch sicherer: 5-FU-Überdosierungen kommen zwar selten vor - aber wenn, dann sind sie gravierend. (Foto: bananna/ Fotolia.com)


Überdosierungen des Zytostatikums 5-Fluorouracil und seines Prodrugs Capecitabin sind selten. Wenn sie aber auftreten, sind sie schwerwiegend und können sogar tödlich sein. Daher wurde in den USA jetzt ein Notfallpräparat zugelassen, das im Falle des Falles Leben retten soll.

Die amerikanische Aufsichtsbehörde FDA hat Uridin-Triacetat (VistogardTM )zur Notfallbehandlung nach 5-Fluorouracil- (5-FU) oder Capecitabin- (Xeloda®)Überdosis zugelassen. Das Präparat kann bei Kindern und Erwachsenen, bei denen eine der beiden Substanzen zu hoch dosiert wurde,  angewendet werden.  Aber auch wenn sich innerhalb von vier Tagen nach 5-FU- oder Capecitabin-Gabe eine schwere oder lebensbedrohliche Toxizität entwickelt, ist Uridin-Triacetat eine Option.

5-FU, das als Infusion gegeben wird, und sein oral verabreichtes Prodrug Capecitabin werden bereits seit Jahrzehnten in der Krebstherapie  eingesetzt. Capecitabin wird über drei Stufen zu 5-FU metabolisiert. Das Pyrimidin-Analogon entfaltet dann als Antimetabolit seine zytotoxische Wirkung. Zum einen, indem es als „falscher“ Baustein bei der Zellteilung anstatt der Pyrimidinbasen Cytosin und Thymin bzw. Uracil eingesetzt wird. Das führt zur Synthese fehlerhafter RNA und letztendlich einer Hemmung der Proteinbiosynthese. Zum anderen, indem es  die Thymidylat-Synthase hemmt und dadurch DNA-Synthese und Zellteilung inhibiert.

Kein Mittel gegen „normale Nebenwirkungen“

Das Antidot Uridin-Tricaetat wird oral verabreicht und blockiert die zytotoxische Wirkung von 5-FU. Daher soll es auch nur in Notfällen und nicht zur Behandlung „normaler“ Nebenwirkungen verwendet werden, weil es die Wirksamkeit der Chemotherapie verringern könnte. Bei Überdosierung von 5-FU oder Capecitabin soll das Präparat sobald wie möglich eingenommen werden –­ und zwar unabhängig davon, ob Symptome auftreten oder nicht. Ebenso bei Auftreten lebensbedrohlicher Nebenwirkungen innerhalb der ersten vier Tage hach Verabreichung der Substanzen in normaler Dosierung. Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit für einen Einsatz nach Ablauf des  Zeitfensters von  vier Tagen liegen nicht vor. Wann die Chemotherapie nach Uridin-Tricaetat-Gabe dann fortgesetzt werden kann, liegt im Ermessen des Arztes.

Orphan Drug Status

VistogardTM hat von der FDA Orphan-Drug-Status zugstanden bekommen und konnte somit ein vereinfachtes  Zulassungsverfahren durchlaufen. In den zulassungsrelevanten Studien waren von den Patienten, die  Uridin-Tricaetat aufgrund einer Überdosis erhalten hatten, nach 30 Tagen noch 97 Prozent am Leben. In der Gruppe, die aufgrund der frühen, schweren oder lebensbedrohlichen  Toxizität behandelt worden war, überlebten 89 Prozent den ersten Monat. Bei 33 Prozent der Patienten konnte die Chemotherapie nach weniger als 30 Tagen fortgesetzt werden. Insgesamt basieren die Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit auf zwei Studien an 135 Kindern und  Erwachsenen.

Uridin-Tricaetat ist außerdem unter dem Handelsnamen XuridinTM seit September 2015 für Patienten mit hereditärer Orotazidurie zugelassen, einer extrem seltenen Erbkrankheit. Weltweit wurden etwa 20 Fälle beschrieben. Aufgrund eines  schweren Aktivitätsmangels der Uridin-5’-monophosphat-(UMP-)Synthase  Pyrimidin- Stoffwechsel  leiden die Betroffenen unter Minderwuchs, Anämie und exzessiver Ausscheidung von Orotsäure im Urin. Oral verabreichtes Uridin-Triacetat soll Uridin substituieren.


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