BSG-Urteil zu Zyto-Ausschreibungen

Peterseim: „Ein rabenschwarzer Tag“

Berlin - 26.11.2015, 10:15 Uhr

Klaus Peterseim erneuert seine Forderung nach Abschaffung der Zyto-Ausschreibungen. (Foto: BVKA)

Klaus Peterseim erneuert seine Forderung nach Abschaffung der Zyto-Ausschreibungen. (Foto: BVKA)


Der Gesetzgeber muss Ausschreibungen im Bereich der Zytostatika-Versorgung dringend verbieten – dies fordert der Verband Zytostatika herstellender Apotheken nach dem Urteil des Bundessozialgerichts. Anderenfalls drohten „schlimme Langzeitfolgen“.

Dr. Klaus Peterseim, Präsident des Verbandes der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker (VZA) spricht von einem „rabenschwarzen Tag für Krebspatienten und ihre wohnortnahe Versorgung mit Arzneimitteln“: Am 25. November bestätigte das Bundessozialgericht die exklusiven Versorgungsverträge der AOK Hessen mit Apotheken über Zytostatikazubereitungen, die zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten direkt an die ärztliche Praxis geliefert werden.

Damit die Kasse die Einsparungen durch diese Verträge auch tatsächlich realisieren könne, seien alle anderen Apotheken von der Versorgungsberechtigung zulasten der gesetzlichen Kassen ausgeschlossen. Liefere eine Nicht-Vertragsapotheke dennoch für einen AOK-Versicherten, habe sie keinen Anspruch auf Vergütung. Das Recht des Patienten, seine Apotheke frei zu wählen, trete also hinter dem Wirtschaftlichkeitsgebot zurück.

Vernichtend für Apotheker und ein schwerer Schlag für Patienten

Peterseim ist alarmiert: „Es drohen schlimme Langzeitfolgen, wenn die Politik nicht korrigierend eingreift und Ausschreibungen verbietet.“ Nicht zuletzt sei es aber auch für die schwerstkranken Patienten ein schwerer Schlag: „Sie werden entmündigt und sollen künftig bei der Frage, wer sie in ihrer lebensbedrohlichen Lage versorgt, nichts mehr zu sagen haben. Das hätte verheerende Folgen und wäre ein ökonomisches Diktat der Krankenkassen auf Kosten ihrer Versicherten.“

Auch wenn die schriftlichen Entscheidungsgründe noch nicht vorliegen: Beim VZA hält man das Urteil schon jetzt für juristisch nicht nachvollziehbar. Der Patient habe auch bei der Versorgung mit Zytostatika ein gesetzlich verbrieftes Apothekenwahlrecht hat (§ 31 Abs.1 Satz 5 SGB V). Dieses Patientenwahlrecht habe der Gesetzgeber bei Schaffung der Rechtsgrundlage für Zytostatika-Ausschreibungen (§ 129 Abs. 5 Satz 3 SGB V) noch einmal ausdrücklich bestätigt. Eine Ausnahmevorschrift zur Einschränkung des Patientenwahlrechts wie bei Hilfsmittelausschreibungen gebe es hier nicht, betont der Verband.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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