SCHWEDEN ZUM DOCMORRIS-BONI-PROZESS

"Eingriffe der Nationalstaaten in EU-Warenverkehr gerechtfertigt"

Berlin - 27.10.2015, 13:30 Uhr

Sind Rx-Boni für DocMorris & Co. zulässig? Der Europäische Gerichtshof soll entscheiden. (Bild: G. Fessy/ EuGH)

Sind Rx-Boni für DocMorris & Co. zulässig? Der Europäische Gerichtshof soll entscheiden. (Bild: G. Fessy/ EuGH)


Der DocMorris-Rx-Boni-Fall vor dem Europäischen Gerichtshof beschäftigt viele – darunter auch Schweden. Die Regierung des Landes stellt sich klar auf die Seite der Bundesregierung und hält die deutsche Arzneimittelpreisverordnung für zulässig.

Neben den Verfahrensbeteiligten, der EU-Kommission und Deutschland haben auch einige andere Länder Stellungnahmen zum DocMorris-Rx-Boni-Fall vor dem Europäischen Gerichtshof abgegeben. "Der Zugang der Bevölkerung zu verschreibungspflichtigen Arzneimitteln über die Abgabe an der Verkaufstheke in der Apotheke ist ein geeignetes Mittel, um eine qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung zu gewährleisten", heißt es in einer Stellungnahme der schwedischen Regierung.

Die zuverlässige Beratung bei der Abgabe von rezeptpflichtigen Arzneimitteln könne in einer Vor-Ort-Apotheke besser sichergestellt werden als im Versandhandel. Dies rechtfertigt aus Sicht der schwedischen Regierung bei Arzneimitteln Eingriffe der Nationalstaaten in den ansonsten freien Warenverkehr innerhalb der EU.

Arzneimittel besondere Ware

In der deutschen Arzneimittelpreisbindung sieht die schwedische Regierung sowohl einen Beitrag zur Sicherung einer "qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung“ als auch keinen Verstoß gegen die Wettbewerbsfreiheit.

Arzneimittel hätten einen ganz besonderen Charakter, da ihre therapeutischen  Wirkungen sie substanziell von den übrigen Waren unterscheide. "In diesem Licht betrachtet, ist  es  nicht belanglos, ob ein Arzneimittel im Wege des Versandhandels oder im Wege der direkten Abgabe über die Verkaufstheke der Apotheke verfügbar ist", erläutert die schwedische Regierung ihre Position. Durch die Abgabe in einer Apotheke könne eine "zuverlässige Beratung besser sichergestellt werden als bei der Abgabe im Wege des Versandhandels". 

Dies gelte beispielsweise für die Wechselwirkungen eines Arzneimittels mit einem anderen vom Patienten eingenommenen Arzneimittel oder für die richtige Einnahme eines verschriebenen Arzneimittels. Weil das die Arzneimittel abgebende Apothekenpersonal zum einen bestimmte Kenntnisse über Arzneimittel besitze und zum anderen verpflichtet sei, diese Kenntnisse  an  den Verbraucher weiterzugeben, könne das Ungleichgewicht ausgeglichen werden, „das dadurch entsteht, dass der Verbraucher selbst oft nicht über die erforderlichen Kenntnisse verfügt.

Zugang zu Medikamenten gesichert

Die schwedische Regierung ist überdies der Auffassung, dass eine Preisregulierung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln auch dazu beiträgt, dass der Zugang zu Arzneimitteln in bevölkerungsarmen Gebieten gewährleistet ist, da durch sie ein bestimmtes Preisniveau sichergestellt wird.

In deutschen Arzneimittelpreisen sieht die schwedische Regierung zudem keine Behinderung des Warenverkehrs: "Weiter ist festzustellen, dass die deutsche Preisbindungsregelung bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel für alle Apotheken gilt, die in Deutschland verschreibungspflichtige Arzneimittel an Verbraucher abgeben, unabhängig davon, wo die Apotheke ihren Sitz hat oder welchen Absatzkanal sie wählt", so die Stellungnahme. Somit sei "schwer nachzuvollziehen, dass die Regelung rein rechtlich ausländische Apotheken anders treffen würde als inländische".


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