Maßnahmen gegen Lieferengpässe

Regierung: Pharmadialog abwarten

Berlin - 26.10.2015, 11:15 Uhr

Engpässe bei Arzneimitteln und Impfstoffen sind ein Dauerbrenner. (Foto: B. Wylezich/Fotolia)

Engpässe bei Arzneimitteln und Impfstoffen sind ein Dauerbrenner. (Foto: B. Wylezich/Fotolia)


Die Bundesregierung bleibt dabei: Lieferengpässe führen nicht zwangsläufig zu Versorgungsengpässen. Dennoch nehme sie das Thema ernst, antwortet sie auf eine Anfrage der Grünen. Vor Ende des Pharmadialogs sind allerdings keine Maßnahmen zu erwarten.

Lieferengpässe sind nicht zwangsläufig mit medizinischen Versorgungsengpässen gleichzusetzen. Dies schreibt die Parlamentarische Staatssekretärin im Gesundheitsministerium, Ingrid Fischbach (CDU), in der Antwort der Regierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen zum Thema „Transparenz über Lieferengpässe von Medikamenten und Impfstoffen“. Die Engpässe führten zwar zu einem erhöhten Aufwand für Ärzte, Krankenhäuser und Apotheken – doch häufig stünden alternative Arzneimittel zur Verfügung. Nur in einigen Fällen im onkologischen Bereich sei es zu ernsthaften Einschränkungen gekommen. Dennoch nehme die Bundesregierung das Thema „sehr ernst“, so Fischbach in der Vorbemerkung ihrer Antwort. Daher werde es derzeit im Pharmadialog der Bundesregierung mit Wissenschaft, Wirtschaft und Zulassungsbehörden „intensiv diskutiert“.

Die Grünen-Fraktion hatte zudem detaillierte Fragen gestellt, inwieweit die Regierung plane, die Transparenz über Lieferengpässe zu erhöhen. Ob sie etwa über eine verbindliche Regelung für Hersteller zur Meldung von Engpässen nachdenke oder darüber, auch Großhändler und ausgewählte Krankenhausapotheken in eine solche Meldepflicht einzubeziehen. Auch hier verweist Fischbach auf den Pharmadialog: „Die Bundesregierung wird unter Berücksichtigung der Ergebnisse dieses Dialogs über mögliche Maßnahmen entscheiden“. Eine entsprechende Antwort gibt es auch auf weitere Fragen, die nach konkreten Plänen fragen.

Klarer wird die Regierung hingegen bei der Frage, wann die ärztlichen Fachgesellschaften eine gemeinsame Liste von unverzichtbaren Arzneimitteln vorlegen wird. Dies werde voraussichtlich Ende Oktober sein, schreibt Fischbach.

Sonderfall Impfstoffe

Zum Komplex der Impfstoffe räumt Fischbach ein, dass solche biologischen Arzneimittel häufiger von Engpässen betroffen seien. Oft fehlten aber nur bestimmte Packungsgrößen. Zudem gebe es in der Regel Alternativen. So sei es auch im Fall der beklagten Ausfälle beim Vierfachimpfstoff gegen Diphterie, Tetanus, Pertussis und Polio.

Auch im Hinblick auf Impfstoff-Engpässe wollten die Grünen wissen, wie die Situation aus Sicht der Regierung transparenter werden kann. Da die Kleine Anfrage gestellt wurde bevor am 9. Oktober die neue Übersicht des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) zu Lieferengpässen bei Impfstoffen veröffentlicht wurde, kann Fischbach nun auf diese verweisen. Was die Frage nach einer erweiterten Meldepflicht für Großhändler und Krankenhausapotheken für den Bereich der Impfstoffe betrifft, so sei diese derzeit nicht vorgesehen. Unter anderem, weil sie mit einem „erheblichen Verwaltungsaufwand einhergehen würde“ und die bundesweite Situation auch nicht verbessern würde, da hier die Möglichkeit des Direktvertriebes vom Hersteller zum Arzt gebe.

Die Frage der Grünen, ob das Bundesinstitut für Arzneimittel (BfArM) und das PEI die Engpässe des Vorjahres auswerten und veröffentlichen sollten, verneint die Bundesregierung im Hinblick auf die BfArM-Liste. Ihr Ziel sei, über die jeweils aktuelle Liefersituation zu informieren. Das PEI prüfe hingegen, ob Informationen über behobene Engpässe in einer „historischen Übersicht“ zusammengestellt werden können.

Grüne: Pharmadialog als „Blackbox“

Kordula Schulz-Asche, Sprecherin für Prävention und Gesundheitswirtschaft der Grünen im Bundestag, ist mit der Antwort nicht zufrieden: „Entweder stochert die Bundesregierung selbst im Nebel, oder sie versucht, Ursachen für Lieferengpässe zu vernebeln“. Statt klar und eindeutig zu antworten, verweise die Bundesregierung auf die „Blackbox“ Pharmadialog, der vermeintlich alles lösen solle.

Positiv sei allerdings die neue PEI-Übersicht Lieferengpässe für Impfstoffe. Ausdrücklich unterstützt Schulz-Asche auch das Vorhaben des PEI eine „historische Übersicht“ zu erstellen, „da für eventuellen Handlungsbedarf nicht einzelne akute Lieferengpässe, sondern die Entwicklung des gesamten Marktes zu berücksichtigen ist“. Zusätzlich wäre aus ihrer Sicht eine jährliche systematische Auswertung sinnvoll, um strukturelle Probleme analysieren zu können.

Nicht zuletzt verweist die Grünen-Politikerin darauf, dass auch die Präsidenten des BfArM seit 2014 eine Melde-Verpflichtung forderten. „Warum das Gesundheitsministerium seine eigenen Spezialisten mit dieser Forderung derart im Regen stehen lässt, ist schleierhaft“, so Schulz-Asche.

Pharmadialog dauert an

Bis die Ergebnisse des Pharmadiaolgs vorliegen, wird noch einige Zeit vergehen. Die nächste Runde ist für den 21. Januar 2016 angesetzt. Dann soll der Abschlussbericht im Mittelpunkt der Beratungen stehen.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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