Flibanserin-Verkaufstart

„Pink Viagra“ jetzt in den USA zu haben

Stuttgart - 21.10.2015, 07:30 Uhr

Die "Lustpille" für die Frau ist seit letztem Samstag in den USA erhältlich.(Bild: yurakp/Fotolia)

Die "Lustpille" für die Frau ist seit letztem Samstag in den USA erhältlich.(Bild: yurakp/Fotolia)


US-amerikanischen Frauen, die unter mangelnden sexuellem Verlangen leiden, steht nun mit Addyi ein Medikament zur Verfügung, das ihnen wieder Lust machen soll. In Europa ist die umstrittene „Lustpille“, auch „Pink Viagra“ genannt, nicht zugelassen.

In den USA hat am vergangenen Wochenende der Verkauf von Addyi® (Wirkstoff: Flibanserin) begonnen. Addyi® habe das Potenzial, die sexuelle Gesundheit der Frauen ebenso zu verändern, wie es Viagra® mit der der Männer getan hat. Das sei es aber schon mit den Parallelen, erklärte Cindy Whitehead, CEO des Herstellers Sprout Pharmaceuticals. Und in der Tat: Während Sildenafil (Viagra®) als PDE-5-Hemmer ausschließlich physische Mechanismen beeinflusst, wirkt Flibanserin auf die Psyche. Der gemischte Serotonin-Agonist/-Antagonist (Agonist an 5-HT1A- und Antagonist an 5-HT2A-Rezeptoren) wurde ursprünglich von Boehringer Ingelheim als Antidepressivum entwickelt. Während der Studien stellte sich dann heraus, dass Flibanserin zwar gegen Depressionen wirkungslos war, aber eine interessante Nebenwirkung hat: Es steigerte bei Frauen das sexuelle Verlangen.

Skepsis bei Experten

Während die einen die Entwicklung von Addyi® als historischen Meilenstein sehen, der Tür und Tor öffnet für weitere Medikamente, die das sexuelle Verlangen bei Männern und Frauen adressieren, sind andere skeptisch. Gerade Sexualwissenschaftler und –therapeuten äußern sich kritisch. So sei das Alkoholverbot während der Einnahme geradezu lächerlich, heißt es in einem Brief zahlreicher Sex-Forscher an die US-Arzneimittelbehörde FDA. Deutsche Experten kritisieren den starken Eingriff in den Körper und verweisen darauf, dass die Erfahrung mit der Behandlung von Erektionsstörungen bei Männern zeigen, dass sich sexuelle Probleme oft nicht medikamentös lösen lassen. Die „Fernseh-Sex-Expertin“ Ann-Marlene Henning („Make Love“, ZDF) fragt sich, wie viele Frauen wohl freiwillig ein Psychopharmakon einnehmen werden, um mehr Lust zu haben.

Ein weiterer Minuspunkt, der den potenziellen Markt einschränkt: Addyi® ist nur für Frauen vor der Menopause zugelassen. Überhaupt sollen laut einer Studie nur zehn Prozent der Frauen von Flibanserin profitieren – und das auch nicht sofort, sondern erst nach mehreren Wochen.

Dazu ist das Arzneimittel nicht wirklich billig. In den USA kommen laut dem Nachrichtenmagazin „Newsweek“ je nach Krankenversicherung monatliche Kosten von etwa 30 bis 75 US-Dollar (ca. 26 bis 66 Euro) auf die Anwenderinnen zu. Auch die Auflagen für die Verschreibung sind dort hoch. Addyi® darf beispielsweise nur von speziell geschulten Ärzten verschrieben und nur von bestimmten Apotheken abgegeben werden.

Auch wenn Addyi® seit der Zulassung im dritten Anlauf durch die amerikanische Aufsichtsbehörde FDA auch in Deutschland hohe Wellen schlägt, stellt sich hier die Frage nach einer Anwendung im großen Stil derzeit nicht konkret: Für Europa liegt noch kein Zulassungsantrag vor.


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