„Neue“ Arztstempel

Retax-Moratorium vieler Kassen endet

Düsseldorf - 30.09.2015, 09:50 Uhr

Ab dem 1. Oktober lieber nochmal genau auf den Arztstempel schauen: Enthält er Vorname und Telefonnummer? (Foto: Sket)

Ab dem 1. Oktober lieber nochmal genau auf den Arztstempel schauen: Enthält er Vorname und Telefonnummer? (Foto: Sket)


Am 30. September endet bei vielen Krankenkassen die Friedenspflicht, während der sie Rezepte ohne Vorname und Telefonnummer des Arztes nicht retaxieren. Nur die Techniker Krankenkasse (TK) und die sehr viel kleinere Schwenninger BKK haben bisher erklärt, die Friedenspflicht bis Ende März zu verlängern. Nach einer Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) müssen Rezepte seit dem 1. Juli 2015 den Vornamen und die Telefonnummer des verschreibenden Arztes enthalten. Etliche Krankenkassen hatten erklärt, bis Ende September bei deren Fehlen keine Rechnungskürzung zu veranlassen.

Doch dieses Retax-Moratorium endet nun bei allen gesetzlichen Krankenkassen außer der TK und der Schwenninger BKK. Diese beiden Kassen haben erklärt, bis zum 31. März 2016 auf Retaxationen aufgrund der neuen AMVV zu verzichten. Apotheken sollten also bei allen Rezepten, die ab dem 1. Oktober abgegeben werden, auf die Einhaltung der neuen Regeln achten, empfiehlt beispielsweise das Deutsche Apotheken Portal (DAP). Denn obwohl die Angabe von Vorname und Telefonnummer des Arztes im Arzneimittelliefervertrag nicht gefordert wird  und sich die AMVV überwiegend an die Ärzteschaft richte, weiteten manche Rezeptprüfstellen den Begriff der „ordnungsgemäßen Verordnung“ – die für eine Erstattung durch die Kasse Voraussetzung ist – „gern in ihrem Sinne aus“, wie das DAP in seinem Newsletter vom 29. September schreibt.

Darf überhaupt retaxiert werden?

Dabei ist unter Experten durchaus umstritten, ob das Fehlen der seit 1. Juli zusätzlich vorgeschriebenen Angaben überhaupt zur Retaxation berechtigt. Immerhin ist der Sinn dieser Regelung, die Kontaktaufnahme des Apothekers mit dem verschreibenden Arzt zu erleichtern. Deswegen verstößt das Fehlen dieser Angaben eben gerade nicht gegen eine gesetzliche Abgabebestimmung, erläuterte die Apothekenrechtsexpertin Dr. Sabine Wesser bereits im Juli gegenüber DAZ.online. Da auch gegen keine vertraglichen Prüfpflichten der Apotheke verstoßen werde – der Rahmenvertrag fordert nur, dass das Rezept den Arztstempel tragen muss, über dessen Inhalt äußert er sich nicht – dürfen die Kassen gar nicht retaxieren, folgert Wesser.

Trotzdem gibt es eine Verunsicherung bei vielen Apothekern, zumal auch die Frage, ob der Apotheker die fehlenden Angaben selbst ergänzen darf,  völlig unterschiedlich beantwortet wird. Das liegt unter anderem an den regional unterschiedlich ausgestalteten Verträgen zwischen Kassen und Ärzten sowie Kassen und Apothekern. Auf der sicheren Seite dürften Apotheken sein, wenn sie ab 1. Oktober Rezepte mit fehlenden Angaben an die Arztpraxen zurückgeben – mit allen damit einhergehenden Problemen mit Patienten und Ärzten.


Dr. Benjamin Wessinger (wes), Apotheker / Herausgeber / Geschäftsführer
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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