Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

05.10.2014, 08:00 Uhr


Die elektronische Gesundheitskarte (eGK) soll die Arzneimittel speichern und Neben- und Wechselwirkungs-Checks ermöglichen. Da wird gerade Druck aufgebaut. Das heißt für uns Apothekers: aufpassen, wer den Check machen will. Andere Sorgen haben unsere französischen Kolleginnen und Kollegen: ihr Wirtschaftsminister will Fremd- und Mehrbesitz, außerdem OTCs im Supermarkt. Das bedeutet Streik. Außerdem in dieser Woche: neue Rabattverträge, der Allianz-Bahr, die HAV-Frage. Und, mein liebes Tagebuch, kein Tag der Einheit in Sachsen: bis zu 40 Prozent unter Tarif.

29. September 2014

Unerwünschte Neben- und Wechselwirkungen bei Arzneimitteln, Gesundheitsrisiko und Kostentreiber im Gesundheitswesen – die Apothekerinnen und Apotheker haben dieses Thema zwar jahrelang vor sich hergetrieben, aber die Zeit scheint erst jetzt reif dafür zu sein. Die „Welt“ fragte in einem Beitrag, was es mit den Neben- und Wechselwirkungen so auf sich hat. Staatssekretär Karl-Josef Laumann fordert gleich Krankenkassen und Ärzte auf, „nach jahrelanger Verzögerung endlich den Weg frei zu machen für eine voll funktionsfähige elektronische Versichertenkarte, die sämtliche Medikamente des Patienten speichern und in einem weiteren technischen Schritt auch Wechselwirkungen anzeigen kann“. Warum fallen ihm hier nicht die Apotheker ein? Mein liebes Tagebuch, abgesehen davon, bei der eGK hinkt Deutschland in der Tat hinterher. In den Niederlanden können Ärzte und Apotheker schon seit einiger Zeit auf eine gemeinsame Datenbank zugreifen, in der die Medikation des Patienten gespeichert ist. Elektronische Gesundheitskarte, Neben- und Wechselwirkungs-Checks, Medikationsmanagement – wir müssen genau aufpassen, was hier passiert und unsere Gebiete besetzen, sonst übersieht man uns.

So, so, bei einem chinesischen Wirkstoffhersteller hat eine rumänische Überwachungsbehörde zahlreiche, zum Teil wesentliche GMP-Mängel festgestellt. Ach was. Mein liebes Tagebuch, was sagt da unser Bauchgefühl? Wird wohl nicht das erste Mal gewesen sein, dass man Mängel bei chinesischen oder indischen Firmen fand, oder? Klar, nicht jede Pharmaküche in Fernost ist schlecht. Und Vorurteile haben wir nicht. Aber irgendwie schwingt da so ein komisches Gefühl mit, wenn man über Arzneiherstellung, China und Qualität nachdenkt. Und darüber, wie viele Arzneimittel heute in Fernost produziert werden. Viele, sehr viele.

Unser Ex-Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr geht als Generalbevollmächtigter in den Vorstand der Allianz, der privaten Krankenversicherung. Warum auch nicht. Gesundheitswesen, Krankenversicherung – das kann er. Und schon melden sich Neider aus der Politik, die dabei was Anrüchiges finden. Dabei ist sein Ausscheiden aus der Politik schon fast ein Jahr her. Wie lange soll er denn noch warten? Mein liebes Tagebuch, wir wollen doch Experten als Politiker. Dann müssen wir auch hinnehmen, dass sie nach ihrer Amtszeit wieder dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und auf dem Gebiet eine Arbeit suchen, auf dem sie sich auskennen.

30. September 2014

Neue Rabattverträge bei der AOK ab 1. Oktober. Für viele Patienten heißt das wieder: sich umstellen auf ein anderes Arzneimittel. Der Rabattvertragszirkus feiert Urständ. Und Zirkusdirektor Hermann freut sich, dass jährlich allein bei der AOK mehr als 1,3 Milliarden Euro durch Rabattverträge erlöst werden, bei allen Kassen zusammen rund 3 Milliarden Euro. Ist ja wunderbar für die Kassen. Doch das sollte auch erwähnt werden: Wie viele Arzneimittel wurden aufgrund der Umstellung und wegen Non-Compliance nicht eingenommen? Und, mein liebes Tagebuch, wer hat die endlosen Diskussionen und Gespräche mit Patienten und die Logistikprobleme auszubaden? Ein kleines Dankeschön an die Apothekerinnen und Apotheker Deutschlands, die den Rabattverträgen in Deutschland erst zum Erfolg verholfen haben und immer noch verhelfen und das alles ohne Vergütung, wäre nett gewesen. Aber das ist wohl nicht der Stil der AOK. Tja, was nichts kostet, ist nichts wert. Wir hätten eine Rabattvertragsumstellungsgebühr verlangen sollen!

1. Oktober 2014

Fast 90 Prozent der französischen Apotheken blieben am Dienstag geschlossen – nicht nur zwischen 12 und 13 Uhr. Und sie bedienten auch nicht durch die Nachtdienstklappe. Frankreichs Apothekerinnen und Apotheker haben gestreikt, aber richtig. Und sie wehren sich zu Recht. Denn mit einem geplanten „Gesetz für Wachstum und Kaufkraft“ sollen die freien Berufe dereguliert werden, auch der Apothekerberuf. Im Klartext: Frankreichs Regierung will die Niederlassungsfreiheit einführen, die Bildung von Apotheken-Zusammenschlüssen erleichtern und die Abgabe von OTC-Arzneimitteln außerhalb der Apotheken erlauben. Das volle Deregulierungsprogramm also mit Fremd- und Mehrbesitz und Internetapotheken ohne Präsenzapotheke. Bis zu 50 Prozent einer Apotheke sollen berufsfremde Investoren besitzen können. Frankreichs Wirtschaftsminister Macron glaubt, mit diesem Programm die Produktivität zu steigern und die Wirtschaftlichkeit der Apotheke zu verbessern.  Vor allem: die OTC-Preise sollen günstiger werden. OTCs in Supermärkten und Parapharmacien – der Horror schlechthin, auch wegen der Arzneimittelsicherheit, die damit vor die Hunde geht. Macron will trotz Streik an seinem Gesetz festhalten. Mein liebes Tagebuch, wenn die Wirtschaftsleute nicht einsehen wollen, dass Apotheken keine Supermärkte und Arzneimittel keine Waschmittel sind, muss wohl noch mehr Streik her. Dass solche Strömungen auf Deutschland übergreifen, ist mit der jetzigen Regierung unwahrscheinlich. Aber es gibt natürlich nach wie vor auch in Deutschland Kräfte, die das Heil der Apotheke im Fremd- und Mehrbesitz sehen und OTCs im Supermarkt für eine gute Idee halten. Sicherheit, dass alles so bleibt wie’s ist, wird es nie geben. Da kann vielleicht wirklich nur eins überzeugen: der Heilberuf Apotheker.

2. Oktober 2014

Vom 10. bis 20. Oktober können die Mitglieder des Hessischen Landesapothekerverbands (HAV) einen neuen Vorstand wählen. Der bisherige Vorsitzende Dr. Peter Homann tritt nicht mehr an. Gesucht wird also auch ein neuer Vorsitzender. Und da fällt einem natürlich gleich Dr. Hans Rudolf Diefenbach ein, der bisherige Vize, der sich bereits in Diskussionen auf Apothekertagen und Internetforen, mit Leserbriefen und vor allem mit seiner Aktion zu den Lieferengpässen einen Namen als aktiver und streitbarer Berufspolitiker gemacht hat. Ob er allerdings für den Vorstandsposten kandidieren möchte, das hat er noch nicht entschieden. Abgesehen davon, dass er bei der Wahl erst einmal seinen Vorstandsposten verteidigen muss: Diefenbachs Zögern hat mit seinem Verhältnis zur ABDA zu tun. Nachdenklich habe ihn beispielsweise der barsche Diskussionsstil der ABDA-Führung auf dem letzten Apothekertag gemacht. Mein liebes Tagebuch, mal unter uns: So eine etwas andere, erfrischendere Art, wie sie Diefenbach zu eigen ist, wäre im Gesamtvorstand der ABDA nicht verkehrt.

Die elektronische Gesundheitskarte (eGK) macht Probleme. Einige Arztpraxissoftware-Systeme können die erforderliche Umstellung des Versichertenstatus nicht verarbeiten. Das hat zur Folge, dass auf circa zwei Prozent der Rezepte die Kassen-Kennzeichnungen mangelhaft aufgedruckt werden. Damit können Rabattverträge von den Apotheken nicht beliefert und die Rezepte nicht abgerechnet werden. Eine Lösung ist noch nicht in Sicht. Apotheken können sich nur beim ausstellenden Arzt rückversichern. Mein liebes Tagebuch, das klingt doch wieder nach Retaxationen, oder? Rezeptprüffirmen der Kassen lauern wohl schon auf solche Rezepte.  Vorsorglich hat Dr. Jörn Graue, der Vorsitzende des Hamburger Apothekervereins, die gesetzlichen Krankenkassen aufgefordert, auf Retaxationen wegen mangelhafter Ausstellung von Rezepten mit neuen Kassen-Kennzeichnungen zu verzichten. „Für Fehler können jetzt nicht die Apotheker haften“, so Graue. Mein liebes Tagebuch, hoffen wir, dass die Kassen das auch so sehen.

3. Oktober 2014

Tag der Einheit. Jeder, der die Jahre 1989 und 1990 aktiv miterlebt hat, wird auch heute noch, 25  Jahre nach dem Mauerfall, mit Freude daran zurückdenken, wie friedlich sich die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten vollzogen hat. Vor allem, wenn man die aktuellen Geschehnisse in der Ukraine verfolgt.

Was an einem Tag wie dem 3. Oktober im Tagebuch hervorgehoben werden kann, ist die  hervorragend gelungene Übertragung des Apothekenwesens der alten Bundesländer auf die neuen. Es war beispielhaft, wie hier die Kammern und Verbände beim Aufbau der Strukturen in den neuen Bundesländern halfen. Apotheken wurden gegründet, die flächendeckende Arzneimittelversorgung in den neuen Bundesländern war rasch aufgebaut, Apotheken prosperierten. Mein liebes Tagebuch, alles gut, bis auf eins: Die sächsischen Apothekenleiter verabschiedeten sich vor 16 Jahren aus dem Tarifverband, weil sie glaubten, sie könnten die Gehälter des Tarifvertrags nicht mehr für ihre Mitarbeiter zahlen. Laut einer Umfrage der Apothekengewerkschaft Adexa erhalten in Sachsen 87 Prozent der  Apothekenmitarbeiter weniger als die im übrigen Bundesgebiet vereinbarten 13 Tarifgehälter. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten in Sachsen nur 80 Prozent des Tarifgehalts, in Extremfällen sogar nur 60 oder 65 Prozent. Und das, obwohl nach Angaben der Apothekengewerkschaft die Ertragslage der Apotheken in Sachsen nicht schlechter ist als im restlichen Bundesgebiet. Mein liebes Tagebuch, so kann’s nicht weitergehen. Gerade die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Sachsens Apotheken werden mit ARMIN, der Arzneimittelinitiative, besonders gefordert. Ein Tariflohn gehört dazu!  


Peter Ditzel


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