Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

03.11.2013, 08:00 Uhr


Mit geheimen und vertraulichen Papieren ist das so eine Sache bei der ABDA. Wenn die Papiere dann so geheim sind, dass nicht mal die Pressestelle darüber informiert ist, ja dann. Also, es geht um Apotheker-Forderungen an die Mitglieder der AG Gesundheit für die Koalitionsverhandlungen. Es gibt sie also doch! Und es gibt ihn noch, unseren ABDA-Präsidenten, der sich auf nordrheinische Kritik an seiner Leitbilddiskussion zu Wort gemeldet hat. Wie schön. Und, mein liebes Tagebuch, auch schön für die Schweizer Kolleginnen und Kollegen: Sie dürfen kleine Diagnosen stellen – gegen Honorar. Isch scho guet in der Schwyz, oderrr?

28. Oktober 2013

Es war zwar nur in einem Dritten Programm und auch nicht gleich nach der Tagesschau, aber immerhin: das Magazin defacto des Hessischen Rundfunks hatte sich am vergangenen Sonntag gleich zweier Apothekerthemen angenommen: Lieferengpässe und Retaxfallen. Was will man mehr! Ein defacto-Team begleitete einen Schilddrüsen-Patienten auf seiner Odyssee durch etliche Apotheken und der Frage, ob sie sein Thyroxin-Präparat liefern könnten. Auch der Vize des Hessischen Apothekerverbands, Rudolf Diefenbach, stand vor der Kamera und konnte auf den Preisdruck, dem Hersteller durch die Rabattverträge ausgesetzt sind, aufmerksam machen und auf die Nichtlieferbarkeit von Arzneimitteln hinweisen. Bemerkenswert war auch der Beitrag von defacto zum Retax-Wahnsinn einer Kasse, die wegen eines fehlenden Ausrufezeichens nicht zahlen wollte. Unter dem Druck von defacto lenkte die Kasse schließlich ein, der Apotheker konnte aufatmen, er bekam sein Geld. Mein liebes Tagebuch, es wäre gut, wenn TV-Magazine solche Themen häufiger aufgreifen würden. Da zeigt sich, wie gut ein Draht in die Redaktionsstuben der Sender ist. Apropos, was macht eigentlich die Suche nach einem neuen Chef für die ABDA-Öffentlichkeitsarbeit? Wo klemmt’s?

Die Pille soll gratis sein, aber nicht umsonst. Jedenfalls für Frauen, die Arbeitslosen- oder Sozialhilfe bekommen und sich diese Verhütungsmethode nicht unbedingt leisten können. Das zumindest erprobt jetzt Mecklenburg-Vorpommern bis Ende 2015. Frauen zwischen 20 und 35 Jahren können sich nach Beratung und Prüfung, ob sie anspruchsberechtig sind, in das Modellprojekt einschreiben und die Pille dann gratis in Apotheken beziehen. Die Frauen müssen nur Fragebögen ausfüllen, die anonym ausgewertet werden. Das Projekt soll verlässliche Daten über das Verhütungsverhalten von Frauen liefern – heißt es. Mein liebes Tagebuch, was man doch alles von Frauen wissen will. Und was ist nach 2015? Erleben wir in Meck-Pomm dann eine Geburtenexplosion, weil’s die Pille nicht mehr gratis gibt? 

Die Koalitionsverhandlungen laufen an. Und die CSU will sich für die inhabergeführte Apotheke stark machen. So ist’s recht. Die CSU-Vertreter der AG Gesundheit wollen sogar eine entsprechende Passage im Koalitionsvertrag verankern. Ja freilich, das lesen wir doch gerne. Andererseits, was stand schon alles in Koalitionsverträgen drin! Zum Beispiel die Abschaffung von Pick up-Stellen im schwarz-gelben Vertrag. Aber mein liebes Tagebuch, wir wollen da mal nicht unken. Es ist gut, dass sich die CSU dafür einsetzt und an die Apotheker denkt.

Bei dieser Gelegenheit: Vielleicht haben auch die intensivierten Kontakte von Apothekern, von der Basis und den Spitzen, vor der Wahl als Reminder-Funktion gewirkt. Und natürlich die Begrüßungsbriefchen unserer Kammern und Verbände nach der Wahl an die Abgeordneten. So ein Briefchen haben übrigens nicht nur die Nordrheiner geschrieben, wie ich in meinem letzten Tagebuch anmerkte – nein, die haben sich nur pressewirksam gut auf die Brust geklopft –, sondern auch viele andere Kammern und Verbände, wie mir einige schrieben. Man arbeite eher im Stillen. Na denn, wenn’s genauso wirkt.

29. Oktober 2013

Es war ein wenig ruhiger geworden um unseren ABDA-Präsidenten. Aber die Nordrheiner haben ihn mit Kritik an seiner Leitbilddiskussion wohl wach gekitzelt. Und so macht sich der Präsident am 20. November auf den Weg, um sich in der Mitgliederversammlung der Kammer Nordrhein der Kritik zu stellen und zu sagen, was er denn so wolle und denke und wie er es meine. Die Kammer von Nordrhein hatte dem Präsidenten nämlich geschrieben, dass sie seine Diskussion ums Leitbild  nicht für so ganz zielführend halte. Ja, dass ihr nicht so ganz klar sei, welche Ziele mit der initiierten Leitbildung-Diskussion überhaupt verfolgt werden sollen. Und das war gut so. Denn jetzt kommt hoffentlich wieder ein wenig Schwung in die Debatte. Und den hat das Thema, meine liebes Tagebuch, dringend nötig. Du weißt ja, eigentlich hielte ich es für wesentlich besser und zielführender, wenn die Diskussion öffentlich am Laufen gehalten wird. Wenn sich möglichst viele daran beteiligen, von Organisationen und aus der Gesellschaft heraus, damit wir deren Ansichten über und Wünsche an den Apothekerberuf der Zukunft kennenlernen. Nur im eigenen Saft zu diskutieren, na ja, ich weiß nicht. Wir Apotheker müssen auf das eingehen, was die Gesellschaft von uns will. Sonst will sie uns eines Tages nicht mehr, zumindest nicht das, was wir tun und von dem wir glauben, dass es das Richtige sei.

„Hallo, Grüß Gott, hier ist die DAZ. Ist dort die ABDA? Und hat die ABDA denn eigentlich Forderungen an die Mitglieder der AG Gesundheit für die Koalitionsverhandlungen?“ – „Dazu wird es von uns keine Forderungen geben“, hieß es dort von der Pressestelle. Ups, nanu? Doch hatte wohl im Hause Jägerstraße die linke Hand nicht gewusst was die rechte macht. Denn kurz darauf – wohl durch die Meldung „ABDA: Kein Forderungskatalog für AG Gesundheit“ wachgerüttelt – erfuhr man, dass ein fünfseitiges Positionspapier vertraulich an die Mitglieder der AG Gesundheit geschickt worden sei. Und gleich so vertraulich, dass die eigene Pressestelle davon nichts mitbekommen hatte. Oh, ABDA! Nun gut, es gibt sie, die Forderungen, insgesamt sind es vier zu den Punkten Freiberufliche Leistungserbringung, Stärkung der flächendeckenden Versorgung, Honorarsystem der Apotheken und Handlungsfähigkeit der Selbstverwaltung. Die Forderungen mal ganz einfach zusammenfasst: mehr Geld für Rezepturen und für die BtM-Dokumentation, eine Überprüfung des Honorarsystems, Geld fürs Medikationsmanagement und eine Rolle des Apothekers bei der Arzneimitteltherapiesicherheit – neben weiteren Punkten. Fein, mal sehen, was draus wird.

30. Oktober 2013

Gruezi! In der Schweiz kommt der Onkel Doktor per Life-Video in die Apotheke. In dem Pilotprojekt „Netcare“, das der Schweizerische Apothekerverband Pharmasuisse angeschoben hatte, können Patienten Bagatellerkrankungen in der Apotheke entweder vom Apotheker oder auch zusammen mit einem per Video hinzugeschaltetem Arzt diagnostizieren lassen. 24 Krankheitsbilder wurden für diese Art und Weise der Diagnose definiert. Das Rezept kommt dann per Fax in die Apotheke. Reicht die Diagnose vom Apotheker, kostet’s 15 Fränkli, mit Doktors Rat per Video macht’s 48 Fränkli. Isch guet so, oderrr? Manche Krankenkassen wollen diese Kosten sogar übernehmen. Die Vorteile: Die in Schweizer Kliniken überlasteten Notfallstationen werden entlastet und der Patient hat keine  oder nur geringe Wartezeiten. Wenn man als Apotheker mitmachen will, braucht’s eine kleine Investition fürs Videogerät und für eine Intensivfortbildung von 10.000 Franken.

Das Projekt kommt gut an und soll auf alle 1700 Apotheken ausgedehnt werden. Mein liebes Tagebuch, wäre das bei uns auch denkbar? Wohl kaum. Videodiagnosen soll es in Deutschland nicht geben und – die meisten Ärzte würden da auch kaum mitmachen. In der Schweiz gibt’s auch schon Kritik von Ärzte-Seite. Aber, mal abgesehen davon, einen gewissen Charme hat das Projekt schon, gell? Vor allem: es spielt sich in der Apotheke ab und der Apotheker bekommt ein Honorar für Diagnosen von Bagatellerkrankungen. Ja, ja, manchmal sind die Schweizer doch ganz schnell.

31. Oktober 2013

Nochmal Leitbild: Mein liebes Tagebuch, in der neuesten DAZ wird die öffentliche Leitbilddiskussion fortgesetzt. Der Beitrag von Professor Kaapke zu diesem Thema ist besonders bemerkens- und lesenswert! Er schaut mit dem Blick eines Nichtapothekers, aber eines Apothekenkenners von außen drauf. So kritisiert er in seinem Artikel zum Beispiel die Äußerungen von ABDA-Repräsentanten auf dem Apothekertag, dass sie mit einer Durchsetzung des neuen Leitbilds bis zum Jahr 2030 rechnen. Kaapke: „Derlei Aussagen zum Zeithorizont erwecken den Eindruck, dass keiner der jetzigen Mitgestalter  selbst vom erarbeiteten Leitbild betroffen sein will.“ Kaapke plädiert für eine breit angelegte Kommunikation, für einen breit angelegten Meinungsbildungsprozess. Da kann man ihm nur zustimmen. Kaapke: „Ein ‚closed shop’ ist nur für kurze Zeit zu empfehlen, denn in diskontinuierlichen Zeiten erweckt Intransparenz Misstrauen.“ Mein liebes Tagebuch, wie wahr!

1. November 2013 

Nein, mein liebes Tagebuch, wir unken jetzt nicht und wir gucken das auch ganz positiv an: Die ABDA hat mit einer Kommunikationsagentur („Cyrano“) einen Vertrag geschlossen. Sie soll die ABDA bei einer „integrierten Imagekampagne“ unterstützen, der Budgetrahmen liegt bei 6 Mio. Euro für drei Jahre. Die Kampagne soll klassische Werbung und PR beinhalten, aber auch den Online-Auftritt und Social Media. Die Agentur soll die interne Kommunikation des  Leitbildprozesses übernehmen und in einer zweiten Phase „externe Maßnahmen“ umsetzen. Hört sich gut an. Schaut man sich die Website der Agentur an, gehört zum Leistungsportfolio auch die Entwicklung von Leitbildern. So heißt es bei Cyrano: „Das Leitbild ist die Königsdisziplin der internen Kommunikation.“  Na, denn. Vielleicht macht die Kommunikationsagentur der ABDA ja auch klar, dass Kommunikation nicht bedeutet, etwas im stillen Kämmerlein zu entwerfen, sondern sich zu öffnen. Ob es gut ist, eine Kommunikationsagentur ins Boot zu holen, bevor ein Pressesprecher da ist, sei dahingestellt. Bleibt zu hoffen, dass der Neue dann mit der Agentur kann.


Peter Ditzel


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